Aus der Einleitung der Hg.:

Clarissa Rudolph fragt mit Fokus auf kirchliche Wohlfahrtsverbände nach den strukturellen Herausforderungen einer Interessenvertretung von Pflegekräften. Der Direktive der Ökonomisierung von Pflegeerwerbsarbeit, die sich seit der Einführung eines Wettbewerbs für Pflegedienstleistungen 1995 immer weiter durchsetze, seien auch die kirchlichen Wohlfahrtsverbände und Einrichtungen willfährig gefolgt. Besonders problematisch ist, dass kirchliche Einrichtungen es ihren Beschäftigten erschweren, sich mit schlagkräftigen Gewerkschaften den negativen Folgen der Ökonomisierung zu widersetzen. Dabei sei die Entwicklung bei Caritas und Diakonie nicht nur kirchenintern von Interesse. Vielmehr sind die beiden Verbände im Bereich sozialer Dienstleistungen mit Abstand die größten Arbeitgeber*innen, sodass die dort durch den Prozess der Ökonomisierung angestoßenen normativen Verschiebungen hinsichtlich religiöser Wertbindungen und insbesondere arbeitsrechtlicher Standards gesamtgesellschaftlich relevant seien. In ihrem Beitrag plädiert Rudolph dafür, den für die kirchlichen Wohlfahrtsverbände charakteristischen „Dritten Weg“, also den Weg einer spezifischen Arbeitsrechtssetzung der Kirchen ohne Austragung von Tarifkonflikten, ad acta zu legen. Schließlich basiert dieser auf dem Gedanken einer gewissen, als „Dienstgemeinschaft“ apostrophierten Interessenkongruenz von Arbeitnehmer*innen und -geber*innen, die vorgeblich vor allem darauf ausgerichtet ist, gemeinsam einen Beitrag zur Verwirklichung der Sendung der Kirche in der Gegenwart zu leisten – eine Voraussetzung, die angesichts abnehmender religiöser Wertbindungen der Arbeitnehmer*innen zusehends problematisch geworden sei. Vor allem schütze der „Dritte Weg“ nicht wirksam vor einer Erosion arbeitsrechtlicher Standards.