"Agrarkultur im 21. Jahrhundert"
184 Seiten
18,00 EUR
(inklusive MwSt. und Versand)
ISBN 978-3-7316-1203-2
(Mai 2016)
Zahlreiche farbige Abbildungen
"Seine Arbeiten am wissenschaftlichen Nachlass des Ornithologen Otto Kleinschmidt in Wittenberg seit 1994 inspirierten ihn zu einer grundlegenden genetisch-ökologischen Analyse. Zweifel an der Selektionstheorie hatten schon viele. Eine schlüssige Alternative gab es bisher nicht. Beleites präsentiert eine fundierte Begründung: Nicht Kampf und Konkurrenz bestimmen die Entwicklung der Arten, sondern der Zugang zu natürlichen Umweltinformationen. Beleites baut in seinem neuen Buch "Land-Wende" auf seinem Buch "Umweltresonanz - Grundzüge einer organismischen Biologie" (2014) auf und ergänzt seinen Ansatz durch Vorschläge zu einer Agrarwende.
Ausgehend von seiner fundamentalen Kritik an der Selektionslehre und Wettbewerbslogik ("Wachse oder Weiche") beleuchtet Beleites in seinem neuen Buch "Land-Wende" die Krise der Landwirtschaft. Er untersucht die Wettbewerbslogik zunächst dort, wo sie herkommt - in der Biologie. Sein Befund: Nicht Kampf und Konkurrenz leiten die Naturprozesse, sondern Kooperation und ökologische Integration, eben die Umweltresonanz. Die überfällige Agrar-Wende wird als eine Art Land-Wende aufgezeigt, die den Dorfbewohnern Versorgungssouveränität und Lebensqualität zurückgibt. So eröffnen sich Wege in eine von Wachstum unabhängige Gesellschaft, die Wettbewerb durch Kooperation ersetzt. Schlüssel zum Erfolg: Land und Grundeinkommen für Selbstversorger.
Beleites gründet seine Analyse auf einer Kritik am Wettbewerbsprinzip in der Gesellschaft und in der Natur. Er behauptet, dass sich beide Systeme mit den Kriterien Kooperation und Integration besser erklären lassen und Schädigungen an Mensch und Natur reduziert werden können durch diese neue Denkweise. Denn der Verdrängungswettbewerb in der Landwirtschaft führt zur Übergröße, zur Umweltzerstörung. Die Argumente, die hier vorgetragen werden, sind aus der ökologischen Diskussion der letzten 40 Jahre bis auf einige Details hinlänglich bekannt.
Spannender und lehrreicher ist die Auseinandersetzung mit dem Wettbewerbsgedanken in der Biologie. Eine Kritik an der Selektionslehre wird sehr fundiert und anschaulich entwickelt, zudem bleibt der Autor nicht bei der Kritik stehen, sondern entwickelt Grundzüge einer organismischen Biologie. Diese Abschnitte gehören zu den besten Abschnitten im ganzen Buch. Ein Schlüsselbegriff ist dabei die "Umweltresonanz".
Die konventionelle Landwirtschaft wird in dieser Sichtweise als eine massive Störung der Umweltresonanz gedeutet. Die Degenerationserscheinungen in der Natur können nach Beleites nur gestoppt werden durch eine Neuorientierung in der Wissenschaft an einer organismischen Biologie.
Das Buch enthält keine fundierten Vorschläge für eine notwendige Bodenreform oder eine fällige Wert- und Preislehre für den ökologischen Landbau. Es fehlt auch eine Auseinandersetzung über die Frage der Entwicklung des ländlichen Raumes. Hier existieren ja konventionelle Konzepte und Praxisbeispiele, die dringend hinterfragt werden müssten.
Die Stärken des Buches sind die Abschnitte zur organismischen Biologie. Michael Beleites hat seine Arbeit sorgfältig vorgelegt, nun sind auch Ökonomen gefragt, die eine Wert- und Preislehre für die Landwirtschaft vorlegen. Der Autor hat durch seine biologischen Kenntnisse die theoretische Latte hochgelegt.
"Alles ist so einleuchtend und gut formuliert, dass man viele Sätze und ganze Abschnitte markieren und an andere weitergeben möchte. Mit klarer Logik erklärt uns Beleites, dass eine Land-Wende keine Utopie ist. Wie sich der ungezügelte Verdrängungswettbewerb immer katastrophaler auf die Landwirte selbst, die Landbewirtschaftung, das Ökosystem, unsere Landkultur und Gesundheit auswirkt, behandelt er im ersten Teil seines Buches. Wir erfahren es gerade wieder tagtäglich aus den Medien: Wie die Überproduktion an Milch zur Verschlechterung der Qualität, zu Gesundheitsschäden beim Tier und Mensch und schließlich zum Preisverfall führt. Die hilflosen Gegenmaßnahmen in Form von Ausgleichszahlungen packen das Übel nicht an der Wurzel an. ...
Für Beleites steht fest, dass die Grenzen des Wachstums bald erreicht sind und es deshalb kein gutes Ende nehmen kann. Aber es ginge auch anders! Es gibt Wege aus der Wettbewerbsfalle, die er im zweiten Teil seines Buches ausführlich behandelt. Die Agrarwende - eine Ökologisierung der Landwirtschaft - ist überfällig und möglich. Acker- und Grünland dürfen nicht mehr im Besitz weniger sein, dafür kleinere Flächen im Besitz vieler. Mit Bodenspekulationen und den an keine ökologischen Auflagen gebundenen Agrarsubventionen muss es ein Ende haben. Beleites beschreibt Wege in eine vom Wachstum unabhängige Gesellschaft mit einer ökologischen, nachhaltigen Landbewirtschaftung, gesunden Lebensmitteln und mehr Lebensqualität."
Der Autor Michael Beleites begleitet uns seit 1992, da er auf dem World Uranium Hearing über die Geschichte von Wismut Zeugnis ablegte. Aus der DDR-Region Wismut holte sich die Sowjetunion ihr Uran, umgeben von einem Mantel der Geheimhaltung. Diese Ummantelung zerstörte Michael Beleites, als er seine Dokumentation in einer Kleinfilmdose in den Westen schmuggelte, wo sie vor dem Fall der Mauer unter dem Titel "Pechblende" veröffentlicht wurde. Jetzt hat Beleites wieder Mut gezeigt - mit einer Landwirtschaftsbetrachtung der eigenen Art.
Beleites betrachtet die Krise der Agrarwirtschaft aus der Perspektive der Umweltresonanz. Dies ist seine Hypothese: Nicht Kampf und Konkurrenz bestimmen die Entwicklung der Arten, sondern der Zugang zu natürlichen Umweltinformationen, zu lebensformenden Kräften. Zweifel an der Selektionstheorie hatten schon viele; eine schlüssige Alternative gab es bisher nicht. Für Beleites liegt die Lösung jenseits von Darwinismus und Kreationismus: Im Zusammenhang zwischen genetischer Variation und ökologischem Milieu ist das Wirken der Natur erkennbar.
Michael Beleites (geb. 1964) war in der DDR-Umweltbewegung in vorderster Front und verhalf uns im Westen zu einem Einblick in den Uran-Staat-im-Staat Wismut. Von 2000 bis 2010 war er Sächsischer Landesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen. Dort begegnete er seiner eigenen Vergangenheit, als er waghalsig seine Uran-Dokumente durch den Eisernen Vorhang schmuggelte. Als Zoologischer Präparator und Landwirt näherte er sich seinen zoologischen Studien; zu Hilfe kamen ihm dabei seine Arbeiten am wissenschaftlichen Nachlass des Ornithologen Otto Kleinschmidt in Wittenberg, die er 1994 begann.
Der reduktionistischen Biologie stellt Beleites eine organismische Biologie gegenüber, die die Funktionen der Organismen auf Systemeigenschaften der Arten und Ökosysteme zurückführt, deren Organe sie sind. Er erklärt den genetische-ökologischen Zusammenhang aus vier, von ihm erstmals eingenommenen Perspektiven: genetische Kohäsion, dynamische Erblichkeit, organismische Integration, Umwelt-Resonanz. Dies legte er in seinem umfangreichen, 2014 erschienenen und viel diskutierten Werk "Umweltresonanz" akribisch dar.
Jetzt betrachtet er aus diesem Blickwinkel die Welt der Bauern. Seine Erkenntnis: Es sind nicht die profitgierigen Landwirte oder geizige Verbraucher, die die Industrialisierung der Landwirtschaft antreiben, sondern vielmehr das allgegenwärtige Wettbewerbssystem. Der Verdrängungswettbewerb von "Wachsen oder Weichen" der Höfe nötigt viele Landwirte dazu, Dinge zu tun, die ihnen von den Saatgutkonzernen und Maschinenherstellern aufgezwungen werden. Und so untersucht der Autor die Wettbewerbslogik zunächst dort, wo sie herkommt - in der Biologie.
Sein Befund: Nicht Kampf und Konkurrenz leiten die Naturprozesse, sondern Kooperation und ökologische Integration, kurz: die Umweltresonanz. Eine vom Selektionsdenken befreite Biologie entzieht der Wettbewerbs-Logik unserer Zeit das Fundament. Michael Beleites analysiert die aktuelle Situation und benennt Handlungsräume, die für ein verantwortungsvolles Umsteuern nötig sind. Die überfällige Agrar-Wende wird als Land-Wende aufgezeigt, die den Dorfbewohnern Versorgungssouveränität und Lebensqualität zurückgibt. Nun kommt es auf die Resonanz an, die dieses Buch in den Kreisen derer, die das Land bestellen, hervor ruft.
"In Land-Wende steht die politische Konsequenz aus der orgasmischen Biologie im Mittelpunkt; Raus aus der Wettbewerbsfalle! Diese ist, so Beleites, wenn auch nicht auf das darwinistische Denken zurückzuführen, so doch von daher nachträglich legitimiert worden. Wenn in der Natur ein Verdrängungswettbewerb herrscht, so könne es beim Menschen "natürlich" nicht anders sein. Das ist aber nur einer der Angriffspunkte von Beleites, der auch die Reihe klassischer Einwände gegen das Wachstumsdenken (die begrenzte Erde, Quantität versus Qualität) nicht unerwähnt läßt.
Die Landwirtschaft ist als zentrales Beispiel naheliegend, da sie die Basiswirtschaft jeder menschlichen Kultur ist und sich an ihr gut demonstrieren läßt, daß der Wettbewerb ein falsches Leitbild ist. Das aus diesem folgende "Wachsen oder Weichen" führt zum bekannten Höfe-Sterben, zu Monokulturen, zur Verseuchung der Lebensmittel mit Pestiziden und Antibiotika, letztendlich zur Entfremdung des Menschen von der Natur, was Beleites als Desintegration des Menschen bezeichnet.
Wie sieht seine Lösung aus? Zunächst liegt die Minimierung von Agrochemikalien nahe, die langfristig die Böden verseuchen und den Profit der Industrie mehren, was über eine Besteuerung dieser Chemikalien erreicht werden könnte. Sinnvoll sei das aber nur, so Beleites, wenn gleichzeitig die Betriebe durch die Verbindung von Tierhaltung und Pflanzenanbau wieder die Möglichkeit schafften, selbst ihren Dünger zu produzieren. Bei Pflanzen und bei Tieren muß zu einer ganzheitlichen und artgerechten Züchtung gefunden werden, so daß man Arten züchtet, bei denen nicht zugunsten eines Merkmals die restlichen völlig degeneriert sind. Der Hebel, um all das zu befördern, wäre eine ersatzlose Abschaffung der Agrarsubventionen, die, so hofft Beleites, langfristig eine Nahrungssouveränität und Wertschätzung der Nahrung (und natürlich des Bauernstandes) nach sich ziehen könnte.
Beleites geht es nicht um eine Ökolandwirtschaft, die mittlerweile selbst industrielle Züge ausbidlet, sondern um eine generationenübergreifende "Permakultur", die ihre Grundlage in einer großen Anzahl von Selbstversorgungshöfen haben müßte. Den Staat nimmt Beleites dabei als Förderer dieser Lebensweise in die Pflicht, indem er vorschlägt, Selbstversorgern Land und ein Grundeinkommen zur Verfügung zu stellen."