Aus der Einleitung:

In den Bereichen Wissenschaftspolitik und Wissenschaftstheorie ist einiges in Bewegung. Im Bereich der Wissenschaftspolitik hat sich ein Spardruck aufgebaut, der dazu führt, dass herkömmliche Modelle der Organisation der Wissenschaft überdacht werden und sich langsam neue Modelle durchsetzen, in denen die akademische, von öffentlicher Hand finanzierte Wissenschaft gegenüber anderen Organisations- und Finanzierungsformen der Forschung an Bedeutung verliert. Im Bereich der Wissenschaftstheorie steht der Status von wissenschaft¬lichem Wissen zur Debatte. Die sogenannten „neuen Wissenschaftskriege“ (Ross 1996) werden zwischen denjenigen, die wissenschaftliche Forschung als Unterfangen superiorer Rationalität verteidigen und denjenigen, die Wissenschaft als soziale Institution wie andere auch sehen, ausgefochten.

Beide Entwicklungen weisen darauf hin, dass das Verhältnis zwischen Wissenschaft und Gesellschaft überdacht wird und überdacht werden muss. Der Status von wissenschaftlichem Wissen, die Grenzen zwischen Wissenschaft und Nicht-Wissenschaft und das Verhältnis zwischen epistemischen und nicht-epistemischen Faktoren in der Wissensproduktion stehen zur Debatte. Damit erhält die Frage, was Wissensansprüche legitimiert, neue Bedeutung. Soll die Unterscheidung zwischen Wissenschaft und Nicht-Wissenschaft aufrecht erhalten werden oder nicht? Ist wissenschaftliches Wissen etwas, das sich von anderen Wissensformen grundsätzlich unterscheidet oder nicht? Welcher Stellenwert kommt sozialen Einflüssen auf die Wissensproduktion zu: Müssen sie verbannt werden oder sind sie unweigerlich Teil dieses Prozesses? In der Ökonomik lassen sich zwei unterschiedliche Ansatzpunkte zu diesem Problemfeld ausmachen: Mit der ökonomischen Methodologie wird der Ansatzpunkt der Wissenschaftstheorie verfolgt und mit der (neuen) Ökonomik der Wissenschaft der Ansatzpunkt der sozialwissenschaftlichen Wissenschaftsforschung. In der ökonomischen Methodologie spiegeln sich die neuen Wissenschaftskriege an den Debatten um “rhetoric” einerseits und wissenschaftlichen Realismus andererseits wieder, die in erster Linie zwischen Deirdre McCloskey, Uskali Mäki und Tony Lawson ausgetragen werden. ...

Ich werde argumentieren, dass es der Ökonomik der Wissenschaft, nicht zuletzt auf Grund ihres reduktionistischen Praxisbegriffs, auch nicht gelingt, neues Licht auf die Frage der Legitimierung von Wissensansprüchen zu werfen und somit den Schatten, den die neuen Wissenschaftskriege auf diese Frage werfen, zu überwinden. Ich werde also zum Schluss kommen, dass die Ansatzpunkte der Ökonomik – ob in Methodologie oder Wissenschaftsforschung – noch nicht weit genug gehen. Gleichzeitig möchte ich darlegen, welche Arbeitsschritte für die Formulierung einer produktiven Antwort auf die Frage, was Wissensansprüche legitimiert, noch notwendig sind.