Aus der Einleitung der Hg.:

Für die grundlegende Frage nach den Gelingensbedingungen und Zukunftsaussichten des Sozialstaates dehnt Ingo Bode das Blickfeld auf das Gesamtgefüge der personenbezogenen sozialen Dienste aus. Der Paradigmenwechsel, den der deutsche Sozialstaat vollzog, lässt sich am Ausbau der sozialen Dienste und der damit verbundenen Dienstleistungswirtschaft ablesen. Dieser Ausbau erfolgte zwar mit demokratischem Mandat und unter öffentlicher Regie, wurde aber dennoch mit einer „social investment“-Agenda verknüpft, in deren Folge sich neue Verteilungskämpfe einstellten. So grassiert eine Unterversorgung chronisch einkommensarmer Bevölkerungsgruppen bei weiterer Zunahme der Arbeitsverdichtung und Verschärfung des Personalnotstands in fast allen Branchen des Sozial- und Gesundheitswesens.

Bode skizziert zudem die Kontrollagenda des steuernden Wohlfahrtsstaates, die der verwegenen Idee eines messbaren, numerisch organisierten Qualitätswettbewerbs folgt. Die Output-Steuerung, bei der es primär um Rendite, Werben und Verkaufen geht, steht aber zunehmend in der Kritik, und Verfahren der Inputsteuerung (vgl. z.B. Einführung von Fachkraftquoten oder intensive Betreuung von Langzeitarbeitslosen) erleben eine Renaissance. Zudem regt sich in der politischen und medialen Öffentlichkeit wachsender Widerstand gegen gewinnorientierte Unternehmen in den sozialen Diensten. Dass mit der Verbreitung erwerbswirtschaftlicher Orientierungen im Sozial- und Gesundheitswesen Qualitätsverbesserungen erreicht worden seien, entlarvt der Autor als uneingelöstes Versprechen, dem die demokratische Öffentlichkeit längst keinen Glauben mehr schenkt. Nach dem langen Marsch durch die Institutionen gilt der deutsche Sozialstaat heute vielen Bürger*innen als unhintergehbare Errungenschaft, die sie vor weiteren Privatisierungswellen bewahren wollen und zu deren Sicherung sie kollektiv finanzielle Opfer zu bringen bereit sind.