Nina Stockebrand, Achim Spiller
22 Seiten · 4,68 EUR
(21. Mai 2008)
Aus der Einleitung:
In Deutschland setzen ca. 60.000 landwirtschaftliche Betriebe ihre Erzeugnisse ohne Zwischenhändler direkt an die Verbraucherin/den Verbraucher ab. Der Professionalisierungsgrad der direktvermarktenden Unternehmen differiert. Für einen erheblichen Teil handelt es sich um einen Nebenbetriebszweig, es gibt aber auch ca. 14.000 professionell geführte Unternehmen, für die dieser Vermarktungsweg die Haupteinkommensquelle darstellt. Dies entspricht einem Anteil von rund 3,5 % an allen landwirtschaftlichen Betrieben. Innerhalb Deutschlands existiert ein ausgeprägtes Süd-Nord-Gefälle, traditionell gibt es in Bayern mit 2,6 Direktvermarktern je 10.000 Einwohner die höchste Direktvermarkterdichte, in Nordrhein-Westfalen dagegen mit 0,8 die geringste.
In der Literatur sind die betrieblichen Einflussfaktoren der Direktvermarktung relativ gut untersucht. In einer Reihe von Studien wurden Standortbedingungen, Marketingkonzepte, Personalplanung, rechtliche Grundlagen und ökonomischer Erfolg empirisch erfasst und (lehrbuchmäßig) aufbereitet (Pottebaum/Bullerdiek 1994; Kuhnert/Wirthgen 1997; Wirthgen/Maurer 2000). Wenig erforscht sind die weichen Einflussfaktoren auf den Unternehmenserfolg. Direktvermarkter verbinden mit der Landwirtschaft und der Handelstätigkeit zwei sehr unterschiedliche Geschäftsfelder miteinander in einem Unternehmen.
In jüngerer Zeit wachsen die Anforderungen an das Marketing der Direktvermarkter. Erfolgreiche Hofläden oder Wochenmarktstände kaufen z.B. verstärkt Waren von anderen Landwirten oder Großhändlern zu, um ihr Sortiment abzurunden. Sie steigen damit immer mehr ins Handelsgeschäft ein, und es gibt einige Hofläden in Touristikregionen, die heute eher Souvenirgeschäfte denn Lebensmittelhändler sind – mit allen Fragen an die Glaubwürdigkeit eines solchen Outlets aus Sicht der Kund/innen. Der folgende Beitrag beschäftigt sich mit dem Marketing in der landwirtschaftlichen Direktvermarktung aus einer innovativen Perspektive. Analysiert wird die Glaubwürdigkeit der Marktpositionierung von Direktvermarktern aus Sicht der Authentizitätsforschung. Authentizität als ein Kernbegriff vieler kulturwissenschaftlicher Ansätze stellt dabei kein einheitliches Forschungskonzept dar, sondern ist – wie nicht anders zu erwarten – ein umstrittenes Terrain im Spannungsfeld subjektivistischer und objektivistischer Zugänge. Die Authentizitätsforschung erschließt neue Antworten auf die Frage, warum sich landwirtschaftliche Direktvermarkter doch relativ erfolgreich im Wettbewerb gegen die Großunternehmen des Lebensmitteleinzelhandels behaupten können und nicht den Weg der „Tante Emma-Läden“ gegangen sind.
1964, seit April 2000 Universitätsprofessor am Institut für Agrarökonomie der Georg August Universität Göttingen, Lehrstuhl „Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte“. Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz für „Agrarpolitik“ und Vorsitzender des Kuratoriums der QSGmbH Deutschland.
[weitere Titel]*1980, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl „Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte“ an der Georg-August-Universität Forschungsschwerpunkte: Vermarktung von Bio-Produkten, Regionalmarketing und Analyse von Authentizität.