Aus der Einleitung:

Seit der „Großen“ Finanzreform von 1969/70 hat sich im deutschen Föderalismus kaum etwa bewegt, wenn man von der Übernahme der westdeutschen Föderalismus-Institutionen durch die ostdeutschen Länder (und von den hiermit verbundenen Folgeproblemen) absieht. Neben dem Länderfinanzausgleich sind es vor allem zwei Bereiche des Föderalismus, mit denen sich Wissenschaftler wie Praktiker bereits seit Jahrzehnten immer wieder beschäftigen, ohne dass in der Folge größere Änderungen erfolgt wären: Die gemeinsame Finanzierung (sowie damit einhergehend: gemeinsame Gestaltung) staatlicher Aufgaben durch Bund und Länder („Mischfinanzierung“) und das Finanzsystem der Kommunen. Offenbar waren die Kosten der Institutionen-Änderung („Änderungskosten“) in diesen Bereichen bis dato stets höher als die mit den gegenwärtigen Institutionen verbundenen Nachteile („Kosten des institutionellen Status quo“). Die jetzige Bundesregierung will nun allerdings in beiden Bereichen Veränderungen bewirken. Im Zusammenhang mit der im Sommer 2001 beschlossenen Reform des Länderfinanzausgleichs ist auch ein Rückbau der Mischfinanzierung angekündigt worden; für die Veränderung des kommunalen Finanzsystems wurde im Mai 2002 eine Reformkommission eingesetzt. Vor dem Hintergrund dieser aktuellen Reformvorhaben wird im vorliegenden Beitrag zunächst erläutert, worin der Reformbedarf besteht und mit welchen Änderungen von Institutionen dieser Bedarf gedeckt werden kann. Anschließend wird der Frage nachgegangen, ob zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Änderungskosten unterhalb der Kosten des institutionellen Status quo liegen (oder ob eine solche Situation in nächster Zeit zu erwarten ist), was eine Realisierung der Reformvorhaben ermöglichen würde: Hat sich mit dem Beginn des 21. Jahrhunderts ein „Zeitfenster“ geöffnet, durch welches der bisherige Entwicklungspfad verlassen werden kann?

Als Hauptmängel des bestehenden Gemeindefinanzsystems werden seit langem die kommunale Sozialhilfeträgerschaft, die Gewerbesteuer (als zentrale Steuer der Kommunen) und der heutige kommunale Finanzausgleich diskutiert. Der vorliegende Beitrag konzentriert sich auf die Frage der Sozialhilfefinanzierung, weil diese in Anbetracht der aktuellen inhaltlichen Diskussion um eine Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe besonders dringlich erscheint.