161 Seiten
16,80 EUR
(inklusive MwSt. und Versand)
ISBN 978-3-89518-384-3
(Juli 2002)
Im Spannungsverhältnis zwischen Wissenschaft und Politik sieht sich die Politikberatung der Kritik von verschiedenen Seiten ausgesetzt. Vorwürfe an die wissenschaftliche Politikberatung beinhalten unter anderem mangelnde Praxisrelevanz, unzureichende Berücksichtigung der Durchsetzbarkeit von Empfehlungen sowie mangelnde Eindeutigkeit respektive Widersprüchlichkeit von Analysen und Empfehlungen. Vorwürfe an die Politik beziehen sich z.B. auf die mangelnde Berücksichtigung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Empfehlungen. Die jüngere Diskussion um die wissenschaftliche Politikberatung bemüht sich ausgehend von den unterschiedlichen Interessen der Wissenschaftler und der Politiker um Verbesserung institutioneller Rahmenbedingungen für eine effizientere Politikberatung. In den Einzelbeiträgen wird diese Thematik aus sozialwissenschaftlicher und ökonomischer Perspektive behandelt.
Die Einzelstudien sind vor allem in ihrer - selbstentlarvenden wie problemerhellenden - Konsequenzlogik in vielen Details der Argumentation lesenswert. Über die relativ strikte Effizienzorientierung, die nicht immer ausreichend in Distanz zu Gefahren der bloßen Akzeptanzbeschaffung und Begünstigung technokratischer Herrschaft steht, kommen grundlegende Fragen etwa nach der Funktion von Sozialwissenschaften als Instanzen der professionellen Daseinsdeutung oder als Problematisierungsdisziplinen und Orte der diskursiv-reflexiven Fundamentalkritik etwas zu kurz. ..."
Wo liegen die Probleme?
Jens erläutert in seinem einleitenden Beitrag den Werdegang der wissenschaftlichen Politikberatung gleichermaßen aus der Sicht eines erfahrenen Parlamentariers (Jens gehörte drei Jahrzehnte dem Bundestag unter anderem als wirtschaftspolitischer Sprecher an) als auch aus der Sicht eines aktiven Wissenschaftlers. Das lässt Fairness in der Abwägung und Kenntnis beider 'Lager' erwarten. Als zentrales Problem identifiziert Jens das 'Spannungsfeld zwischen politischer und ökonomischer Logik', das oftmals im Beratungsprozess außer Acht gelassen wird. ... Sein Appell an die Wissenschaft: Bei grundsätzlicher Beibehaltung der Nachhaltigkeitsperspektive in der konkreten Beratung stärker die Systemzwänge der agierenden Politiker beachten. Insoweit konstatiert er aus Erfahrung: 'Leider haben einige Wissenschaftler nur ein geringes Interesse an garantiert erfolgreichen Politikvorschlägen.'
Am Schluss seines Beitrags erörtert der Verfasser noch die "Ökonomik der Ökonomik", also die Erforschung der Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse in praktische Politik. Ein wesentlicher Erfolgsgarant hierfür ist ein vertieftes Verständnis breiterer Bevölkerungsschichten in ökonomische Zusammenhänge und eine Aufgeschlossenheit, nicht nur die unmittelbaren Folgen der Maßnahmen, sondern auch deren Folgen-Folgen zu reflektieren.
'Verkürztes Denken'
Damit wird auch schon der Beitrag von C. Christian von Weizsäcker vorbereitet, der untersucht, inwieweit in Politik und Gesellschaft ein 'verkürztes Denken' herrscht, also das Denken in linearen Kausalketten, wo 'alles mit allem zusammenhängt' und jede Maßnahme Rückwirkungen auf andere Ausgangsfaktoren bewirkt. Angemessen dagegen sei das Denken in vernetzten Zusammenhängen. Dies demonstriert der Verfasser anhand einiger Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit. ...
Die Praxis der wissenschaftlichen Politikberatung
Einen genauen Blick auf die Mechanismen und Akteure der Politikberatung wirft Paul Klemmer, der als Hochschullehrer und Präsident des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaft (RWI) das Geschäft der Politikberatung ebenfalls von mehreren Seiten her kennt. Eingangs untersucht er, wer im einzelnen als Politberater auftritt (Hochschullehrer, Institutionen, Beiräte und Gremien), um sodann - wie schon Jens - die Frage auszuleuchten, nach welchen Kriterien und mit welchen Motiven Berater ausgesucht werden. Insgesamt sieht der Verfasser heute auf Seiten der Berater eine größere Vertrautheit mit Sphäre der Politik - nicht zuletzt deshalb, weil sich die Sozial- und Wirtschaftswissenschaft in den vergangenen Jahrzehnten stärker der Untersuchung der politischen Institutionen zugewandt hat (Institutionenökonomik). Für manche potentiellen Berater dürften allein seine Erkenntnisse und Ratschläge zur Psychologie des Beraters im politischen Geschäft eine wahre Bonanza sein. So schreibt er an die Adresse der wissenschaftlichen Berater: "Das impliziert, dass man seine eigenen Bedenken (Wer ist sich seiner Sache schon immer hundertprozentig sicher?) zurückstellen kann, über eine gewisse Rauflust verfügt und seine Botschaft in einer schwierigen Mischung von Engagement und Sachlichkeit in griffigen Bildern und Kurzformeln vorzustellen vermag.' Die Benchmark setzte hier der frühere Wirtschaftminister Karl Schiller. ..."
Erkenntnisse aus der aktuellen Politik für die Sozialwissenschaften
Wirtschafts- und Umweltforschung und die politischen Realisierungschancen
Der Einfluss der Volkswirtschaftslehre auf die Wirtschaftspolitik
Der Sachverständigenrat und sein Einfluss auf die Politik
Politikwissenschaftliche Politikberatung in Geschichte und Gegenwart
Illusionen der Politikberatung - am Beispiel der Entwicklungspolitik
Der Euro - Chance für die Wirtschaft, Herausforderung für die Politik
Wissenschaftliche Beratung der Politik - eine Retrospektive
Wissenschaftliche Beratung der Politik - alte Ansprüche in neuer Perspektive