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Die Österreichische Schule der Nationalökonomie

Darstellung, Kritiken und Alternativen

338 Seiten ·  29,80 EUR (inklusive MwSt. und Versand)
ISBN 978-3-7316-1031-1 (August 30, 2013) )

Personen- und Sachregister

 

Die Österreichische Schule der Nationalökonomie erlebt gegenwärtig ein Comeback. Ihre traditionsreiche Vergangenheit wird durch die letzte Generation, die New Austrians, in den Dienst aktueller Theoriedebatten gestellt, die vor dem Hintergrund der jüngsten Weltwirtschaftskrise mit neuer Schärfe geführt werden. Besonderes Vertrauen wird dabei in die Erklärungsleistung der monetären Überinvestitionstheorie von Friedrich A. von Hayek gesetzt. Doch ist dieses Vertrauen gerechtfertigt? Und existiert überhaupt eine homogene "österreichische" Theorie als Garant für eine bessere wirtschaftspolitische Praxis?

Die Autoren behandeln diese Fragen in vier Kapiteln unter verschiedenen Gesichtspunkten.

Friedrun Quaas zeichnet im Kapitel I die Entwicklung der Österreichischen Schule über ihre verschiedenen Generationen nach. Das dabei entstehende Bild einer großen Heterogenität zeigt die Bruchstellen zwischen den einzelnen Vertretern der Schule auf. Selbst grundlegende Positionen der österreichischen Theorie sind im Laufe der Zeit einer fortschreitenden Bastardierung unterworfen worden.

Im Kapitel II wird Hayeks Überinvestitionstheorie theoriehistorisch eingeordnet. Dieser zu keiner Zeit alternativlose Ansatz wurde im Zuge wissenschaftlicher Auseinandersetzungen durch stichhaltige Kritiken schwer beschädigt und ist in der traditionellen Form zurückzuweisen.

Georg Quaas analysiert im Kapitel III den Kern der Überinvestitionstheorie, das Hayeksche Dreieck. Im Rahmen einer einfachen algebraischen Darstellung des Dreiecks kann nicht nur die ältere Kritik rekonstruiert, sondern auch gezeigt werden, dass wichtige Unterscheidungen und Thesen, auf die sich die aktuellen Empfehlungen der Austrians stützen, logische Widersprüche enthalten. Empirisch lassen sich zentrale Elemente der Überinvestitionstheorie anhand der Daten für die deutsche Volkswirtschaft falsifizieren.

In Kapitel IV wird eine Alternative zum Hayekschen Dreieck entwickelt und in den grundlegenden Eigenschaften dargestellt. Dabei handelt es sich um einen algebraischen Ansatz für eine kapitalgestützte Makroökonomik mit Rückgriff auf das Mengenmodell der Neoricardianischen Schule. Durch theoretische Einbettung des Modells in eine marktwirtschaftliche Umgebung und seine Dynamisierung ist es möglich, einen konjunkturähnlichen Verlauf der Entwicklung einer Volkswirtschaft zu simulieren. Damit darf Hayeks generelle Kritik an nicht-monetären Konjunkturtheorien ebenfalls als widerlegt betrachtet werden.

Wirtschaft und Gesellschaft, 2014, Heft 3, S. 506-509 ()

"Hayek hatte für die Darstellung seiner Kapitaltheorie in "Prices and Production" die grafische Darstellung in Form der nach ihm benannten Dreiecke gewählt, mit welchen die Produktion von der ersten bis zur letzten Stufe (Konsumgut) abgebildet wird, wobei er Prozesse mit unterschiedlicher Zahl von Stufen bei unterschiedlichen Zinssätzen vergleicht. G. Quaas kommt aufgrund seiner mathematischen Rekonstruktion zu dem Schluss, dass "die Darstellungsform der Volkswirtschaft durch die Hayek'schen Dreiecke nicht empfohlen werden (kann), da sie die vielfach vorhandenen zirkulären Prozesse prinzipiell nicht abbilden können" (S. 248).

Hayek selbst war sich der Probleme durchaus bewusst und versuchte mit seinem 1941 erschienenen Buch "The Pure Theory of Capital" seine Analyse zu dynamisieren, scheiterte jedoch an der höchst komplexen Aufgabe, ein intertemporales Gleichgewicht in einem System mit vielen Produkten und heterogenen Kapitalgütern darzustellen. "Though he finished the book, the project nearly exhausted him, and he never achieved what he had hoped to do, the construction of a dynamic capitalusing economy." Hayek wandte sich von dieser Form der Analyse der Wirtschaft als Gleichgewichtssystem ab und untersuchte das Phänomen des Marktes als Koordinationsprozess.

Bei aller Bedeutung einer immanenten Kritik an einer Theorie, an die ihr Schöpfer schließlich selber nicht mehr glaubte, wäre es doch für eine umfassende Auseinandersetzung wünschenswert gewesen, auch die Kritik von außen ausführlicher zu referieren, die auch heute in Bezug auf die aktuellen Wiederbelebungsversuche mehr Relevanz hat. Da wäre zunächst die extreme Einseitigkeit der "österreichischen" Konjunkturtheorie zu erwähnen bzw. ihre ablehnende Position gegenüber anderen Theorien, welche von anderen Mechanismen und Bestimmungsfaktoren (z. B. Akzelerator-Multiplikator-Modelle, Schwankungen der Keynes'schen animal spirits) als Ursachen für die zyklische Schwankungen ausgehen. Pluralismus der Erklärungsansätze ist schon deswegen erforderlich, weil kein Konjunkturzyklus dem anderen gleicht.

Der Grund, warum die "österreichische" Konjunkturtheorie schon in den 30er-Jahren weitgehend von der Bildfläche verschwunden ist und von der Keynes'schen Theorie verdrängt wurde, liegt vor allem darin, dass ihre grundlegende Konstruktion mit der Realität nicht in Einklang zu bringen war. Dass es nach 1929 einen Mangel an Konsumgütern gegeben haben soll, der durch mehr Sparen und Preissenkungen zu beseitigen ist, war nicht plausibel zu machen. Das von Keynes eingeführte Prinzip der effektiven Nachfrage und seine dynamische Analyse der Abwärtsbewegung der Gesamtwirtschaft und ihres Verharrens im Unterbeschäftigungszustand boten eine überzeugendere Erklärung an.



Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, September 2014, S. 649-652 ()

"liegt ein großer Verdienst ihres Buches, das den Ansatz der ÖSN von ihrem selbstaufgesetzten Heiligenschein befreit und mit Nachdruck ihre wirtschaftspolitischen Inhalte und ihre Bedeutung für heutige Reformdiskussionen hinterfragt. Vor allem in diesem Sinne sei sowohl Austrians als auch ihren Kritikern das Buch zur Lektüre empfohlen."


the authors
Doz. Dr. Georg Quaas
Georg Quaas Jahrgang 1951, Hochschullehrer an der Universität Leipzig, u.a. am Institut für empirische Wirtschaftsforschung (2003-2017). Beiratsmitglied der Forschungszeitschrift "Erwägen Wissen Ethik" (1988-2014), mehrmals Assoziierter des Correlates of War Projects der University of Michigan, Gründungsvater des Forschungsseminars "Politik und Wirtschaft" (2003). Mehr Infos: www.georg-quaas.de [weitere Titel]
Prof. Dr. Friedrun Quaas
Friedrun Quaas Jahrgang 1954, ist seit 2005 Professorin an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Leipzig und war mehrmals Gastprofessorin an der Universität Lumière Lyon 2. Für ihre Habilitationsschrift zum Thema der Sozialen Marktwirtschaft erhielt sie den Wolfgang-Ritter-Preis 2001. Ihre Interessengebiete sind: Ökonomische Theoriegeschichte, Evolutorische Ökonomik, Ordnungspolitik und Wirtschaftsethik. Sie gehört zu den Gründungsmitgliedern des Forschungsseminars "Politik und Wirtschaft". Kontakt: quaas@wifa.uni-leipzig.de [weitere Titel]
dem Verlag bekannte Rezensionen
  • "an die ihr Schöpfer schließlich selber nicht mehr glaubte" ...
    Wirtschaft und Gesellschaft, 2014, Heft 3, S. 506-509 mehr...
  • "mit Nachdruck ihre wirtschaftspolitischen Inhalte und ihre Bedeutung für heutige Reformdiskussionen hinterfragt" ...
    Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, September 2014, S. 649-652 mehr...
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