Aus der Einleitung der Hg.:

Die Philosophin Simone Neuber entwickelt ihre Überlegungen anhand einer Rede von Martin Luther vom Menschen als einem rationalen Wesen mit einem „dichtenden Herz“. Neuber bestimmt diese Begriffe näher und erörtert, in welcher Beziehung sie zueinander stehen können. Darin schöpft sie aus dem reichen Vorrat der Geschichte der Philosophie und vermittelt einen Einblick in die Schwierigkeiten, Imagination philosophisch als ein Vermögen zu verstehen.

Sie diskutiert dann Vorschläge, Imagination als ein Tun zu fassen. Damit entstehe auch nach Augustinus ein Freiheitspotenzial für den Menschen: Er könne sich in seinem Selbstbild in gewisser Weise imaginativ selbst schaffen. Doch genau darin liegt nach Neuber auch die Quelle für ein Gegenteil: ein „Feld maximaler Unfreiheit“, das entstehen könne, wenn das eigene Selbstbild durch eine „fixe Idee“ angeleitet und bestimmt sei. Diese Praktiken besitzen auch eine soziale Dimension: „Die Imagination kann Trennendes sein – und sie kann ein Zusammenschließendes in dem Trennenden sein, so dass wir uns gegenseitig in unserem verkehrten Imaginieren stützen, anstatt uns gegenseitig aus unseren Hirngespinsten zu befreien. Verschwörungstheorien sind vielleicht das heutige Schlagwort, das ein solches kollektives Imaginieren benennt.“