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Finanzmarktkapitalismus?

Zur Kritik einer gängigen Kriseninterpretation und Zeitdiagnose

160 Seiten ·  18,00 EUR (inklusive MwSt. und Versand)
ISBN 978-3-7316-1056-4 (December 23, 2013) )

 

Leben wir in einem globalen 'Finanzmarktkapitalismus'? Diese gängige Auffassung bestimmt die theoretische und politische Diskussion, ohne je wirklich hinterfragt worden zu sein. Im vorliegenden Buch wird zunächst der empirischen These, die Finanzmärkte seien aufgebläht und dominierten die Realökonomie, widersprochen. Die Mehrzahl der Aktienmärkte zeigen eher volatile Seitwärtsbewegungen als dauerhafte Kursanstiege. Auch die Derivatemärkte weisen trotz ihres dynamischen Wachstums nicht die häufig angenommene unmäßige Entwicklung auf; zudem sind sie keineswegs von den Realmärkten entkoppelt. Bei der Analyse der Krise 2007/09 und der zyklischen Erholung seit 2009 wird die Bedeutung von Strukturentwicklungen in der Realökonomie und von politischen Steuerungseingriffen systematisch unterschätzt.

Auch in theoretischer Hinsicht können eng mit der Finanzmarktkapitalismus-These zusammenhängende Interpretationsfolien wie die einer 'großen' oder 'multiplen' Krise nicht überzeugen. Die Auffassung, die gegenwärtige Krise sei im Rahmen des (neoliberalen) Kapitalismus nicht zu überwinden, knüpft an ältere und sich immer wieder als vorschnell erweisende krisenfixierte Analysen an und nimmt eine mögliche Revitalisierung des Kapitalismus kaum in den Blick. Das Untersuchungsobjekt ist leider vitaler als erwünscht und hat linke Analytiker ständig offenkundiger Fehlurteile überführt. Nicht zuletzt widersprechen die Autoren der Meinung, mit dem Finanzmarktkapitalismus habe sich eine neue Formation des Kapitalismus herausgebildet. Hier zeigen sich unerwartete Gemeinsamkeiten mit älteren Theorien des Staatsmonopolistischen Kapitalismus und auch der Bezug auf Regulationstheorien steht einem vorurteilslosen Blick auf die politisch-ökonomische Geschichte im Weg. Als Alternative zur These eines Finanzmarktkapitalismus nutzen die Autoren den Begriff der Finanzialisierung: Unternehmen und politische Akteure nutzen verschiedene Finanzinstrumente für die Umsetzung ihrer jeweils spezifischen Interessen. Die sich hier zeigenden neuen Entwicklungslinien im Kapitalismus zeigen keine Abkopplung des Finanz- vom Realbereich, sondern deren Verkopplung.

Das Buch ruft dazu auf, dass sich linkes analytisches Denken eine große Unvoreingenommenheit bewahren sollte, um nicht von überraschenden Entwicklungen des Kapitalismus überrollt zu werden und inadäquaten politischen Strategien zu folgen.

getAbstract, Mai 2015

"Der Finanzmarktkapitalismus ist das Feindbild Nummer eins der Linken. Unermüdlich wiederholen sie ihr Mantra, dass die Finanzmärkte überproportional aufgebläht, von den Realmärkten entkoppelt und maßlos dominant seien. Doch leider kommt in ihren Analysen die Empirie zu kurz. Betrachtet man die Zahlen genauer, zeigt sich ein differenzierteres Bild." Ausführliche Bewertung in der beiliegenden Buchempfehlung von getAbstract.

Portal für Politikwissenschaft veröffentlicht am 02.04.2015 ()

"Schon das Fragezeichen im Titel deutet darauf hin, dass das gängige Definitionskriterium des aktuell existierenden (neoliberalen) Finanzmarkt‑Kapitalismus hinterfragt und revidiert werden soll. Dieses Ziel verfolgen die Autoren anhand der vier Thesen, dass (1) die Finanzmärkte nur in Teilen aufgebläht sind, (2) keine Entkopplung, sondern eine Verkopplung von Real‑ und Finanzökonomie existiert, (3) keine Dominanz vom Finanzbereich ausgeht und somit (4) die Diagnose des Finanzmarktkapitalismus falsch ist. Die zweite These wird allerdings schon seit Längerem in der Neuen Wirtschaftssoziologie behandelt und dabei gerade die Verkopplung und das damit einhergehende Fehlen einer (Re‑)Regulierung des Finanzsektors als Problem identifiziert. Hinsichtlich der anderen drei Thesen aber gelingt den Autoren eine stringente und methodisch saubere quantitativ‑empirische Analyse. Die Lektüre wird dabei keineswegs, wie von ihnen befürchtet, mühsam, sondern im Gegenteil werden die Argumente in den folgenden qualitativ‑inhaltlichen Kapiteln empirisch ergänzt. So wird auch die Kernthese der Nicht‑Existenz des Finanzmarktkapitalismus nur mit Bezug auf die empirischen Befunde sowie im Bewusstsein der Krisenhaftigkeit des Kapitalismus kritisch diskutiert. Trotzdem muss angemerkt werden, dass die Autoren in Bezug auf die Krisenursachen zwar die Bedeutung der Realökonomie herausheben, jedoch die Tatsache missachten, dass in einigen Fällen (Irland, Spanien) erst die Bankenrettung (Finanzökonomie) zu einer Staatsschuldenkrise (Realökonomie) geführt hat. Des Weiteren muss die Einschätzung hinterfragt werden, ob es sich bei der Krise 2007 um eine "große Krise" handelt, was die Autoren verneinen: Als Grund geben sie die Reproduktion der ökonomischen Institutionen, die Fortführung der Austeritätspolitik und die immer noch anhaltende Bankenkrise an. Doch gerade diese Prozesse sind es, die Kritiker auch aus dem nicht‑linken Milieu anführen, wenn das Ausbleiben von Strukturreformen (in der Realökonomie) oder die mangelnde Neustrukturierung ökonomischer Institutionen (Bankenaufsicht, Finanztransaktionssteuer) sie zu dem Schluss kommen lässt, dass die große Krise noch nicht überstanden ist und auch deren Ursachen nicht beseitigt worden sind. Insgesamt aber kommt das Buch der Notwendigkeit, die Debatte auf eine empirische Grundlage zu stellen, mehr als nach."

Zeitschrift für Wirtschaftsgeographie, Jg. 59 (2015), Heft 1, S. 65-76 ()

"Da der Bedeutungsgewinn des Finanzsektors grundsätzlich nicht verleugnet wird, versuchen die Autoren sich in Kap. 6 an einer alternativen Deutung. In Abgrenzung zum Konzept des Finanzmarktkapitalismus wird hier der Begriff der Finanzialisierung (!) hervorgezaubert und dessen Merkmale entlang von Greta Krippners (!) Vorschlägen diskutiert. Im Ergebnis werden die bekannten empirischen Argumente für eine Finanzialisierung aufgegriffen, jetzt aber unter dem Hinweis, dass dies keine Entkopplung von Finanz- und Realwirtschaft bedeute. - Kurzum, die Monographie von Krumbein et al. bürstet die gesamte Finanzmarktkapitalismus-Diskussion einmal kräftig gegen den Strich. Es wird erfrischend hartnäckig hinterfragt, substanziell kommt die Diskussion jedoch so nicht voran."

Z - Zeitschrift marxistische Erneuerung, Sep. 2014 ()

"Zusammenfassend sei konstatiert, dass es erfreulich ist, wenn - wie in dieser Arbeit - von Zeit zu Zeit innegehalten wird und allzu gängige Theorien kritisch und empirisch hinterfragt sowie Begriffe und Diagnosen auf Realitätsgehalt und Tragfähigkeit abgeklopft werden. Es ist auch zu begrüßen, wenn von linken Wirtschaftswissenschaftlern eine stärkere empirische Fundierung und Differenziertheit ihrer Aalysen eingefordert wird und wenn die Autoren zeigen, dass nicht alle wirtschaftlichen Erscheinungen, die heutigen, wirtschafts- und theoriehistorisch vielleicht weniger beschlagenen Zeitgenossen neu erscheinen, wirklich neu sind. Und es ist auch positiv zu vermerken, dass sie die Linken davor warnen, die Anpassungsfähigkeit des gegenwärtigen Kapitalismus zu unterschätzen. Dieser positiven Einschätzung tut es keinen Abbruch, dass - wie es dem Rezensenten scheint - einige Fakten nicht ausreichend zur Kenntnis genommen werden und bei mancher Kritik das Kind mit dem Bade ausgeschüttet wird."

Konkret, August 2014, S. 50-51 ()

"Die Destruktion der Behauptung eines finanzmarktgetriebenen Kapitalismus ist insofern leicht, als die Vertreter dieser These auch rein historisch recht unscharf argumentieren. Teils lassen sie dieses Phänomen in den achtziger, teils in den neunziger Jahren, teils sogar erst nach 2000 beginnen. Der Beweis oder die Widerlegung der Annahme, es handele sich um eine besondere Formation innerhalb des Kapitalismus, liegt in der Zukunft, es handelt sich also um eine kreditbedürftige Theorie.

Jetzt könnte eine interessante Diskussion beginnen. Vielleicht fällt sie aber auch aus. Joachim Bischoff jedenfalls hat leider wenig souverän geantwortet. Seinen Parteivorsitzenden Bernd Riexinger und ein Referat, das Jürgen Habermas vor der SPD-Bundestagsfraktion gehalten hat, zitierend, trägt er Tatsachen vor, die Krumbein, Fricke, Hellmer, Oelschlägel gar nicht bestreiten ... All dies ist wahr und mittlerweile fast schon Mehrheitsmeinung. Aber ob daraus die Existenz eines Finanzmarktkapitalismus folgt und aus dessen Beseitigung auch die Beherrschung der referierten Übel, wird nicht gesagt. ...

Wollen wir hoffen, daß ihr Publikum dadurch etwas mißtrauischer geworden, sich nicht von einer unvoreingenommenen Prüfung ihrer empirischen Ausführungen abhalten läßt."



Private Banker, Heft 1, 2014

Vorspann zu einem zweiseitigen Gespräch in Private Banker:

"Wenn Börsianer in den vergangenen Jahrzehnten entsprechend den Krisenanalysen in Marxscher Tradition investiert hätten, wäre die Anzahl verzweifelter Spekulanten vermutlich noch höher als ohnehin schon gewesen. Ob Schuldenkrisen in Lateinamerika oder Asien, die Lehman-Pleite oder das Wackeln von Euroland, immer prophezeiten postkeynesianische oder marxistische Ökonomen die Zuspitzung spätkapitalistischer Widersprüchlichkeit und das Abgleiten der Welt in einen ungezügelten Finanzmarktkapitalismus - eine Sicht, die nach der letzten Finanzkrise mehrheitsfähig geworden ist. Umso erstaunlicher das neue Buch des Göttinger Professors Wolfgang Krumbein, der mit seinen Koautoren "diese gängigen, von Vielen lieb gewonnenen Interpretationsmuster" in Frage stellt. Krumbein ist Politikwissenschaftler und der Kopf des Institutes für Regionalwissenschaft an der Universität Göttingen".




the authors
Prof. Dr. Wolfgang Krumbein
Wolfgang Krumbein Professor für Politikwissenschaft, Universität Göttingen. Direktor des Instituts für Regionalforschung e.V. an der Universität Göttingen. Arbeitsschwerpunkte: Regionalentwicklung, Staatstheorie, Standortdebatten. [weitere Titel]
Dr.  Fritz Hellmer
Fritz Hellmer 1. Vorsitzender des Institut für Regionalforschung e.V. an der Universität Göttingen, Göttingen
dem Verlag bekannte Rezensionen
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  • "Insgesamt kommt das Buch der Notwendigkeit, die Debatte auf eine empirische Grundlage zu stellen, mehr als nach." ...
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