Eine begriffliche und interdisziplinäre Analyse des Geldes, die im vorliegenden Band dokumentiert ist, lässt in den traditionellen Geldtheorien einen blinden Fleck erkennen. Geld ist weder nur ein Gegenstand der Gesellschaftstheorie noch nur ein Instrument wirtschaftlichen Handelns. Seine Verwendung prägt - zumeist unbewusst - Denkformen, im Alltag nicht weniger als in den Wissenschaften. Wir denken stets mit ihm, nicht mehr aber über es nach. Mögliche Wege grundlegender Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft bleiben so unerkannt.
Die in diesem Band versammelten Beiträge entfalten diesen Gedanken für die Ökonomie wie auch für scheinbar entfernt liegende Teile der Natur-, Kultur- und Geisteswissenschaften. Sie loten Formen kritischer Selbstreflexion in Theorie und Praxis ebenso aus wie Möglichkeiten grundlegend neuen Denkens "jenseits" des Geldes.
Silja Graupe, Karl-Heinz Brodbeck
Vorwort
Karl-Heinz Brodbeck
Geld als Denkform. Sprache, Mathematik und die Einheit der monetären Vergesellschaftung
Walter Otto Ötsch
Geld und Raum. Anmerkungen zum Homogenisierungsprogramm der beginnenden Neuzeit
Richard Seaford
Money and the Construction of the Inner Self in Ancient Greece
Silja Graupe
Geld als Denkzwang? Auswege aus dem Gefängnis der Ökonomie
Sybille Krämer
Medialität, Performativität und Sprachförmigkeit des Geldes. Drei Dimensionen über das Geld als Denkform zu reflektieren
Annika Schlitte
Gaben und Ausgaben. Geld und soziale Beziehungen im Spiegel einer Philosophie der Gabe
Carsten Herrmann-Pillath
Georg Simmel's Theory of Money and its Relevance for Current Neuroeconomics and Psychology
Florian Boukal
Vom Fußabdruck zum Handabdruck. Impulse für ein neues Nachhaltigkeitsverständnis
Harald Schwaetzer
Gabe oder Geld? Zwei Denkformen bei Franz von Baader
Hans Wagenmann
"Im Zwischen" von Geld und Bewegung
Karl-Heinz Brodbeck
Geldtheorie im interdisziplinären Kontext. Rückblick und Ausblick
PS, Dreier-Serie für 24. Dezember 2016
(Hans Steiger)
"Beim andern Symposium ging es um "Geld als Denkform", ja als Denkzwang, wie es Silja Graupe sieht. Je mehr gesellschaftliche Bereiche kapitalistischen Märkten und damit der vermeintlich rationalen Kalkulation unterworfen werden, desto stärker wirken auch jene "mentalen Strukturen", die den Ausbruch aus dem ökonomischen Gefängnis erschweren. Preise, Berechnungen, Buchhaltung mit Geldwerten rundum. "Es ist, als hätten wir uns immer schon dazu entschieden", all die Sachzwänge zu akzeptieren. Wenn die Ökonomin und Philosophin die "lebenspraktische und zugleich ethische Frage" stellt, inwieweit wir dies wirklich zulassen wollen, kommt frische Luft in die Enge, ein Hauch von Utopie. Wie, wenn wir vermehrt andere Formen des Austausches pflegten? Wären alte Formen der "Gabe" zu erneuern, fragt eine Kollegin, die solidarische Spende? Ein weites Feld."