Aus der Einleitung:

Das Schlagwort des kognitiven Kapitalismus wird seit wenigen Jahren, vor allem im französischsprachigen Diskursraum, als Bezeichnung für ein maßgeblich an die Marxsche Theorie anknüpfendes Forschungsprogramm herangezogen, dessen Themen und Fragestellungen hierzulande sowie in den angloamerikanischen Debatten um die Begriffe Wissensgesellschaft/ Wissensökonomie bzw. Knowledge Society/Knowledge-Based Economy herum zentriert sind. Während die Marxsche Theorie in der Bundesrepublik nach dem kurzen Boom kritischer Marxismen an den Universitäten in den 1970er Jahren mittlerweile akademisch marginalisiert ist, zeigt die linksrheinische Forschungslandschaft, dass es auch anders geht. Auf einen Spruch gebracht: Man kann sich dort auf Marx und auf Mauss beziehen, und zwar in jeweils pragmatischer Art und Weise. Ich möchte im vorliegenden Text eine Auseinandersetzung mit jüngeren Überlegungen von André Gorz zum Anlass nehmen um die Frage zu diskutieren, wie das Verhältnis von Wissen und Wertschöpfung sich darstellt, wenn man es von der Warte der Marxschen Kritik der politischen Ökonomie aus beobachtet. Der Argumentationsgang wird in drei Abschnitten entfaltet und durch einige Schlussbemerkungen abgerundet. Der erste Abschnitt diskutiert die These von Gorz, wonach der heute emergierende kognitive Kapitalismus als struktureller Kulminationspunkt kapitalistischer Entwicklung zu begreifen sei. Der zweite Abschnitt rekonstruiert epistemologische Grundlagen der Marxschen monetären Werttheorie, die im dritten Abschnitt das Fundament dafür bereitstellen, den logischen Ort anzudiskutieren, den die Frage von Wissen und Wertschöpfung in der Kritik der politischen Ökonomie besetzt. In den Schlussbemerkungen wird – anders als dies bei Gorz vorgesehen ist– vorgeschlagen, das Konzept des kognitiven Kapitalismus als Phasenmodell zu positionieren, um heutige Entwicklungstendenzen, die meist nur ex negativo als postfordistisches Akkumulationsregime bestimmt werden, in „positiver“ Weise als fortschreitende Morphogenese des industriellen Kapitalismus zu beschreiben.

Mit Blick auf zahlreiche neuere Arbeiten aus dem Kontext kritischer Theorien, die in elaborierter Weise die neuartigen Steuerungsmodi eines „Governing by Numbers“ (Miller 2001) einer konkreten Analyse unterziehen (vgl. dazu etwa die Beiträge von Sabine Pfeiffer und Uwe Vormbusch in diesem Band), tritt mein Beitrag einen Stück weit hinter den Diskursstand zurück und bemüht sich um die Klärung einiger Grundlagen.