Personenregister
"Beiträge zur Geschichte der deutschsprachigen Ökonomie" · Band 18
348 Seiten
36.80 EUR
(inklusive MwSt. und Versand)
ISBN 978-3-89518-437-6
(Dezember 2004)
Ludwig von Mises (1881-1973) gehört zu den herausragenden Vertretern der Österreichischen Schule der Nationalökonomie. Seine bedeutenden theoretischen und methodologischen Beiträge zur Wirtschaftswissenschaft werden heute zumeist mit zwei seiner Schriften in Verbindung gebracht: Die Gemeinwirtschaft (1922 und 1932), in der er den Nachweis führt, dass in sozialistischen Systemen keine Wirtschaftsrechnung möglich ist, wurde von Anfang an heftig und kontrovers diskutiert. Seine Abhandlung Human Action (erstmals 1949), in der er eine allgemeine Theorie des Handelns und Wirtschaftens entwickelt, fand vor allem in den USA, wohin Mises im Jahre 1940 emigriert war, ein großes Echo. Seine Emigration sorgte zugleich für ein Überdauern der Österreichischen Schule in den Vereinigten Staaten, wo in den letzten Jahrzehnten ein verstärkter Einfluss dieser "Austrian Economics" festzustellen ist. Mises' Frühwerk hingegen wurde diesseits wie jenseits des Atlantiks weit weniger rezipiert. Dies ist insofern erstaunlich, als sich bereits in seiner frühen Abhandlung zur Geld-, Zins- und Konjunkturtheorie sowie zum Bankwesen, der 1912 vorgelegten Habilitationsschrift Theorie des Geldes und der Umlaufsmittel, sowie in seinen weiteren Arbeiten zur Geld- und Konjunkturlehre die Anfangsgründe seines späteren Denkens und Schaffens offenbaren. Pallas' Studie stellt deshalb Mises' originäres Gedankengebäude vor, ordnet dessen Erkenntnisse in die zeitgenössische Lehre ein und beschäftigt sich mit den Gründen für die schwache Resonanz des Frühwerks damals und heute. Zudem werden Mises' geldpolitische Lehre dargelegt und sein Standpunkt als entschiedener "europäischer Liberaler" bzw. "amerikanischer Libertärer" verdeutlicht. Ausgehend von dieser Bestandsaufnahme erörtert Pallas, inwieweit die Misesschen Gedanken bereits Entdeckungen und Entwicklungen der modernen Geld- und Konjunkturtheorie vorwegnehmen und die gegenwärtige Wirtschaftswissenschaft zu befruchten vermögen. Der Autor will mit dieser Studie zeigen, wie lohnend es sein kann, sich auch im deutschen Sprachraum wieder mehr mit Mises zu beschäftigen.
Mit dieser Dissertation legte Carsten Pallas eine ausgezeichnete ideengeschichtliche Arbeit vor. In diesem Buch lernt der Leser nicht nur die Geld- und Konjunkturtheorie von Ludwig von Mises kennen, sondern Carsten Pallas gibt auch einen umfangreichen Überblick über das Leben und das Werk von L. v. Mises und behandelt das vorliegende Thema im Kontext der übrigen Arbeiten des L. v. Mises. Pallas stellt die Methode der 'Wiener Wirtschaftsschule' vor, gibt einen Überblick über die verschiedenen Standpunkte der Geldlehre zu Beginn des 20. Jahrhunderts und wendet sich dann dem geldtheoretischen Werk von L. v. Mises zu. Sorgfältig reflektiert Pallas die Aussagen L. v. Mises zu Geldformen und -funktionen; zur Kritik an der Quantitätstheorie des Geldes und der Nichtneutralität von Geld. Von dort wird übergeleitet zur monetären Konjunkturtheorie, die L. v. Mises auf Basis der Nichtneutralität des Geldes entwickelte und die von Pallas ausgezeichnet nachgezeichnet wird. Abschließend referiert Pallas über die Bedeutung, welche die Geldlehre L. v. Mises für die heutige ökonomische Theorie haben kann. Hervorzuheben ist, dass Carsten Pallas bei seiner Analyse der Geld- und Konjunkturtheorie von L. v. Mises dem Leser auch einen guten Einblick in theoretische Denkweisen der 'Austrian Economics' liefert. Diese us-amerikanische Schule ist aus dem Mises-Seminar an der New York University hervorgegangen und zählt nicht zum sog. ökonomischen Mainstream der neoklassischen Synthese.
Über eine Darstellung und Evaluierung der Geld- und Konjunkturtheorie hinausgehend, enthält das Buch längere Ausführungen zur Biographie von Mises sowie zum historischen Hintergrund seiner geldtheoretischen Beiträge und versucht resümierend auch zu einer Beurteilung des Einflusses auf die Geld- und Währungspolitik zu kommen. Weiters beschäftigt sich Pallas auch eingehend mit der Frage, inwieweit die ordnungspolitischen Positionen Mises' als strikter Anti-Interventionist und Anti-Sozialist mit seiner Geld- und Konjunkturtheorie in Zusammenhang stehen.
Wirklich bedeutenden Einfluss auf die Politik hat die Österreichische Schule in der Version von Mises (und Hayek) weder in Östereich zwischen den Weltkriegen noch in den UDSA nach der anti-keynesianischen Wende erlangt. Andererseits ist ihre Bedeutung für die wirtschaftsliberale Ideologieproduktion nicht zu unterschätzen. Eine Auseinandnersetzung mit ihren Thesen bleibt daher auf absehbare Zeit eine theoretische und politische Notwendigkeit.
"Der österreichische Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler Ludwig von Mises (1881-1973), dessen Werk und Wirken hier umfassend dargestellt und kommentiert wird, gehört zum Kreis der 'orthodoxen' Liberalen. Als Schüler Eugen von Böhm Bawerks und Friedrich von Wiesers und Lehrer Friedrich August von Hayeks gilt er als herausragender Vertreter der Österreichischen Schule der Volkswirtschaftslehre. Bezeichnend für sein Schaffen sind sein strenger Subjektivismus, radikaler Liberalismus und strikter Anti-Interventionismus. ... Mises war neben Joseph A. Schumpeter auch der bedeutendste Geldtheoretiker der Weimarer Zeit.
Sein wichtigstes geldtheoretisches Buch, die 'Theorie des Geldes und der Umlaufsmittel', erschien in erster Auflage bereits 1912. 1924 legte er eine zweite, überarbeitete Fassung vor, die bis heute als Standardwerk der vorkeynesschen Geldtheorie gilt. Berücksichtigt man den Tiefstand der damaligen Geldlehre, die sich praktisch 'in einer besseren Geschichte des Münzwesens erschöpfte' (S. 36), so kommt man nicht umhin, die Arbeit von Mises dogmengeschichtlich als bedeutendes Werk zu würdigen. Es gelang ihm nicht nur, den unfruchtbaren Streit zwischen 'Metallismus' und 'Nominalismus' hinter sich zu lassen. Indem er die subjektive Werttheorie konsequent auf das Geld anwendete, tat er einen wichtigen Schritt, um die Geldtheorie in die Nationalökonomie zu integrieren und damit die Dichotomie der Neoklassik, wonach Geld- und Realwirtschaft getrennte Sphären seien, zu überwinden. Im Zentrum des Werkes steht die Bestimmung des Geldwertes, eine Frage, die er grenzwerttheoretisch löst. Die Geldfunktionen handelt er dagegen klassisch, das heißt, ausgehend vom Tauschparadigma, ab. Durchaus neuartig ist seine Bestimmung der Geldformen, welche Bankdepositen in den Geldbegriff einschließt (S. 55). Als Geld im engeren Sinne faßt er 'Warengeld' (Gold, Silber u. a.), 'Zeichengeld' (juristisch qualifiziertes Geld) und 'Kreditgeld' (Forderungen). Daneben existieren in seinem System 'Geldsurrogate' in Gestalt ungedeckter Banknoten und Depositen sowie Geldzertifikate als 'Geld im weiteren Sinne'. Dieser Versuch einer Klassifizierung des Geldes folgt der praktischen Entwicklung des Geldwesens nach dem Ersten Weltkrieg, welcher die Periode des Goldes als uneingeschränkt gültiger Geldware beendet und die Wissenschaft damit vor große Herausforderungen gestellt hatte. ...
Mit dem vorliegenden Band setzte der Metropolis Verlag seine Reihe 'Beiträge zur Geschichte der deutschsrachigen Ökonomie' fort. Inzwischen zählt diese verdienstvolle Edition, die von Birger P. Priddat und Heinz Rieter betreut wird, bereits 27 Bände. Sie stellt ein hervorragendes Pendant zur theoretischen Vorherrschaft der englisch/amerikanischen Wirtschaftstheorie dar und ist eine Fundgrube für Non-Mainstream-Forscher und alternative Ökonomen."
"Zunächst gibt der Verfasser einen einleitenden Überblick auf das Leben und Werk und geht danach auf die Methode der 'Wiener Schule der Nationalökonomie' ein. Nach einer Besprechung des Standes der Geldlehre zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts erörtert Pallas vor allem das Hauptwerk von Mises zum Thema. Sorgfältig arbeitet er dabei die Kritik der Quantitätstheorie und die Position einer Nichtneutralität des Geldes lange, vor John Maynard Keynes heraus. Die Änderung der relativen Preise und die damit verbundenen Verteilungsänderungen durch Geldmengenänderungen bilden den Kern der monetären Konjunkturtheorie, die Pallas kurz skizziert.
Radikal ist Mises' Vorschlag, einen Goldstandard vollständiger Golddeckung einzuführen. ... Die Misessche Geldlehre in seinem übrigen Werk wird ebenfalls sorgfältig dargestellt und analysiert, wobei Pallas die Kontinuität im Denken des österreichischen Gelehrten verdeutlicht. Obwohl sich Mises vergleichsweise spät mit dem Werk von John Maynard Keynes auseinandergesetzt hat, geht Pallas zur Illustration der Entwicklung geldtheoretischer Vorstellungen sinnvollerweise auf den "Keynes-Schock" ein. Erfreulich ist, daß er die Vorstellungen zur Geldverfassung auch mit der Misesschen Sozialphilosophie in Zusammenhang bringt. ...
Zum Abschluß gibt der Autor einen Ausblick auf "Mises und die Geldlehre am Anfang des 21. Jahrhunderts". Hier wird zum einen erörtert, inwieweit in aktuellen institutionellen Regelungen und geldpolitischen Maßnahmen die Misesschen Vorstellungen zu erkennen sind. Zum anderen referiert Pallas die Misesschen Überlegungen zu Inflationskosten und Inflationsmessung. ... Die Arbeit von Carsten Pallas ist ohne Einschränkung als Standardwerk zum Thema einzustufen. Die ungeheure Anzahl der Literaturverweise bis in die aktuelle Diskussion hinein und die Vielzahl eingefügter Zitate zeugen von großer Sorgfalt, wenngleich der Lesefluß darunter leidet. Daß die Lektüre an den Leser besondere Ansprüche stellt, ist allerdings hauptsächlich dem Gegenstand selbst zuzuschreiben. Über die eigentliche Themenstellung hinaus eröffnet dieser Text auch den Zugang zu Denkweisen und Ordnungsvorstellungen der durch Mises in den Vereinigten Staaten begründeten 'Austrian Economics', deren Vertreter auch heute getreu ihrem Meister einen oft gegenüber dem ökonomischen Mainstream erfrischend kontroversen Beitrag leisten."