Sven Rudolph
"Ökologie und Wirtschaftsforschung" · Band 94
398
Seiten ·
38,00 EUR
(inklusive MwSt. und Versand)
ISBN
978-3-7316-1055-7
(December 2013)
)
Japan, drittgrößte Volkswirtschaft und weltweit einer der größten Treibhausgas-Emittenten, steht nach der Weltfinanzkrise 2008 und der Reaktorkatastrophe von Fukushima 2011 vor immensen wirtschafts-, energie- und klimapolitischen Herausforderungen. Marktbasierte Klimapolitikinstrumente wie der Emissionshandel könnten, wie die ökonomische Theorie und internationale Erfahrungen zeigen, in einem abgestimmten Instrumentenmix Ökonomie und Ökologie versöhnen. Dies kann aber nur gelingen, wenn die Instrumente anspruchsvolle Nachhaltigkeitskriterien erfüllen. Für Japans nationale Klimapolitik in der Vergangenheit kann dies kaum gelten, und auch aktuelle Entwicklungen weisen eher in eine entgegengesetzte Richtung. Dies überrascht besonders, da Japan nicht nur umweltpolitischer und effizienz-technologischer Vorreiter war, sondern auch das Mutterland des bisher einzigen völkerrechtlich verbindlichen internationalen Klimaschutzvertrags, des Kyoto Protokolls, ist. Wie lassen sich aber vor diesem Hintergrund die zaghafte heimische Klimapolitik und vor allem die zurückhaltende Nutzung des international bewährten Emissionshandels erklären?
Dieser Frage widmet sich der vorliegende Band, indem er zunächst aus nachhaltigkeitsökonomischer Perspektive die marktbasierten Elemente der japanischen Klimapolitik in der ersten Kyoto-Erfüllungsperiode untersucht, um dann auf polit-ökonomischer Basis den zugrunde liegenden politischen Entscheidungsprozess zu analysieren. Dabei greift der Band nicht allein auf eine individualistisch-ökonomische Perspektive zurück, sondern bezieht auch den Politikakteuren exogen vorgegebene gesellschaftliche Handlungsbedingungen ein. Für die Datenerhebung verwendet die Untersuchung ein praxisnahes qualitatives Fallstudiendesign, das sich wesentlich auf japanische Datenquellen, auf Regierungsdokumente, Positionspapiere und Experteninterviews stützt.
Neben einer induktiven Erweiterung der polit-ökonomischen Theorie liefert der Band damit eine Erklärung für das letztliche politische Scheitern klimapolitischer Emissionshandelssysteme in Japan und zeigt Wege für die zukünftige Überwindung von Durchsetzungshemmnissen einer nachhaltigen marktbasierten Klimapolitik in Japan auf.
"Auch bei der Formulierung von Emissionszielen gibt es auf Grund geänderter politischer Mehrheitsverhältnisse immer wieder Rücknahmen bei ambitionierten Zielvorgaben, wobei immerhin eine nationale Kohlenstoffsteuer und eine Einspeisevergütung für erneuerbare Energien implementiert werden konnten. Die Gründe dafür werden in den beiden folgenden Kapiteln untersucht, zunächst auf der Basis eines vom Autor in anderem Kontext (USA) aus polit-ökonomischer Sicht entwickelten Modells, das systemische und situative Handlungsbedingungen zusammenführt (Kap. 4), sodann auf der Basis empirischer Daten aus Japan. Die Fallstudie Japan wird angereichert durch die Darstellung des EU Treibhausgas-Emissionshandels (in Deutschland) und der Regional Greenhouse Gas Initiative (im Nordosten der USA). Diese Beispiele zeigen, wie wichtig neben exogenen Handlungsbedingungen der - möglichst umfassend zu identifizierenden - Akteure auch die Differenzierung zwischen Politiker- und Wirtschaftsinteressen und das wachsende Verständnis von Umweltbürokraten für Zertifikatslösungen bei einer adäquaten Modellierung sind.
Im einzelnen geschieht das in Kapitel 5 "Die politische Ökonomie des Emissionshandels in Japan", dessen systemischen Handlungsbedingungen durch bushido (Ehrenkodex), Kollektivismus, Vertrauen in Kollektiv und Staat sowie Skepsis gegenüber dem Markt geprägt sind. Detailliert werden Situation und Handlungsmöglichkeiten der verschiedenen japanischen Akteursgruppen (Bevölkerung, Interessenverbände, öffentliche Verwaltung, Politiker) dargestellt. Insgesamt kommt Sven Rudolph vor allem durch seine Analyse des politischen Systems zu einer ziemlich skeptischen Einschätzung der Möglichkeiten, in Japan ein nationales Emissionshandelssystem zu implementierten. Dafür seien fundamentale Reformen erforderlich, für die das notwendige Überdenken der Klimapolitik und der mit ihr eng verbundenen Energiepolitik nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima einen guten Ausgangspunkt bieten könne."