Milchbauern treibt, wie auch andere selbstständig Wirtschaftende, mehr als die Aussicht auf Gewinn an. Sie nutzen eigene Spielräume und Freiheiten, ihre Betriebe im alltäglichen Arbeiten und Wirtschaften mit eigenen Ideen und Innovationen ökonomisch zu gestalten und zu organisieren. Im Wirtschaften drücken die Milchbauern ihr je eigenes Verhältnis zum Landwirtschaften aus und zeigen Sinn, Werte und Einstellungen, die sie mit ihrer Tätigkeit als Milchbauer verbinden. Anhand von Betriebsbiografien von Milchviehbetrieben und in dem sich die Autorin dem Konzept der Wirtschaftsstile bedient, macht sie den Blick frei für die vielschichtigen Maßstäbe und Motive, welche Milchbauern im Wirtschaften antreibt und zeigt darauf aufbauend, dass es vielfältigere Entwicklungsoptionen zur Sicherung der Zukunft landwirtschaftlicher Betriebe geben kann, als die einseitige Ausrichtung auf das Wachsen und Weichen. Die Zielsetzung des Buches ergibt sich aus der Erfahrung, dass in den Diskussionen zur Entwicklung einer zeitgemäßen Landwirtschaft selten ein positiver Bezug zu den in der landwirtschaftlichen Praxis entwickelten Vorstellungen und Ideen und deren wirtschaftlichen Realität genommen wird. Egal, welche Debatte gerade gesellschaftliche Konjunktur hat, als Lösung der dringenden Fragen wird gerne nach einer Veränderung der "Wirtschaftsgesinnung" der Bauern gerufen, ob es um die Ausrichtung der Landwirtschaft auf höchste Erträge, Intensivierung und Vergrößerung oder auch die heute wichtige Frage geht, wie durch ein verändertes wirtschaftliches Handeln von Landwirten zu mehr Nachhaltigkeit beigetragen werden kann. Aber könnten wir uns überhaupt eine richtige Vorstellung von einer zukunftsfähigen Landwirtschaft machen, gäbe es da nicht selbstständige Landwirte, die mit eigenen Antworten und Ideen dazu beitragen? Eine Veränderung der grundlegenden Entwicklung der Landwirtschaft ist realisierbar, erfordert aber, dass die Vielfalt wirtschaftlicher Gestaltungs- und Entwicklungsmöglichkeiten bei den vielen "normalen" Betrieben einen Platz in unserem Nachdenken über zukünftige Entwicklung der Landwirtschaft bekommt.
Land-Berichte. Sozialwissenschaftliches Journal, Jg. XVII, Heft 1/2014, S. 86
(Simone Helmle)
"Sprachlich ist das Buch sehr verständlich und gut lesbar aufgebaut, eine gute Basis, um auch von nicht-akademischem Publikum gelesen zu werden. Angenehm ist, in welcher Weise es Karin Jürgens versteht, ihre eigene Verbundenheit zum Thema herzustellen und dezente, eigene biographische Bezüge mit in das Thema einzuflechten. Ebenso bezieht sie Position, in dem sie sich nicht auf gängige Slogans der Agrarpolitik der vergangenen Dekaden, auf Leitbilder und normative Festschreibungen einlässt, sondern diese nutzt, um weitgehende, offene, und zugleich empirisch abgesicherte Interpretationen anzubieten.
Wissenschaftlich überzeugt die Arbeit durch das intensive und weit in die Anfänge der Modernisierung zurückreichende Literaturstudium und die systematische Darstellungsweise der Fallanalysen. Das Buch macht Lust auf mehr Bücher dieser Art, mir was es eine Freude das Buch zu lesen."
Unabhängige Bauernstimme, Oktober 2013, S. 23
"Mit diesem Buch gibt Dr. Karin Jürgens einen geschichtlichen Überblick, welchen Einfluss die wissenschaftliche und insbesondere agrarsoziologische Betrachtung der Milchviehbetriebe auf die Ausrichtung der Agrar- und Förderpolitik und somit die Bauernhöfe genommen hat. Die Agrarsoziologin, die maßgeblich an der, Anfang des Jahres, veröffentlichten Milchkostenstudie in Zusammenarbeit mit dem Milch Board beteiligt war, zeigt deutlich, wie sich die Anforderungen und Vorstellungen zur Milchviehhaltung im Laufe der Zeit verändert haben - dass die Realität auf den Betrieben jedoch immer schon vielgestaltig aussah. Im zweiten Teil des Buches werden an Hand ausgewerteter Interviews neun Milchviehbetriebe aus Mitteldeutschland vorgestellt, die ganz unterschiedliche Entwicklungen aufgrund verschiedener Entscheidungskriterien und persönlicher Hintergründe gemacht haben und somit einen Teil der vielfältigen Wirtschaftsstile abbilden."