554 Seiten
44,80 EUR
(inklusive MwSt. und Versand)
ISBN 978-3-89518-740-7
(April 2009)
Hardcover
Aus der Einleitung
Diese Festschrift ist jemandem gewidmet, "der nicht auszog, Betriebswirt zu werden." Wie ließe sich allen Stationen gerecht werden, die im damit eröffneten Spannungsfeld zwischen Abenteuerreise und wissenschaftlichem Werdegang zu verorten sind, zumal die hier angesprochene Reise einige Jahrzehnte intensiver Schaffenskraft umfasst und keineswegs beendet ist? Die Herausgeber/innen und Autor/innen des vorliegenden Sammelbandes wollten sich der nicht ganz leichten Aufgabe stellen, eine Landkarte zu zeichnen, die den bisherigen Verlauf dieses Weges rekonstruieren könnte. Sie haben aber bald einsehen müssen, dass es hierzu eines ganzen Atlasses bedurft hätte. Zustande gekommen ist deshalb die etwas bescheidenere und vielleicht pragmatische Lösung: ein kleiner Kompass, der die Richtungen anzudeuten vermag, die ein Wissenschaftler und Lehrender prägte, um die verkrustete Landschaft der Wirtschaftswissenschaften mit viel Hingabe für neue Impulse fruchtbar zu machen oder - um in der Metapher zu bleiben - zu "kultivieren". Die Akzente, welche dabei ausgerechnet ein Bewohner des flachen Norddeutschlands in den wahrlich gebirgigen Regionen der Nachhaltigkeitsforschung hinterlassen hat, versetzen den Betrachter in Erstaunen.
Aber zu den herausragenden Leistungen Reinhard Pfriems zählen nicht nur die Beiträge zur überfälligen Ökologisierung der Betriebswirtschaftslehre. Ihm ging es - und dagegen ist sowohl die Eiger Nordwand als auch die unwegsame Moorlandschaft Ostfrieslands ein harmloser Spazierweg - um ein kulturwissenschaftliches Fundament der Wirtschaftswissenschaften. So schreibt Reinhard Pfriem 2007: "Das Wirtschaften ist eine kulturell spezifische Veranstaltung der Gesellschaft, in der es stattfindet, und kein sachzwangartiger Mechanismus, der nicht kritisch hinterfragt werden dürfte. Und entsprechend ist die moderne ökonomische Organisation Unternehmung, mit der wir uns als akademische Betriebswirte vor allem beschäftigen, etwas jeweils kulturell und gesellschaftlich Spezifisches und nicht etwa zeitlos Gleiches." Mit diesen Worten charakterisiert Reinhard Pfriem die interdisziplinäre Öffnung der Betriebswirtschaftslehre, die er seit über 25 Jahren verfolgt: Das Unternehmen zwischen Nachhaltigkeit, Kultur und Ethik. Der Band "Neue Konzepte der Ökonomik" versammelt mehr als 25 Beiträge, die über die Fachgrenzen der wirtschaftswissenschaftlichen Disziplin hinausweisen. Sie belegen nicht nur die durch Reinhard Pfriem vertretene Interdisziplinarität der Betriebswirtschaftslehre, sondern haben auch einen ganz aktuellen Bezug: Von Freunden, Kollegen, Mitarbeitern und Schülern verfasst und in einer Festschrift zusammengeführt, sind sie sichtbarer Beweis seines Wirkens als "leidenschaftlicher Vermeider von Denkverboten". Die drei Sektionen des Bandes beziehen sich auf seine Forschungsschwerpunkte und reflektieren "Nachhaltigkeit als Herausforderung und Management", stellen "kulturelle Orientierungen und Wandel" zur Diskussion und eröffnen Perspektiven für "unternehmerische Verantwortung und Ethik" im 21. Jahrhundert.
Die den Sektionen zugeordneten Beiträge stehen für Bestandsaufnahme und Weiterentwicklung des Forschungsfeldes und weisen auf die Heterogenität vielversprechender Forschungsansätze. Das sind aber erst drei Richtungen, während jeder Kompass, selbst der des Kolumbus, vier davon kennt. Wo ist die vierte Richtung? Sie eröffnet sich dem Kenner des Pfriemschen Lebenswerks im übergreifend Methodischen: Es ist der transdisziplinäre Ansatz, den Reinhard Pfriem bereits praktizierte, als er noch nicht so hieß. Es ist die Offenheit, mit der unser Jubilar es wie kaum ein anderer versteht, zwischen scheinbar widersprüchlichen Paradigmen zu vermitteln, um dann daraus etwas zu entwickeln, was eben nicht mehr einer paradigmatischen Engführung ausgeliefert ist.
Vorwort
Irene Antoni-Komar, Marina Beermann, Christian Lautermann, Joachim Müller, Niko Paech und Hedda SchattkeGeleitworte
Reinhard SchulzTeil 1: Herausforderung Nachhaltigkeit und Management
Reinhard LoskeTeil 2: Kulturelle Orientierungen und Wandel
Josef WielandTeil 3: Unternehmerische Verantwortung und Ethik
Jürgen Freimann"Das liber amicorum zum 60. Geburtstag von Reinhard Pfriem ist zugleich Ehrung und Danksagung für die Errungenschaften eines Wissenschaftlers, der als "schöpferischer Zerstörer" eine Betriebswirtschaftslehre sowohl durch ihre kulturwissenschaftliche Fundierung als auch durch ihre Ökologisierung auseinandernahm und neu zusammensetzte. Angesichts der wissenschaftlichen Schwergewichtigkeit des Gründers des Instituts und der Vereinigung für ökologische Wirtschaftsforschung weisen die Herausgeber(innen) bereits im Vorwort darauf hin, welchem Anspruch die 25 Themenbeiträge von Freund(inn)en, Kolleg(inn)en und Weggefährt(inn)en nur genügen können. Sie wollen weder vollständig noch systematisch Pfriems wissenschaftliches Profil nachzeichnen, sondern den Leser(inne)n einen kurvenreichen "Weg durch die kreativen Steinbrüche des Unverbundenen bahnen". Die drei Unterkapitel "Herausforderung Nachhaltigkeit und Management", "Kulturelle Orientierungen und Wandel" und "Unternehmerische Verantwortung und Ethik" bilden Pfriems große Forschungsschwerpunkte ab und dienen als inhaltliche Leitplanken.
Nach den drei Geleitworten, unter welchen vor allem Uwe Schneidewinds Gedankenspiel zur Verknüpfung von kritischer Theorie und Unternehmertum einen inspirierenden Auftakt gibt, wird doch im Verlauf des Buches deutlich, dass nicht jeder Beitragssteinbruch einen kreativen Schatz zu bergen vermag. Kurvenreichtum wird allemal geboten, da die Artikel sowohl hinsichtlich ihrer Ausgangspunkte als auch ihrer Aussagekraft differieren. So entsteht vor allem im ersten und längsten Teil des Buches ein großes Sammelsurium spannender Anregungen zum gesellschaftlichen Wandel in Richtung Nachhaltigkeit und unternehmerischem Nachhaltigkeitsmanagement. Beermann und Schattke beschäftigen sich damit aus praxisbezogener Perspektive, während Fichtner, Antes, Seuring und Beske das Gebiet eher theoretisch-konzeptionell angehen. Eher allgemeine Überblickstexte zum Nachhaltigkeitsdiskurs bieten sowohl Loske als auch Siebenhüner. Niko Paechs erfrischend kritischer Beitrag zur "Sustainability-Vermarktung" beziehungsweise zur "zeitökonomische[ n] Rationalisierung" sowie die Überlegungen von Breisig und Meyer-Truelsens zu "Nachhaltigkeit im Personalmanagement", in welchen der Diskurs zur Corporate Social Responsibility (CSR) leider gänzlich außer Acht gelassen wird, markieren die Referenzpunkte eines inhaltlichen Höhenunterschiedes im ersten Kapitel.
Der zweite Teil findet in Wielands Reflexionen zu Castoriadis, welcher schließlich nicht nur wichtiger Impulsgeber Pfriems, sondern ebenso wie dieser Grenzgänger zwischen den Wissenschaftsdisziplinen war, einen passenden Einstieg. Auch die nachfolgenden Beiträge geben in ihrer methodischen Unterschiedlichkeit anschauliche Eindrücke sich verändernder Kulturen und möglicher theoretischer Gestaltungsansätze. Antoni-Komars Forderung einer "Neudefinition von Lebensqualität" als Schlüsselkategorie von "personal social responsibility" oder Waffenschmidt-Lehmanns "Kontrafaktik-Kontingenz-Ansatz", mit welchem er alternative Zukunftsoptionen aufzuzeigen verspricht, sind fruchtbare Anstöße. Einzig Moses Fallstudien zur integrierten ländlichen Entwicklung wirken hierbei etwas deplatziert. Auch im dritten und kürzesten Kapitel stecken die Autor(inn)en ein weites Gedankenspektrum ab und zeigen an verschiedensten Stellen, zum Beispiel bei der möglichen Verbindung tugendorientierter und kulturalistischer Unternehmenstheorie durch Lautermann oder bei der Verankerung von CSR im Profifußball durch Mohe und Sieweke, weiteren Forschungsbedarf auf.
So bleiben am Ende das eingelöste Versprechen kurvenreicher Unverbundenheit und der Rückblick auf Beiträge, die vielleicht nicht an jeder Stelle Inbegriff größter Wert-Schöpfung, so aber doch in jedem Falle Ausdruck enormer Wert-Schätzung für den Jubilar sind.
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