Aus der Einleitung:

Manchen mag "Nachhaltigkeit" und "Ökonomie" wie ein grundsätzlicher und unüberbrückbarer Gegensatz erscheinen. So etwas wie "Nachhaltigkeitsökonomie" wäre damit gar ein Widerspruch in sich. Tatsächlich gibt es in beiden Konzepten aber wesentliche Anschlüsse an das jeweils andere, und insofern eine wesentliche und fruchtbare Verbindung zwischen den beiden. Diese wesentliche, in der normativen Begründung liegende Verbindung von "Nachhaltigkeit" und "Ökonomie" stelle ich in diesem Aufsatz dar. Sie erschließt sich als Antwort auf die beiden Leitfragen dieses Buches, die spezifisch für die Wissenschaft vom Wirtschaften ("Ökonomik") lauten:

1. Wie verändert die Diskussion um nachhaltige Entwicklung die Ökonomik? Wie verändert die Nachhaltigkeitsperspektive insbesondere die Zielsetzung, die normative Begründung, das Selbstverständnis und die grundlegenden Fragestellungen dieser Wissenschaft?

2. Welchen Beitrag kann die Ökonomik zum Verständnis und zur Umsetzung einer nachhaltigen Entwicklung leisten? Insbesondere: Welches aus einer normativen Betrachtung kommende Orientierungswissen kann die Ökonomik zur Strukturierung des Nachhaltigkeitsdiskurses beitragen?

Meine Argumentation zur Beantwortung dieser Fragen ist dabei wie folgt. In Abschnitt 2 skizziere ich als Hintergrund kurz die gegenwärtige Umwelt-, Gerechtigkeits- und Wirtschaftskrise, die vermeintlich auch eine Krise der gegenwärtig praktizierten Wissenschaft der Ökonomik ist. In Abschnitt 3 interpretiere ich den normativen Anspruch der Nachhaltigkeit: Nachhaltigkeit bezeichnet eine dauerhaft durchhaltbare Lebensweise, die gerecht ist im Hinblick auf andere, heute oder zukünftig lebende Menschen, und gerecht gegenüber der nicht-menschlichen Natur. In Abschnitt 4 diskutiere ich die ursprüngliche normative Begründung und Legitimierung der Ökonomie. Diese liegt in einem Verweis auf soziale Gerechtigkeit. In Abschnitt 5 erläutere ich, wie und warum diese Orientierung auf soziale Gerechtigkeit in der Weiterentwicklung der Ökonomik abgeschwächt wurde und schließlich ganz verloren ging, bis Mitte des 20. Jahrhunderts die Ökonomik eine wertfreie Wissenschaft der Effizienz war. In Abschnitt 6 erläutere ich, wie gerade diese wertfrei verstandene Ökonomik sehr einfach wieder normativ, z.B. auf Nachhaltigkeit, orientiert werden kann und wodurch sich eine solche „Nachhaltigkeitsökonomik“ auszeichnet. In Abschnitt 7 fasse ich die Argumentation so zusammen, dass die beiden Leitfragen kompakt beantwortet werden.