Hans-Jochen Luhmann
14 Seiten · 3,25 EUR
(
April 26, 2013
)
Aus der Einleitung:
Die Einführung einer "erfolgsabhängigen" Vergütung in einem Unternehmen, das "Reserven" erschließt und ausbeutet, entspricht dem Anlegen eines Magnetfeldes – und alle magnetisch ansprechbaren Elemente richten sich, wie man wissen kann, an diesem Feld, an diesem Anreizsystem, aus. Hat man einen Grund, dessentwegen man möchte, dass die Eisenspäne zufallsverteilt, also divers liegen, so wie sie sich "von sich aus" zeigen würden, so gibt es offenbar zwei Optionen, das zu erreichen. Man kann (a) eine soziale Vorkehrung treffen, d.h. jemanden anstellen, dessen Aufgabe darin besteht, die Eisenspäne immer wieder, gegen die bestehende Spannung, in Unordnung zu bringen. Und man könnte (b) die angelegte Spannung abschalten. Der Fall Shell ist, in diesem Bilde gesprochen, durch Zweierlei charakterisiert. In der Vergangenheit hat das Unternehmen ein Magnetfeld angelegt – und hat in der Folgezeit so getan, als ob die seitdem einlaufenden Zahlen zu den Reserven die unverfälschte Wahrheit darstellten. Nach Auffliegen des Schwindels fällt allen harten Durchgreifens der Aufsichtsbehörden zum Trotz auf, dass diese die Option (b) nicht als Option zulassen. All ihre Auflagen drehen sich allein darum, wie sichergestellt werden könne, dass trotz angelegter Spannung die Eisenspäne so zum unverfälschten Erscheinen gebracht werden können, wie sie ohne Magnetfeld erscheinen würden – durch welche Organisationsvorkehrungen das ‚gewährleistet‘ werden könne, das ist die einzige Sorge. Wie man es dreht und wendet, die alles dominierende Entscheidung war nicht ressourcenspezifisch. Es war die, überhaupt ein Magnetfeld anzulegen, also die Gleichrichtung der Interessen aller zu installieren nach der so eingängigen Formel "erfolgsabhängige Entlohnung" – eine widersinnige Situation war geschaffen. Alle, die sich Zugang zu den erforderlichen Informationen hätten verschaffen können oder in ihrem Besitz waren, hatten nun Interessen, die in dieselbe Richtung gingen, nämlich in die, im offiziellen Ausweis der Vermögenswerte des Unternehmens die Reserven an Öl und Gas im Zweifel, also systematisch, zu überschätzen.
Studium der Mathematik, Volkswirtschaftslehre und Philosophie. Mitglied der Kammer für Umwelt und Entwicklung des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Herausgeber von „Gaia“. Jetzt: Leiter Grundsatzfragen, Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie.
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