2. überarbeitete Auflage Januar 2008
439 Seiten
19,90 EUR
(inklusive MwSt. und Versand)
ISBN 978-3-89518-662-2
(September 2007)
Hardcover, Fadenheftung
Seit Jahrzehnten dominiert in Öffentlichkeit und Politik die Auffassung, in Deutschland seien die Löhne, die Lohnnebenkosten und die Gewinnsteuer zu hoch und die Rentabilität zu niedrig. Dies seien die Ursachen der Arbeitslosigkeit. Diese Meinung ist die Mutter aller jüngeren "Reformen" der Sozialversicherungszweige, des Arbeitsrechts und der Arbeitsmarktpolitik und aller bisherigen Gewinnsteuersenkungen. Vorschläge zur Abkehr vom bisherigen Kurs werden in der Öffentlichkeit nur überzeugen, wenn nachgewiesen wird, dass die Löhne in Deutschland nicht zu hoch sind.
Diesen Nachweis tritt das Buch an. Unter mehreren Aspekten wird aufgezeigt, dass heute die Lohnkosten niedriger sind als in früheren Zeiten eines hohen Beschäftigungsstandes und niedriger als in vielen konkurrierenden großen Industrieländern. Ostdeutschland wird gesondert aufgeführt. Dabei wird die Legende entzaubert, in Ostdeutschland seien im Vergleich zu Westdeutschland die Lohnstückkosten zu hoch und eine Ursache der dortigen katastrophalen Arbeitmarktlage. Unter anderem wird erstmals ein weitgehender Gleichklang in der Entwicklung von tariflichen und tatsächlich bezahlten Verdiensten und geleisteten Arbeitszeiten nachgewiesen - sicherlich ein Zeichen für die wirtschaftliche Angemessenheit der gewerkschaftlichen Tarifpolitik.
Da die Löhne nicht für die Arbeitslosigkeit herhalten können, werden andere Verdächtige für die Arbeitslosigkeit überprüft, wie vermeintlich zu geringe Lohndifferenzierung, nicht ausreichend gute Angebotsbedingungen, Sättigungserscheinungen, technologische und demographische Entwicklung sowie mangelnde Binnennachfrage. Nicht zuletzt werden Vorschläge unterbreitet, wie öffentliche Investitionsprogramme politisch durchgesetzt werden können.
Ein solches Buch, das wichtige Grundpfeiler aller bisherigen Wirtschafts-, Sozial- und Steuerpolitik erschüttert, hätte schon längst geschrieben werden müssen.
Hartmut Görgens legt mit diesem Buch ein mit Tabellen, Schaubildern und Modellrechnungen gespicktes Informations- und Lehrbuch zur wirtschaftlichen Entwicklung und zum ökonomisch richtigen Umgang mit Lohn- und Gewinndaten und zu deren Aussagewert vor. Die Tabellen und Schaubilder werden jedes Jahr im Mai aktualisiert und können von unserer Internetseite kostenlos herunter geladen werden.
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Aktualisierte Tabellen und Schaubilder. Stand: Mai 2011. Aus statistischen Gründen werden die aktualisierten Daten für das Jahr 2012 erst im Herbst '12 erscheinen.
Über kaum ein wirtschaftspolitisches Thema ist in der jüngsten Vergangenheit so intensiv gestritten worden wie über Höhe und Struktur der Löhne. Die große Mehrheit der an deutschen Hochschulen oder Wirtschaftsforschungsinstituten tätigen Ökonominnen und Ökonomen ist nach wie vor der Auffassung, dass der trotz Konjunkturaufschwungs immer noch bestehende beträchtliche Arbeitsplatzmangel vor allem auf allgemein zu hohe Löhne und eine zu geringe Lohnspreizung zurückzuführen sei. Insbesondere der Niedriglohnsektor, so die vielfach zu hörende These, müsse ausgebaut werden, solle in Deutschland jemals wieder Vollbeschäftigung erreicht werden.
Wer diesen neoklassisch geprägten Argumentationsmustern mit Fakten begegnen will, der kann auf zwei neuere Publikationen zurückgreifen. Hartmut Görgens beschäftigt sich in seinem binnen kurzer Frist schon in der zweiten Auflage erschienenen Buch mit der Frage, ob in Deutschland die Löhne tatsächlich zu hoch sind. Görgens, der als Leiter des Sachgebietes Konjunktur-, Wachstums- und Beschäftigungspolitik beim DGB-Bundesvorstand mit der Problematik der Lohnentwicklung 30 Jahre lang als Akteur befasst war, erläutert alle wichtigen Begriffe und Zusammenhänge zum Thema Lohn und Gewinn und trägt eine große Menge von zum Teil bis in die 1970er Jahre reichenden Zahlenreihen zum Thema zusammen. Allein schon durch dieses Zahlenmaterial hat das Buch einen hohen Gebrauchswert - egal, ob es um die Entwicklung der Brutto- oder Nettolöhne pro Stunde oder um die realen und nominalen Lohnstückkosten geht - Görgens dürfte keine wichtige Größe vergessen haben. Erfreulich ist, dass die jährlich aktualisierten Tabellen und Schaubilder auf der Internetseite des Verlags kostenlos zur Verfügung gestellt werden.
Auf Basis seiner vor allem empirisch ausgerichteten Kritik zieht Görgens die neoklassische Argumentation überzeugend in Zweifel, in Deutschland seien Löhne und Lohnnebenkosten sowie Gewinnsteuern zu hoch und die Kapitalrentabilität zu niedrig. Als störend kann allerdings der häufig stark moralisierend-anklagende Tonfall empfunden werden, mit dem der Autor gegen den deutschen wirtschaftswissenschaftlichen Mainstream zu Felde zieht oder gewerkschaftsnahe Ökonomen auffordert, sich genauer mit bestimmten Sachverhalten wie etwa der exakten Ermittlung der Unternehmensgewinne auseinander zu setzen. Zudem hätte das Buch durch ein Kapitel gewonnen, in dem die Grundlagen der neoklassischen Verteilungstheorie erläutert und diese Theorie auch theorieimmanent kritisiert worden wäre - für letzteres böten insbesondere die in Deutschland fast überhaupt nicht rezipierten Ergebnisse der so genannten Cambridge-Kontroverse reichlich Material. Trotz dieser Mängel muss Görgens bescheinigt werden, dass er sich in "Sind die Löhne in Deutschland zu hoch?" fakten- und kenntnisreich mit den herrschenden verteilungspolitischen Vorstellungen auseinandersetzt und schlüssig herausarbeitet, dass die Probleme am deutschen Arbeitsmarkt nicht auf zu hohe Löhne zurückgeführt werden können."
Niedrige Löhne als Problem
37 Seiten Argumente gegen das Märchen von zu hohen Löhnen
"Zu hoch!" - dies dürfte den meisten Ökonomen in trauter Eintracht mit Unternehmern unisono zur Frage nach der Lohnhöhe in Deutschland sofort einfallen - ohne groß nachzudenken. Aber genau das ist das Problem. Würde man nämlich nachdenken und dabei vor allem gesamtwirtschaftliche Zusammenhänge berücksichtigen, käme man zu ganz anderen Einschätzungen. Hartmut Görgens, von 1969 bis 1998 Leiter des Sachgebiets Konjunkturpolitik beim DGB-Bundesvorstand, ist der Sache mit den Löhnen auf den Grund gegangen. Mit Zahlen und Fakten und vor allem durch eine sonst sträflich vernachlässigte gesamtwirtschaftliche Argumentation untermauert er überzeugend, dass Deutschland keineswegs an zu hohen Löhnen leidet - im Gegenteil. Schritt für Schritt, Argument für Argument wird das Thema abgearbeitet. Präsentiert werden nicht nur - zum Teil bis in die 1970er Jahre zurückreichend - alle wesentlichen Daten, die man als argumentatives Rüstzeug braucht: Die Entwicklung von Löhnen in allen Varianten (brutto, netto, nominal, real, insgesamt, je Beschäftigten), von Gewinnen und natürlich von Lohnstückkosten. Letztere bieten bekanntlich eine bessere Grundlage für den internationalen Vergleich. Kenntnisreich macht der Autor aber auch hier auf versteckte Falltüren aufmerksam, die man kennen sollte. Dass der Autor lange Jahre ganz eng mit der Problematik der Lohnentwicklung befasst war, zeigen die vielen aus der unmittelbaren Praxis stammenden Fragen, die zu Kapitelüberschriften geworden sind. "Bringen Lohnerhöhungen wenig Kaufkraft?", "Sind die Löhne zu wenig differenziert und deswegen beschäftigungsschädigend?" oder "Vernichten Importe volkswirtschaftlich Arbeitsplätze?" Alles wird gut verständlich und umfassend beantwortet. Im Ausblick plädiert Hartmut Görgens für "mittelfristige öffentliche Investitionsprogramme" zur Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit und untermauert damit eine bekannte ver.di-Forderung. Aber auch hier bleibt er nicht bei der bloßen Forderung stehen, sondern begründet, warum Investitionsprogramme keineswegs nur ein Strohfeuer entfachen und sich zu über 70 Prozent der Ausgaben selber finanzieren. Sicher werden nicht alle die Zeit und die Muße haben, das ganze Buch zu lesen. Dennoch lohnt sich die Anschaffung: Es eignet sich nämlich auch ganz hervorragend als Nachschlagewerk zum Thema Löhne. Und im Anhang findet sich eine höchst nützliche "Kleine Rechenlehre für den Umgang mit Wirtschaftsdaten". Denn wie ging das noch mit der Preisbereinigung oder dem Errechnen durchschnittlicher Wachstumsraten?
Fazit: Wer nach der Lektüre dieses Buches noch der Meinung ist, die Löhne in Deutschland seien zu hoch, Deutschland sei Opfer der Globalisierung und müsse sich durch sinkende Löhne anpassen, dem ist wirklich nicht mehr zu helfen.
"Das Buch ist die bisher einzige umfassende Analyse zu der weitverbreiteten These von den angeblich zu hohen Lohnkosten und der vermeintlich zu niedrigen Unternehmensrentabilität als Hauptursache der Arbeitslosigkeit in Deutschland. Das ist aus wissenschaftlicher, aber auch aus politischer Sicht erstaunlich und schwer zu erklären. Diese These ist nach Görgens die Grundlage aller in den letzten Jahren vollzogenen "Reformen" der Systeme der sozialen Sicherung, des Arbeitsrechts, der Arbeitsmarktpolitik und der Unternehmensbesteuerung. Denn sie alle hatten das erklärte Ziel, die Lohnkosten zu senken und die Gewinne zu steigern. Görgens zeigt in einer methodisch-statistisch überzeugenden Analyse, dass die Aussage über zu hohe Löhne in Deutschland als zentraler Grund für die Arbeitslosigkeit nicht haltbar ist. Er wendet dabei zwei grundlegende Methoden an. Zum einen vergleicht er die Löhne und Gewinne bei der heutigen hohen Arbeitslosigkeit mit denen früherer Jahre mit guter Beschäftigung oder gar Vollbeschäftigung. Zum anderen stellt er die deutsche Lohnkostenhöhe derjenigen der großen Wirtschaftsnationen gegenüber, die mit Deutschland auf dem Weltmarkt konkurrieren und eine geringere Arbeitslosigkeit aufweisen. Danach sind der Anteil der Lohnkosten am Bruttoinlandsprodukt und das Verhältnis der Löhne zu den Gewinnen heute kleiner als zu früheren, besseren Beschäftigungszeiten. Auch sind die deutschen Lohnkosten gemessen an der Produktivität (Lohnstückkosten) niedriger als in vergleichbaren Ländern wie USA, Japan und Großbritannien, die alle eine bessere Arbeitsmarktlage aufweisen.
Ein anderes Indiz ist der weitgehende Gleichschritt von Reallohn und Produktivität bis Ende der 1980er Jahre. Seit den 1990er Jahre bleiben sogar die Reallöhne hinter der Produktivität zurück. Diese Lohnzurückhaltung ist größer als bei allen großen Wirtschaftsnationen.
Des Weiteren sind in Deutschland keine zu geringen und damit angeblich beschäftigungsschädlichen Lohnunterschiede zwischen den einzelnen Lohn- und Gehaltsgruppen (Lohndifferenzierung) festzustellen. Im Gegenteil, heute ist die Lohndifferenzierung größer als in früheren Zeiten besserer Arbeitsmarktlage und auch größer als in anderen Ländern mit niedrigerer Arbeitslosigkeit. Die angeblich zu hohen Lohnnebenkosten werden nach Görgens in der Öffentlichkeit aufgebauscht und reduzierten sich, auf den echten Bestandteil bereinigt und unter Einschluss der gesetzlichen Lohnfortzahlung, auf 18 % der gesamtwirtschaftlichen Lohnkosten. Erstmals wird auch als Beleg für die wirtschaftliche Angemessenheit der Tarifpolitik ein weitgehender Gleichlauf von tariflichen und effektiven Löhnen und Arbeitszeiten, im Durchschnitt der Gesamtwirtschaft und bezogen auf einen längeren Zeitraum, nachgewiesen. Dies gelte zum Teil auch für Ostdeutschland, für das zudem die Behauptung von zu hohen Lohnstückkosten widerlegt wird. Denn diese sind dort mittlerweile niedriger als in Westdeutschland. Die Gewinne liefen insbesondere in den letzten Jahren den Löhnen weit davon. Trotzdem wurden die Gewinnsteuern in mehreren Schritten gesenkt. Die Gewinnsteuerquote ist heute fast nur noch halb so groß wie zu Zeiten mit guter Beschäftigungssituation.
Auch die Behauptung, wegen der gestiegenen Kapitalintensität sei trotz stark zugenommener Gewinne die Kapitalrendite immer noch zu niedrig, wird entkräftet. Denn schon seit Jahren - so Görgens - erklimme die Kapitalrendite immer neue Rekordhöhen und sei heute sogar deutlich höher als in früheren Vollbeschäftigungszeiten. Ihre Entwicklung hielte mit der des Auslandes Schritt. Die rechnerische Untermauerung eines der Argumente überzeugt allerdings nicht. Bei der Berechnung des Rekordüberschusses der unternehmenseigenen Finanzierungsmittel über die Investitionen wird zwar von den Gewinnen korrekterweise ein normierter Unternehmerkonsum abgezogen, nicht jedoch die Dividendenausschüttungen.
Da die hohen Lohnkosten nicht für die Arbeitslosigkeit herhalten können, überprüft Görgens konsequenterweise andere Gründe für die Arbeitslosigkeit, wie die zunehmende Vermachtung der Märkte, Sättigungserscheinungen, die technologische und die demografische Entwicklung sowie eine andauernde mangelnde Binnennachfrage. Er findet eine Reihe von Indizien, die allerdings für eine hinreichende Erklärung der hohen Arbeitslosigkeit nicht ausreichen, wie der Autor selbst eingesteht.
Daneben enthält das Buch zu Beginn noch zwei informative Kapitel zur Wirtschafts- und zur Lohnentwicklung, jeweils in West- und Ostdeutschland. Im ersten Kapitel wird unter anderem der Weg von der Veränderung des Bruttoinlandsprodukts bis schließlich hin zur Veränderung der Arbeitslosigkeit aufgezeigt: über die Stundenproduktivität zu den insgesamt geleisteten Arbeitsstunden (Arbeitsvolumen), von dort über die geleistete Arbeitszeit zur Zahl der Erwerbstätigen weiter über das Erwerbspersonen-Potenzial und die stille Arbeitsmarktreserve letztlich zur Veränderung der Zahl der registrierten Arbeitslosen. Das zweite Kapitel gibt ausführliche Auskunft über die tarifliche und effektive Entwicklung von Löhnen und Arbeitszeiten. Dabei tritt ein erheblicher Unterschied im Aussagewert zutage, je nachdem, ob die Löhne je Arbeitnehmer oder je Arbeitnehmerstunde berechnet werden. Görgens rät bei der Beurteilung der Lohnentwicklung zur Betrachtung des Verlaufs je Arbeitnehmerstunde, da der Durchschnittslohn je Arbeitnehmer durch den rapiden Anstieg der Teilzeitbeschäftigung nach unten verzerrt wird.
Das Buch zeugt insbesondere bei den statistisch-methodischen Erläuterungen und Bereinigungen von Gründlichkeit und Ernsthaftigkeit. Auch der häufige Zahlenbezug mit 40 Tabellen, dazugehörigen Schaubildern und Modellbeispielen offenbart des Autors Kompetenz im Geflecht der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung.
Das Buch hat ein außerordentlich ausführliches Inhaltsverzeichnis von elf Seiten und kann deshalb gut als Nachschlagewerk für Informationen und Argumente genutzt werden, zumal die Daten jährlich beim Metropolis-Verlag im Internet aktualisiert werden. Es ist erstaunlich, dass die These von zu hohen Löhnen in Deutschland bisher nicht so umfassend kritisch hinterfragt wurde, wie es Görgens in seinem Buch tut. Ein solches Buch hätte eigentlich schon vor Jahren geschrieben werden müssen."
"Zu hohe Lohnkosten und Gewinnsteuern sollen die Ursachen der hohen Arbeitslosigkeit sein. Deshalb haben alle jüngeren Reformen der Sozialversicherung und des Arbeitsrechts das erklärte Ziel, die Arbeitskosten zu senken und die Gewinne zu steigern. Für eine Abkehr von dieser Politik ist es deshalb hilfreich, wenn nachgewiesen wird, dass die Lohnkosten nicht zu hoch sind. Dieser Nachweis kann erbracht werden. Wenn nämlich die Löhne die Ursache der Arbeitslosigkeit wären, dann müssten sie - im Verhältnis zu den Gewinnen - heute höher sein als zu früheren, besseren Beschäftigungszeiten. Dann müssten sie auch höher sein als in Ländern mit einer besseren Arbeitsmarktlage, zum Beispiel höher als in den USA, Großbritannien oder den Niederlanden. Und beides ist eben nicht der Fall, im Gegenteil.
Von 1950 bis heute spielte sich in Westdeutschland ein geradezu verblüffender Gleichklang von Reallohn- und Produktivitätsentwicklung ein. Zwar traten in vielen Jahren konjunkturbedingte Dissonanzen auf, sie lösten sich aber wieder in Harmonien auf. Seit den 90er Jahren blieben jedoch die Reallöhne hinter der Produktivität zurück, mit der Folge stark steigender Gewinne. Diese Lohnzurückhaltung war größer als in allen anderen großen Wirtschaftsnationen, in denen sich - trotzdem oder gerade deswegen - die Beschäftigung besser entwickelte. Ein Zeichen für die wirtschaftliche Angemessenheit der Tarifpolitik ist der weitgehende Gleichlauf von Tarif- und Effektivlöhnen sowie der tariflichen und tatsächlich geleisteten Arbeitszeiten in Westdeutschland seit 1980. Mit Einschränkungen gilt das auch für Ostdeutschland.
Im internationalen Lohnvergleich schneidet Deutschland gut ab. Bei den Arbeitskosten je geleisteter Arbeitsstunde liegt es im europäischen Mittelfeld. Da Deutschland bei der Arbeitsproduktivität mit an der Weltspitze liegt, ist sein gesamtwirtschaftliches Lohnstückkosten-Niveau, also das Verhältnis von Lohn zu Produktivität, niedriger als das aller anderen großen Industrienationen.
Das Ende der Legende von den zu hohen Lohnstückkosten in Ostdeutschland ist gekommen: Sie waren dort bereits 2005 niedriger als in Westdeutschland. Was eigentlich auch nicht verwunderlich ist, liegen doch die Arbeitskosten je geleisteter Stunde in Ostdeutschland um 28 Prozent unter den westdeutschen, und die ostdeutsche Produktivität nähert sich immer mehr der westdeutschen an. Auch offenbart der hohe deutsche Export, der bereits seit Jahrzehnten hinter den USA der größte war und nunmehr die Spitzenposition innehat, dass in Deutschland die Löhne nicht zu hoch sind.
Da es den Arbeitgeberverbänden immer schwerer fällt, ein zu hohes Lohnniveau nachzuweisen, haben sie sich auf die Behauptung zu hoher Lohnnebenkosten und einer zu geringen Lohnspreizung zwischen den einzelnen Lohngruppen verlegt. Tatsächlich machen die Arbeitgeberbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung wegen der Bemessungsgrenzen und der Begünstigung der Midi- und Minijobs im gesamtwirtschaftlichen Durchschnitt nur 15 Prozent aus. Die Lohnspreizung ist heute sogar größer als zu früheren Zeiten guter Beschäftigung, und auch größer als in den Industrienationen mit günstigerer Arbeitsmarktlage.
Wenn die Löhne zu hoch wären, dann müssten die Gewinne zu niedrig sein. Das Gegenteil ist der Fall. Die Gewinne sind den Löhnen weit davongeeilt, insbesondere die Nettogewinne. Das ist die Folge der erheblichen Gewinnsteuersenkungen der vergangenen Jahre. Die Gewinnsteuerquote hat sich von 1980 bis 2005 nahezu halbiert. Da die Arbeitgeber den enormen Gewinnanstieg schon seit längerem vor der Öffentlichkeit nicht mehr verbergen können, verlegen sie sich auf die Behauptung, wegen des gestiegenen Kapitaleinsatzes sei trotz zunehmender Gewinne die Kapitalrendite der Unternehmen immer noch zu niedrig. Auch das kann widerlegt werden. Schon seit einigen Jahren erklimmt die Kapitalrendite immer neue Rekordhöhen und ist heute sogar deutlich höher als zu früheren Vollbeschäftigungszeiten. Ihre Entwicklung hält mit dem Ausland Schritt."