Aus der Einleitung der Hg.:

Neben dem eher niedrigen sozialen Status bzw. dem relativ geringen Einkommen ist die dauerhaft oder regelmäßig starke oder sehr starke Beanspruchung der Erwerbstätigen ein weiteres zentrales Problemfeld sozialer Berufe. Für die organisatorische Seite der hohen Belastung steht u. a. die – von Ingo Matuschek in seinem Beitrag herausgestellte – Beobachtung, dass auch in den sozialen Dienstleistungen der Leistungsdruck vielfach durch die Einführung und Weiterentwicklung von Kennziffernsystemen erhöht wird. In der gesamten Arbeitswelt erleichtert der aktuelle Digitalisierungsschub die Erfassung vieler Arbeitsvorgänge mithilfe von Kennziffern, so dass derzeit auf breiter Front solche kennziffernbasierten Systeme eingeführt oder in wesentlich detaillierterer Form als bisher implementiert werden. Allerdings muss bei der verstärkten Fremdsteuerung mit Hilfe dieser Systeme konsequent auf die subjektiven Kompetenzen der Arbeitenden zurückgegriffen werden: auf ihre Fähigkeiten, die Arbeitsprozesse eigenständig zu strukturieren sowie Fehler oder Schwächen der Lenkung dieser Prozesse, für die jeweils hochselektive Kennziffern erhoben werden, zu kompensieren. Gemeinsam mit anderen Vertreter*innen der subjektorientierten Arbeitssoziologie bezeichnet Matuschek diese Transformation der Arbeit(sorganisation) deshalb als subjektivierte Taylorisierung.

Die subjektivierte Taylorisierung verändert seit längerem auch die sozialen Dienstleistungen. Hier geht mit der verstärkt outputorientierten Steuerung der Arbeitsprozesse über Kennziffern eine Standardisierung der Dienstleistungen und eine Fokussierung der Dienstleister*innen auf abrechenbare Tätigkeiten einher. Zu den Vorteilen dieser – durch die Digitalisierung weiter vorangetriebenen – Entwicklung gehört, dass sie die Qualitätssicherung und den Informationsaustausch unter den beteiligten Kolleg*innen erleichtert. Zugleich werden aber – so zeigt Matuschek auf – für die Arbeit in sozialen Dienstleistungen problematische Entwicklungen vorangetrieben. Die Kennziffernsysteme richten die Dienstleistungserbringung verstärkt auf finanzielle Ziele aus. Zugleich wird durch engmaschige(re) Arbeitsvorgaben die auf situationsadäquate Interaktionsarbeit ausgerichtete Professionalität der Fachkräfte (Fallbezug, Ausrichtung auf das Adressat*innenwohl) untergraben. Last but not least erhöhen die Systeme eben auch den Leistungsdruck, indem sie die Dienstleister*innen einer besonders subtilen Form von Kontrolle unterwerfen.