Aus der Einleitung der Hg.:

Walter O. Ötsch diskutiert in seinem Beitrag Aspekte einer noch ungeschriebenen Geschichte der Imagination innerhalb der Theoriegeschichte der Ökonomie. Er macht dabei auf den weitgehenden Bedeutungswandel aufmerksam, den grundlegende Begriffe der Ökonomie im Laufe der Jahrhunderte erfahren haben – selbst ein Produkt einer kollektiven Imagination –, und versucht dies in einer Gegenüberstellung von mittelalterlichen und neuzeitlichen Ansätzen zu skizzieren. Ötsch beschreibt zuerst das Konzept der Imagination (phantasia) vor allem bei Thomas von Aquin, für den Erkennen ohne Imagination nicht denkbar ist. In dieser Sichtweise sind Imaginationen in vielerlei Weise mit ökonomischen Fragestellungen verbunden, als Beispiele werden die Konzepte des gerechten Preises sowie des sündhaften Wuchers bei Thomas herangezogen. Nach Ötsch sollte versucht werden, die Konzepte von Thomas in dessen Denkrahmen zu verorten: Die in der Theoriegeschichte der Ökonomie übliche Frage, ob Preise bei Thomas Produktionskosten oder Marktpreise sind, würden Thomas grundlegend missverstehen.

Ötsch erörtert dann den Stellenwert der Imagination in neuzeitlichen Ansätzen, spezifiziert bei René Descartes, der für den Gang der Theoriegeschichte der Ökonomie ab dem 18. Jahrhundert bedeutsam ist. Ötsch zeigt, welche umfassende Rolle Adam Smith der Imagination für sein Verständnis von Wissenschaft einräumt und wirft kurz die in der Theoriegeschichte bislang nicht beantwortete Frage auf, wie es dazu kommen konnte, dass Imagination als Thema der Ökonomik verlustig gegangen ist.