Aus dem Schlusskapitel:

Globale Liefer- und Wertschöpfungsnetzwerke bieten wirtschaftliche und technologische Entwicklungsmöglichkein in globalen Wirtschaftssystemen. Aber führen sie auch zu einer Verbesserung der Ökosysteme, und der Arbeits- und Lebensbedingungen? Über die Zusammenhänge der Wertschöpfungsnetzwerke auf der Akteursebene und im Zusammenspiel der beteiligten intersektoralen Akteure wissen wir noch sehr wenig. Die Diskussion der unternehmensethischen Forschung geht jedoch von der Annahme aus, dass Investitionen von Unternehmen in ihr Nachhaltigkeitsmanagement die Einhaltung von Sorgfaltspflichten erleichtert und überdies eine Vielzahl an beachtenswerten menschenrechtlichen, ökologischen und sozialen Standards zu einer verbesserten Steuerung, Evaluation und Kommunikation des politisch-gesellschaftlichen Engagements führt.

Das Forschungsprojekt der „Relational Economics“ setzt bei der Frage an, wie das Management von Normativität Wirksamkeit entfalten kann. Durch den von Wieland geprägten governanceökonomischen Theorieansatz wird die Wertorientierung der Firma und ihre Stakeholder Governance in Bezug auf die Verarbeitung multipler Entscheidungslogiken aufgezeigt. Mithilfe relationaler Governancestrukturen wird in intra- und interorganisationalen Vertragsbeziehungen die Komplementarität und Wechselseitigkeit informaler und formaler Aspekte aufgezeigt und analysiert. Bei der Umsetzung von Nachhaltigkeitsmanagement in globalen Lieferketten spielt insbesondere relationale Governance, d.h. informale Steuerungsaspekte wie Reziprozität, Vertrauen und geteilte Normen, eine bedeutende Rolle. Diese Faktoren kommen besonders dann zur Geltung, wenn die Qualität der Kooperation in einer Geschäftsbeziehung nicht durch einen Erzwingungsmechanismus über ausstehende Dritte (Gerichte oder gesetzliche Regulierung) erfolgt, sondern wenn die Qualität der Beziehung selbst die Kooperationsbereitschaft und -fähigkeit prägt. Aktuelle Forschungsarbeiten zeigen, dass die Bedingung hierfür Vertragsstrukturen sind, die u.a. von persönlichem Austausch geprägt sind. Wie sich anhand der praxisorientierten Fallstudie über die followfood GmbH veranschaulichen lässt, ermöglichen robuste, vertrauensbasierte Lieferantenbeziehungen eine erhöhte Kooperationsqualität auf der Beziehungsebene, um effektiv und adaptiv auf Konsumentenanforderungen, Umweltveränderungen und externe Unsicherheiten zu reagieren. Für die weitere Forschung ergibt sich die Frage, inwieweit technologiebasierte Geschäftsmodelle zur Erhöhung von Transparenz und Nachhaltigkeit in globalen Lieferketten (beispielsweise durch Blockchaintechnologie), das relationale Gefüge der beteiligten Netzwerkakteure unterstützen, komplementieren oder disruptieren.