Aus der Einleitung:

In seiner „Relational Economics“ macht Wieland „Relation“ zu einem zentralen Konzept. Er definiert sie als „gelingende Integration multipler Rationalitäten in eine adaptive Governance-Struktur zur Abwicklung einer spezifischen ökonomischen Transaktion. Es ist die dadurch gelingende Kontinuität kooperativer Beziehungen durch Organisation, die das Leistungsniveau einer relationalen Wirtschaft und das ihrer Akteure bestimmt“. Wir wollen uns in diesem Beitrag dem gleichen Phänomen von anderer Seite her nähern, indem wir den Gedanken der „Relation“ aufgreifen als etwas, was durch Subjekte geschieht. Pointiert formuliert: Deren Freiheit macht einen Unterschied – nicht nur in kleinen Gruppen, sondern auch in anonymen Kooperationsbeziehungen. Aus diesem Grund wird Vertrauen zu einem grundlegenden Konzept.

Doch kann man Vertrauen auch als Governance Mechanismus bezeichnen? Tatsächlich gibt es, wie wir später diskutieren werden, gute Argumente dafür, dass sich Vertrauensbeziehungen der gezielten Steuerung und Kontrolle entziehen. Gleichwohl gibt es ebenfalls gute Argumente dafür, dass gute Governance die mit dem Begriff „Vertrauen“ angesprochene Dimension sozialer Interaktionen – und spezifischer: Wertschöpfungsprozesse – nicht vernachlässigen darf und Bedingungen dafür gestalten sollte, dass Vertrauen aufgebaut und erhalten bleibt. (...)

In diesem Beitrag befassen wir uns mit genau diesen Zusammenhängen: In Abschnitt 2 rekonstruieren wir zunächst das mit dem Begriff Vertrauen angesprochene Phänomen. Darauf aufbauend erarbeiten wir das Spannungsfeld, dass Vertrauen – aufgrund des Phänomens der Freiheit – für Kooperation unverzichtbar ist, jedoch allein nicht ausreichend, sondern der institutionellen Stützung bedarf; und dies umso mehr, je komplexer die gesellschaftliche Arbeitsteilung (bis hin zur funktionalen Ausdifferenzierung) wird. Für unsere globalisierte und digitalisierte Welt zeigt sich, dass die Vertrauensgabe sich zunehmend von den jeweiligen Individuen hin zu Organisationen bzw. institutionellen Strukturen verlagert, wodurch die individuellen Vertrauenseinschätzungen auch anfälliger werden für Fehleinschätzungen, die ihrerseits – sofern verfügbar – tendenziell durch Verstärkung der formalen/extrinsischen Elemente der Kette kompensiert werden. Vertrauen und Kontrolle – wir gebrauchen diesen Begriff hier durchgängig im weiten Sinne, der auch Steuerung umfasst – sind deshalb einerseits substitutiv (Abschnitt 3), andererseits komplementär (Abschnitt 4). Dieses komplexe Zusammenspiel angemessen zu verstehen ist wesentlich für sinnvolle „Investitionen in die gesellschaftliche Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vorteil“.