Günther Chaloupek und Markus Marterbauer
23 Seiten · 3,39 EUR
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December 08, 2008
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Aus der Einleitung:
Auch der ?Austro-Keynesianismus? als wirtschaftpolitische Konzeption ist nicht das Produkt einer plötzlich in der zweiten Hälfte der Siebzigerjahre erwachten Ambition der österreichischen Sozialdemokratie, eine offizielle Leitvorstellung vom Typ der deutschen Sozialen Marktwirtschaft des CDUWirtschaftsministers Ludwig Erhard zu entwickeln. Die austro-keynesianische Wirtschaftspolitik wurde schrittweise aus der wirtschaftspolitischen Praxis der Jahre nach dem Wachstumseinbruch 1975 entwickelt (Finanzminister Androsch, Notenbankgeneraldirektor Kienzl ? auch in seiner zweiten Rolle als Berater von ÖGB ? Präsident Benya, Notenbankpräsident Koren). Zunächst (1975f) erfolgte eine massive fiskalpolitische Gegensteuerung in der Rezession bei gleichzeitiger Desinflationierung. Als sich in der Folge ein beträchtliches Leistungsbilanzdefizit mit bis zu 3,6% des BIP (1977) ergab und international sowie in Österreich selbst Zweifel an der Stärke des Schilling geäußert wurden, stand die Wirtschaftspolitik vor der Alternative Abwertung oder Beibehaltung des Wechselkurses zur DM bei Verzicht auf geld- und zinspolitische Handlungsautonomie. Nach einer kurzen Phase des Schwankens erfolgte eine definitive Festlegung zugunsten einer Hartwährungspolitik.
In der Kombination mit den anderen Elementen wurde diese Hartwährungspolitik zum spezifischen Markenzeichen des Austro-Keynesianismus. Diese Kombination ist insofern ungewöhnlich, als (post-)keynesianische Vollbeschäftigungspolitik gemeinhin mit stärkerer Inflationstoleranz identifiziert wird, die es erlaubt, das Instrument der Währungsabwertung zur Nachfragesteuerung einzusetzen. Demgegenüber lag im Austro-Keynesianismus die Betonung auf einer im internationalen Vergleich hohen, wenngleich nie absolut gesetzten Preisstabilität, die durch eine Fixierung des Wechselkurses gegenüber den preisstabilen Handelspartnerländern (Deutschland, Schweiz, Benelux) kurz- und langfristig verankert wurde. Das Korrelat dazu war eine Lohn- und Einkommenspolitik, die sich an einer Lohnstückkostenentwicklung orientierte, die mit der internationalen Wettbewerbsfähigkeit konform war. Dieser Ansatz war Ende der siebziger Jahre mit erheblicher Unsicherheit verbunden, da der Erfolg davon abhängig war, ob eine Eliminierung des Leistungsbilanzdefizits ohne Abwertung möglich sein würde. Im Verlauf der achtziger Jahre wurde der Ansatz bestätigt. Die Arbeitslosenrate stieg zwar nach 1981 allmählich an, jedoch war sie in Österreich bis vor kurzem noch bei der Hälfte des EU-Durchschnitts. Bis Mitte der neunziger Jahre zeigt sich eine klare Überlegenheit des austro-keynesianischen gegenüber dem skandinavischen Modell.
leitete bis 2013 die Abteilung Wirtschaftswissenschaft und Statistik der Kammer für Arbeiter und Angestellte Wien. Er fungierte als Vizepräsident des Österreichischen Staatsschuldenausschusses und leitete von 1985 bis 2013 den Arbeitskreis Benedikt Kautsky.
[weitere Titel]geb. 1965, leitet die Abteilung Wirtschaftswissenschaft und Statistik der Arbeiterkammer Wien und ist Vorsitzender des Benedikt-Kautsky-Kreises.
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