Dieter Rehfeld
22 Seiten · 4,66 EUR
(
July 14, 2021
)
Aus der Einleitung:
Es besteht ein Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein eines anerkannten wissenschaftlichen Ethos, der Autonomie des wissenschaftlichen Feldes und der Herausbildung und Weiterentwicklung eines kumulativen Bestands gesicherten Wissens.
Davon ausgehend soll hier die Frage diskutiert werden, inwieweit anwendungsorientierte Forschung dazu beiträgt, dieses Ethos zu unterhöhlen bzw. inwieweit diese dazu beitragen kann, die Diskussion um dieses Ethos wie auch die Diskussion um anwendungsorientierte Forschung zu schärfen. Anwendungsorientierte Forschung wird hierbei als „fuzzy concept“ und als mit wissenschaftlichen Methoden durchgeführte Forschung verstanden, deren Referenzkriterien auch außerhalb des wissenschaftlichen Feldes, in der Regel bei den Auftraggebenden, liegen. Weiterhin ist anwendungsorientierte Forschung durch Interaktion mit nicht wissenschaftlichen Akteuren und eine auf den jeweiligen Kontext begrenzte Gültigkeit der Aussagen, in der Regel auch Aussagen in Form von Handlungsempfehlungen, charakterisiert. Weitere häufige, aber nicht exklusive Merkmale sind Interdisziplinarität und externe Finanzierung.
Im Mittelpunkt steht hier anwendungsorientierte Forschung, die von in wissenschaftlichen Organisationen, also Hochschulen und Forschungseinrichtungen durchgeführt wird, wobei hier das Augenmerk auf sozialwissenschaftliche Forschung gerichtet ist. (...) Dabei können Mertons Normen dazu dienen, den aktuellen Entwicklungen in der Wissenschaft selbst wie auch der Reflexion über die Rolle der Wissenschaft einen Spiegel vorzuhalten. Der Anspruch ist dabei ein explorativer. Es geht darum, Trends und Spannungsfelder herauszuarbeiten. Damit wird insofern Merton gefolgt, indem nicht nach der Begründung für ein Ethos gesucht wird, sondern vor dem Hintergrund der wachsenden anwendungsorientierten Forschung gefragt wird, inwieweit sich Konturen eines veränderten Ethos erkennen lassen. Als Bezugspunkt wird auf die Merkmale anwendungsorientierter Forschung zurückgegriffen: an der Praxis ausgerichtete Fragestellung und Zielsetzung, Interaktion mit gesellschaftlichen Akteuren, normative Aspekte, Kontextualisierung und Dekontextualisierung, externe Finanzierung und Interdisziplinarität.
Vorsitzender des Gerhard Weisser Instituts und Leiter der Studiengruppe Industriepolitik als Senior Research Fellow am Institut Arbeit und Technik (IAT) der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen.
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