4., aktualisierte und erweiterte Auflage
350 Seiten
28,00 EUR
(inklusive MwSt. und Versand)
ISBN 978-3-7316-1552-1
(19. September 2023)
Die Debatte um die Arbeitszeitgestaltung ist wieder aufgeflammt. Globalisierung, Digitalisierung, Arbeit 4.0, Home-Office sind die Entwicklungen, die die Gestaltung von Arbeit und Arbeitszeit beeinflussen und verändern. Noch mehr Mobilität und Flexibilität werden für die Zukunft gefordert. Die Gestaltung von Arbeit und Arbeitszeit ist eine anspruchsvolle, oft konfliktträchtige Aufgabe; zum einen, weil sie die Existenzsicherung und die Wahrnehmung außerberuflicher Lebensbereiche berührt; zum anderen, weil nicht nur unterschiedliche Interessen zwischen Arbeitgebern und Beschäftigten bestehen, sondern auch innerhalb der Gruppen Interessenlagen divergieren. Im Zuge der Debatte zur Flexibilisierung wird der Arbeits- und Gesundheitsschutzgesetzgebung vorgeworfen, sie passe nicht mehr in die heutige Arbeitswelt. Schutzregelungen (z.B. Höchstarbeitszeiten, Ruhezeiten) werden zur Disposition gestellt. Die Gesundheit der Erwerbstätigen bei der Arbeit physisch, psychisch und sozial zu schützen, erfordert auch zukünftig staatliches und gesetzgeberisches Handeln, indem Schutzziele und -standards, Verfahren und ggf. Maßnahmen fortgeschrieben werden. Auch zukünftig wird man auf arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse nicht verzichten wollen und können.
In der gegenwärtigen Situation stellt sich die Frage, welche arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse sich verdichtet haben, die auch für zukünftige Arbeitszeitgestaltungen in die Betrachtung einbezogen werden sollten. Dazu leistet die vorliegende Veröffentlichung einen Beitrag: Zum Thema ausgewiesene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stellen grundlegende Erkenntnisse einerseits zu verschiedenen Aspekten der Arbeitszeit vor, wie Höchstarbeitszeiten, Umfang, Lage und Verteilung von Arbeitszeiten, Pausen und Erholzeiten, Ruhezeiten, Wegezeiten etc., andererseits aber auch zum Zusammenhang von Arbeits- und Arbeitszeitgestaltung sowie zur juristischen Bewertung und Ausgestaltung von Arbeitszeitgestaltungen. Die Beiträge sind für die Praxis geschrieben, das heißt, die Veröffentlichung wendet sich an alle Beschäftigten sowie an alle Akteure, die in den Betrieben aber auch überbetrieblich mit der Arbeitszeitgestaltung befasst sind, sowie sonstige Akteure im Arbeits- und Gesundheitsschutzsystem."Wann und wie lange muss ich arbeiten? Wie selbstbestimmt kann ich mir die Arbeitszeit einteilen? Kann ich nach der Arbeit gut abschalten? Der Klassiker im Ringen um gute Arbeitsbedingungen ist und bleibt die Arbeitszeit. Gewerkschaften und Personalräte müssen hier einen verlässlichen Rahmen erstreiten, zum Beispiel durch Tarifverträge oder Dienstvereinbarungen. Im Sinne der Beschäftigten muss dabei sowohl mehr Arbeitszeitsouveränität als auch ein guter Arbeitsschutz erreicht werden.
Das ist nicht immer einfach. Aber für die Praxis in Betrieben und Dienststellen leistet der Sammelband "Arbeitszeit gestalten" einen wichtigen Beitrag. 25 Autorinnen aus der Wissenschaft, aus dem Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie aus den Gewerkschaften stellen Erkenntnisse zu einem bunten Strauß an Arbeitszeitthemen vor. Es geht um Schichtarbeit, um Arbeitszeitkonten und in verschiedener Hinsicht über den Zusammenhang von Arbeitszeit und Gesundheit. Die Beiträge sind für die Praxis geschrieben und gehen oft auch auf den rechtlichen Rahmen der Arbeitszeitgestaltung ein. Soeben erschien eine aktualisierte und erweiterte Neuauflage des Buches. Es ist äußerst hilfreich, wenn man der Arbeit wieder das richtige Maß geben will."
"Bei dem vorliegenden Werk handelt es sich um eine Sammlung kurzer Beiträge zum Thema Gestaltung der Arbeitszeit (nach deutscher Rechtslage) aus verschiedenen Perspektiven. Die Autorinnen entstammen ganz unterschiedlichen Berufsfeldern. Unter ihnen sind Juristlnnen, Psychologinnen, Sozialwissenschaftlerlnnen, eine Volkswirtin und Politikwissenschaftlerin und auch ein Informatiker. Damit wird eine umfassende Betrachtung des Problemfeldes aus unterschiedlichen Blickwinkeln möglich.
Schwerpunkt ist die Debatte um Digitalisierung und Arbeit 4.0. Der technische Fortschritt verändert die Arbeitswelt. Daraus resultieren neue Forderungen an die Gestaltung der Arbeit und damit auch der Arbeitszeit. Die widerstreitenden Interessen (auch der einzelnen deutschen Gewerkschaften) bei der Arbeitszeitgestaltung werden dargestellt. Anhand zahlreicher Studien (z.B. Arbeitszeitreport der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Weißbuch Arbeiten 4.0 vom Bundesarbeitsministerium) werden die Zusammenhänge von Arbeitszeit, Ruhepausen und Ruhezeiten mit Gesundheit, Zufriedenheit und dem sozialen Leben der Beschäftigten dargelegt. Betont wird die Notwendigkeit, arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse in die praktische Gestaltung der Arbeitszeit einzubeziehen und entsprechende Gefährdungsbeurteilungen regelmäßig durchzuführen. Wichtig ist den Autorinnen in diesem Zusammenhang die Durchführung einer kontinuierlichen und lückenlosen Arbeitszeitdokumentation und -kontrolle, die Berücksichtigung von Rhythmen, denen Menschen - insb. im Bereich der Schichtarbeit - unterworfen sind, sowie der Wert der Erholung.
Jeder Aufsatz weist einen umfangreichen Literaturkatalog auf und macht somit das Auffinden der jeweiligen zu Grunde liegenden Studien und Belege einfach. Somit handelt es sich insgesamt um ein buntes Kaleidoskop zum Thema Arbeitszeitgestaltung, das insb. in Hinblick auf die zahlreich angeführten Studien und arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse durchaus von Interesse ist.
"Das Buch "Arbeitszeit gestalten: Wissenschaftliche Erkenntnisse für die Praxis" trägt den Hinweis auf Erkenntnisse für die Praxis zu Recht. Das Thema Arbeitszeit wird aus so vielen verschiedenen Blickwinkeln betrachtet, dass es für viele Anwendungsbereiche die passenden Anstöße und Erkenntnisse bereithält.
Aus Sicht einer Fachkraft für Arbeitssicherheit sind die Anregungen zum Thema Gefährdungsbeurteilung besonders lesenswert. Führungskräfte im Personalbereich finden Anregungen, das Thema Arbeitszeit dauerhaft in ihre Personalentwicklungsstrategien einzubeziehen. Besonders spannend sind auch die in vielen Abschnitten dargestellten Veränderungen von Arbeitszeiten im Spannungsfeld von Digitalisierung und Arbeit 4.0. Arbeitszeitfragen in beschleunigten Zeiten und die immer weiter wachsenden Erreichbarkeitsanforderungen für Beschäftigte sind nur zwei Beispiele für Veränderungen im Bereich Arbeit 4.0.
Sind Flexibilität und Autonomie wirklich gut für die Work-life-balance? Auch auf diese spannende Frage gibt es Antworten. Das Buch ... schafft es, nahezu keinen Aspekt von Arbeitszeit unbetrachtet zu lassen. Dieser umfassende Blick in der Thema Arbeitszeit macht es für Menschen, die ihre eigene Arbeitszeit überdenken möchten, aber auch für Menschen, die ihren Beschäftigungen optimale Gestaltungsfreiräume für Arbeitszeit bieten wollen so wichtig, dieses Buch zu lesen."
"Gegen den digitalen Terror
Der nächste Sammelband, in dem es um die rasant zunehmende Zerstücklung unserer Lebenszeit im Zuge fortschreitender Digitalisierung geht, versammelt Fachleute aus dem engeren Bereich von Arbeitsrecht, Arbeitschutz und Arbeitsmedizin. Sie wollen hier ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse für die Praxis nutzbar machen. Das im Titel deklarierte Ziel: "Arbeitszeit gestalten". Die ersten Beiträge wirken fast zu konkret, zu technokratisch, und die vielen Details stammen aus Deutschland. Aber sind Gesundheitsgefährdungen hierzulande geringer, die Entwicklungstendenzen anders? Es sind alarmierende Befunde. Vermutlich stehen wir in der Schweiz, was den rechtlichen Rahmen oder Mitbestimmung betrifft, deutlich schlechter da. Was während Jahrzehnten erkämpft wurde, erodiert. Wer wehrt sich für die Ruhezeiten? Gewerkschaften befinden sich in der Defensive, selbst Beschäftigte wollen mehr Flexibilisierung. Die klassische Anstellung mit klaren Regeln scheint zum Auslaufmodell, die "Arbeit auf Abruf" zum Normalfall zu werden. Arbeitszeit wird ausgeweitet und in den Privatbereich verschoben. Die ständige Erreichbarkeit empfinden heute viele als normal, den Stress als persönliches Problem.
Aber es geht um grundlegende Veränderungen. "Zeit ist nicht vermehrbar." Erwerbsarbeit bestimmt durch "Umfang und Lage der Arbeitszeit" zugleich andere Lebensbereiche "wie Schlaf und Erholung, Familienleben, Freizeit, Kontakt mit Freunden sowie Teilhabe am kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Leben." Friedhelm Nachreiner beschreibt den "sich selbst aufschaukelnden Prozess" einer Zeitmobilität, die nicht selten auch "zu sozialer Isolierung" führt. Dies dürfe in einer Demokratie nicht gleichgültig hingenommen werden. Nach den dazu vorliegenden Forschungsergebnissen sei die gesetzlich mögliche Höchstarbeitszeit "eindeutig nicht mehr risikofrei." Schon durch Schichtarbeit, Arbeit am Abend oder an Wochenenden wird Eigenleben eingeschränkt, nehmen gesundheitliche Beeinträchtigungen und Unfälle zu. Jüngere sehen den Abbau von Regelungen eher als Befreiung, während "ältere Mitarbeiter erfahrungsbedingt häufig einsichtiger" sind.
Am spannendsten ist der Schlussteil, wo es etwa um mobile Arbeit "in der Crowd" geht. Da wird gezeigt, dass Arbeitsschutzbestimmungen kaum mehr greifen, von den Unternehmen unterlaufen, politisch nicht durchgesetzt werden. Die globalisierten Geschäftsprozesse, "die Kunden", auch "Bedürfnisse der Beschäftigen nach selbstbestimmter Zeitgestaltung", ja "die IT-Techniken selbst" liessen die geltenden Regeln als nicht praktikabel erscheinen, fasst Wolfram Berger die Argumente der "Arbeitgeber und Personalmanager" zusammen. Es gebe wohl keine andere "gesellschaftlich anerkannte Berufsgruppe, die so offen gegen bestehende Gesetze polemisiert" und "sogar zugibt, dass sie diese zumindest punktuell ignoriert." Das soll nun neoliberal "legalisiert" werden. Dem ist nur mit einem alternativen Modell, einem grundsätzlich "anderen Arbeits- und Zeitbegriff" erfolgreich zu begegnen. Die wirtschaftliche wie technische Entwicklung erlaubte längst jene geschlechter- und auch sonst gerechtere "Teilzeitarbeit für alle", die Frigga Haug vor Jahren skizziert hat. Doch da geht es dann um Macht, wie Michael Fischer festhält, und der Streit um die zukünftige Arbeitszeitpolitik führt zur Frage, "wie wir leben wollen."
Arbeitszeitgestaltung in der neuen Arbeitswelt – Positionen zum Reformbedarf
Arbeitszeiten in Deutschland – Struktur und Entwicklungstendenzen
Rechtliche Voraussetzungen zur Regulierung von Arbeitszeit
Gefährdungsbeurteilung und Arbeitszeit
Integration der Arbeitszeit in die Gefährdungsbeurteilung nach dem Arbeitsschutzgesetz
Arbeitszeitdokumentation
„Erholung“ – eine Voraussetzung für die erfolgreiche Anforderungsbewältigung in der digitalisierten und vernetzten Arbeitswelt
Arbeitspausen
Einfach mal Abschalten
Dauer der Arbeitszeit
Lage der Arbeitszeit
Arbeit auf Abruf – eine problematische Beschäftigungsform
Flexibles selbstorganisiertes Arbeiten: Herausforderungen für die Regulierung
Flexibilität und Autonomie in der Arbeitszeit: Gut für die Work-Life Balance?
Orts- und zeitflexibles Arbeiten – Empirische Befunde zu Chancen und Risiken
Arbeitszeitkonten – Regulierte Flexibilität durch kollektive und individuelle Vereinbarungen
Arbeitsbezogene Mobilität und Gesundheit
Schöne neue Arbeitswelt?
Arbeitswissenschaftliche Anmerkungen zur Diskussion um die „Vier-Tage-Woche“
Die Vier-Tage-Woche ohne Zeitausgleich aus arbeitsschutzrechtlicher Sicht
Gesunde Arbeitszeitgestaltung in der digitalen Transformation
Arbeitszeitgestaltung in der digitalen Transformation
Erweiterte Erreichbarkeit: neue Potenziale außerhalb der Arbeitszeit
Arbeitszeitgestaltung aus Unternehmenssicht
Arbeitszeitfragen in beschleunigten Zeiten