Aus der Einleitung der Hg.:

Hagen Krämer führt in seinem Beitrag aus, warum das politisch zu adressierende Problem nicht die Verteuerung sozialer Dienstleistungen selbst ist, sondern die ungleiche Verteilung der Einkommenszuwächse, die mit der gesamtwirtschaftlichen Steigerung der quantitativen Produktivität verbunden sind. Ausgangspunkt dieser Einschätzung sind der oben bereits dargestellte Strukturwandel zugunsten des tertiären Sektors und die auf William J. Baumol zurückgehende These der „Kostenkrankheit“ sozialer Dienstleistungen. So hält Krämer fest, dass personenbezogene Dienstleistungen aufgrund unterschiedlich hoher Wachstumsraten der Arbeitsproduktivität tatsächlich stetig teurer werden; deren Bezahlbarkeit hält er aufgrund des gesamtwirtschaftlichen Produktivitätswachstums der letzten Jahrzehnte allerdings nicht für gefährdet. Problematisch sei dagegen die Abkoppelung gewisser Bevölkerungsgruppen vom gesamtwirtschaftlichen Fortschritt. Der Autor zeigt, dass die allgemeine Einkommensentwicklung in Deutschland seit Anfang der 1990er Jahre auch aufgrund der quantitativen Produktivitätsgewinne zwar positiv verläuft; gleichzeitig profitieren jedoch immer weniger Haushalte von diesen Zugewinnen. Während die Einkommen des obersten Dezils zwischen 1991 und 2017 deutlich anstiegen, gingen die Einkommen des untersten Dezils im selben Zeitraum leicht zurück. Damit auch einkommensschwache Haushalte weiterhin Zugang zu den teurer werdenden sozialen Dienstleistungen erhalten, sieht Krämer den Staat in einer doppelten Pflicht. Er hat zum einen die Erbringung dieser Dienstleistungen trotz weiter steigender Kosten zu gewährleisten, muss sie also stärker öffentlich kofinanzieren. Zum anderen hat er – über redistributive Maßnahmen – auch dafür Sorge zu tragen, dass die Dienstleistungen für alle Haushalte erschwinglich bleiben. Zu den Zielen, die aus Sicht Krämers anzustreben sind, gehört daher auch eine angemessene Entlohnung der Dienstleistungserbringer*innen. Aktuell debattierte Strategien, die im Kern auf Kostensenkungen abzielen, hält der Autor dagegen nicht für sinnvoll.