Joachim Möller
21 Seiten · 4,03 EUR
(07. Februar 2019)
Aus der Einleitung der Herausgeber:
Joachim Möller weist in seinem Beitrag auf den Widerspruch zwischen Ängsten über eine durch Digitalisierung und Roboterisierung hervorgerufene Massenarbeitslosigkeit und einer für Deutschland und andere führende Volkswirtschaften empirisch zu beobachtenden langfristigen Verlangsamung des Wachstums der Arbeitsproduktivität hin. In seiner detaillierten Analyse der Digitalisierung betont Möller nicht nur negative, sondern auch positive Seiten der Digitalisierung wie eine effizientere Energie- und Ressourcennutzung oder eine passgenauere Erfüllung individueller Bedürfnisse. Am stärksten durch die Digitalisierung gefährdet seien Arbeitsplätze, die durch repetitive bzw. Routinetätigkeiten gekennzeichnet seien. Dies gelte keineswegs nur für manuell-repetitive, sondern zunehmend auch für kognitiv-repetitive Tätigkeiten. Die Substituierbarkeit derartiger Jobs mit mittleren Qualifikationsniveaus durch Roboter sei eine wichtige Erklärung für den in den USA zu beobachtenden Abstieg der Mittelschicht.
In kritischer Auseinandersetzung mit den international einflussreichen Studien von Frey und Osborne, die fast jeden zweiten Arbeitsplatz für akut gefährdet und selbst Hochqualifizierte potenziell für verstärkt bedroht halten, begründet Möller seine weniger alarmistische Sichtweise, die deutlich niedrigere Gefährdungsraten impliziert. Am Beispiel des Kaminkehrers, der verstärkt zum Umweltmesser und Energieberater mutiert ist, illustriert der Verfasser, dass vielfach Berufe und die damit verbundenen Arbeitsplätze nicht vollständig verschwinden, sondern sich aufgrund der technologischen Entwicklung verändern. Überzogene Freisetzungsbedingungen gehen häufig von einer unveränderten Nachfrage aus. Technischer Fortschritt führe jedoch zu Produktinnovationen und/oder Kosten- und Preissenkungen, die einen Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage hervorrufen. Sollten die damit verbundenen positiven Beschäftigungseffekte nicht ausreichen, die Freisetzungseffekte zu kompensieren, bliebe, wie bereits von Keynes betont, der Ausweg einer stärkeren Arbeitszeitverkürzung.
Die zentrale Gefahr der digitalen Revolution sieht Möller weniger in negativen Beschäftigungseffekten als in den Verteilungswirkungen. Die hohen Skalenerträge der modernen Informations- und Kommunikationstechnologien mit ihren "The winner takes it all" Konsequenzen haben, ausgehend von den USA, zu einem deutlichen Anstieg der Ungleichheit in der Einkommens-und Vermögensverteilung beigetragen, der entgegengewirkt werden sollte, bevor sie demokratiegefährdende Ausmaße annimmt.
seit 1991 Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Regensburg, seit 2007 Direktor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit (BA).