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Wettbewerb als Gerechtigkeitskonzept

Kritik des Neoliberalismus

491 Seiten ·  38,00 EUR (inklusive MwSt. und Versand)
ISBN 978-3-89518-833-6 (November 30, 2010) )

 

Das Prinzip Markt, die Rechtfertigung unbedingten, wechselseitig vorteilhaften Vorteilsstrebens zwischen Homines oeconomici, ist ethisch gescheitert: Der Ökonomismus, der das Prinzip Markt als Moralprinzip auszuweisen versucht, markiert eine Ethik ohne Moral und läuft auf eine Antiethik des Rechts des Stärkeren hinaus. Doch gibt es ein weiteres marktapologetisches Rechtfertigungsmuster, welches dem Generaleinwand gegenüber dem reinen Ökonomismus, eine Ethik ohne Moral zu repräsentieren, nicht unterliegt: Diese Position lässt sich als "Neoliberalismus" fassen. Dieser setzt, statt am Vorteilstausch, am Epiphänomen des Wettbewerbs an. Die Pflicht, die er uns auferlegt, ist dabei eine einzige: für wettbewerbliche Verhältnisse zu sorgen. Denn der Wettbewerb neutralisiere Macht, beseitige Diskriminierung und sorge für einen wachsenden Wohlstand für alle, wozu "Chancengleichheit" herzustellen sei. Überdies werden ihm - als einem "Entdeckungsverfahren" - normative Erkenntnisfunktionen zugesprochen.

Die Arbeit fußt auf den Grundannahmen einer integrativ verstandenen Wirtschaftsethik, die die bislang in der Regel bloß implizite Normativität ökonomischer Theorien kritisch klären will. Dabei wird nicht nur eine basale, dem Anspruch nach klarere Theorie des Wettbewerbs entwickelt (die eher an den Austrians als am Mainstream anknüpft), sondern auch der Wettbewerb als untaugliches Konzept der Gerechtigkeit erwiesen. Auch eine Marktapologetik qua Wettbewerbsapologetik scheitert. Der Wettbewerb taugt nicht zum Prinzip des ethisch Richtigen. Die Frage nach dem Wettbewerb ist vielmehr eine Frage des Maßes. Dieses Maß zu bestimmen ist Aufgabe demokratischer Politik. Dieser will die Arbeit Orientierung bieten.


Sowohl in der ökonomischen Theorie wie in der politischen Ideengeschichte liberaler Provenienz stellt der Begriff des Wettbewerbs eine zentrale Kategorie dar. Dieser herausgehobene Status gilt dabei teils in explanatorischer Hinsicht, so bei der Erklärung von Fehlfunktionen in Marktprozessen, und teils unter normativen Aspekten, wenn Einschränkungen des Wettbewerbs als gesellschaftsschädlich behauptet werden. Auch in der politischen Theorie wird vielfach von einem internen Zusammenhang zwischen Freiheit und Wettbewerb ausgegangen, weil der - unverzerrte - Wettbewerb die Anpassungsfähigkeit von Systemen steigere und Monopolbildungen verhindere. Auf Basis dieser dem Wettbewerb zugeschriebenen Eigenschaften werden dann - explizit in neoliberaler Perspektive - (wirtschafts-)ethische Konsequenzen gezogen, die dieses Interaktionsmuster zum übergreifenden Vorbild nicht nur in Marktbezügen erklären. Mit beiden Ansprüchen, der ökonomischen Erklärungslogik und dem impliziten Normativismus der Wettbewerbsverfechter, setzt sich der Autor ebenso gründlich wie kritisch auseinander. In einem ersten Schritt entwickelt er die begriffliche Basis einer Tausch und Wettbewerb differenzierenden Markttheorie. Gegen das Standardpostulat der Wertfreiheit von Sozialwissenschaften setzt er in methodologischer Hinsicht das normative Konzept einer integrativen Wirtschaftsethik und unternimmt dann eine dezidierte Kritik der affirmativen Voraussetzungen gängiger Wettbewerbstheorien. Im abschließenden, umfangreichsten Kapitel befasst er sich mit unterschiedlichen, auch in der politischen Theorie vertretenen Spielarten ökonomistischer Markt- bzw. Wettbewerbsethiken. Im Kern geht es dem Autor um die Formulierung einer Ethik des Wettbewerbs, die wesentlich auf Begrenzung zielt. Diese Begrenzung sollte zum einen sektoral als Entökonomisierung gesellschaftlicher Bereiche ansetzen, die - wie die Bildung - mehr und mehr unter Marktdruck geraten sind. Zum anderen argumentiert er ebenso für innerökonomische Wettbewerbsbegrenzungen durch Strategien der Entschleunigung und systematischen Berücksichtigung von Fairnessprinzipien.

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SWR2 Forum Buch
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Sonntag, 13.02.11
21:03 - 22:00 (57 Min.)

Ulrich Thielemann: Wettbewerb als Gerechtigkeitskonzept. Kritik des
Neoliberalismus, Metropolis Verlag, 492 Seiten, 38.00 (Christoph Fleischmann)

"Ulrich Thielemann ist Wirtschaftsethiker, Schüler des Begründers der 'integrativen Wirtschaftsethik' des emeritierten Sankt Galler Professors Peter Ulrich. Die integrative Wirtschaftsethik versucht den Ökonomen zu sagen, dass sie immer schon ethisch urteilten, dies aber zumeist verschwiegen oder sich ihrer ethischen Annnahmen gar nicht bewusst seien. In seinem neuen Buch wendet Thielemann dieses Modell auf den Wettbewerb an. Wirtschaftsethik heißt für ihn nicht zu fragen, wie man sich im wirtschaftlichen Wettbewerb etwas anständiger verhalten kann, sondern er will die implizite Ethik in der ökonomischen Konstruktion von Wettbewerb deutlich machen und kritisieren: Damit greift Thielemann unter anderem auch die Positionen an, die in der deutschen Politik besonders beliebt sind, die Positionen der neo- oder ordoliberalen Schule, der Gründungsväter der Sozialen Marktwirtschaft. Diese Positionen streben alle sozusagen ein Prinzip Wettbewerb an. Sie argumentieren niemals, es könne auch mal zu viel Wettbewerb herrschen, sondern dass der Wettbewerb unbedingt herrschen soll, möglicherweise nicht nur für das Wirtschaften, sondern auch für das Leben insgesamt, dann sei alles gut. Und die Argumente sind im wesentlichen drei würde ich sagen. Zum einen: das dient dem Wohlstand aller, das neutralisiert die Macht und Macht reimt sich immer auf Machtmissbrauch, und das führt zum Abbau von Privilegien. Die durchaus explizite Ethik der Wettbewerbstheorie sei demnach: man müsse Wettbewerb herstellen, damit die Segnungen des Marktes allen zu Gute kämen. Thielemann aber fragt nach dem, was dabei stillschweigend vorausgesetzt wird.

Die Lösung der Probleme sieht Thielemann nicht als die Aufgabe eines Wirtschaftsethikers. Der Ethiker könne nicht - vermeintlich wissenschaftlich fundiert - sagen, wie zu entscheiden sei. Er könne nur zeigen, welche Fragen zur politischen Diskussion ständen, dort müssten dann konkrete Abwägungen erfolgen. Diese Zurückhaltung, die dem politischen Raum sein Feld belässt, ist wohltuend. Und doch bleibt am Schluss von Thielemanns aufwändig argumentierendem Buch ein recht vager Ausblick. Da werden auf einmal wettbewerbskritische Positionen von so unterschiedlichen Autoren wie John Maynard Keynes, Elmar Altvater und dem neoliberalen Wilhelm Röpke und - man staunt - auch Angela Merkel als Wegmarken vorgestellt. Ist die Position, dass der Wettbewerb um anderer Güter willen zu begrenzen sei, nicht bereits common sense? ... Dass es eine Notwendidgkeit gibt, die Wirtschaftswissenschaft aus ihrer ethisch-philosophischen Blindheit zu befreien, hat Thielemann gezeigt. Von daher bleibt zu hoffen, dass er sein Anliegen jenseits von Sankt Gallen weiterhin gut vertreten kann."




the author
PD Dr. Ulrich Thielemann
Ulrich Thielemann Gründer und Direktor der Denkfabrik für Wirtschaftsethik (MeM) in Berlin, die sich für eine menschliche Umsetzung der Marktwirtschaft einsetzt; 2001-2010 Lehrbeauftragter für Philosophie und Wirtschaftsethik sowie Vizedirektor des Instituts für Wirtschaftsethik an der Universität St. Gallen; 2005-2015 Associate Professor of Business Ethics der Graduate School of Management der Universität Educatis, Altdorf, Schweiz. [weitere Titel]
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