"Die Wirtschaft der Gesellschaft" · Band 4
382 Seiten
34,80 EUR
(inklusive MwSt. und Versand)
ISBN 978-3-7316-1299-5
(Januar 2018)
"Stadtluft macht frei", auch heute noch. Städte bieten unzählige Möglichkeiten - je größer der Geldbeutel, umso mehr. In Stadtluft kann man Wohlstand erreichen und genießen. Sie lässt ärmere Menschen aber auch ihre Armut besonders spüren. Städte sind Motoren der Wohlfahrtsproduktion. Zugleich häufen sich in ihren Verwaltungen die Probleme öffentlicher Armut. Dem Zusammenhang von Stadtentwicklung und sozialräumlichen Ungleichheiten ist das vierte interdisziplinäre Jahrbuch "Die Wirtschaft der Gesellschaft" gewidmet. Darin untersuchen SozialwissenschaftlerInnen, wem in deutschen Großstädten Raum gegeben wird, sich frei zu entfalten, und wer in vernachlässigte Stadtviertel abgedrängt wird. ÖkonomInnen und GeographInnen diskutieren, wer sich wie städtischen Boden aneignet und wie sich dies auf die Chancenverteilung in der Stadt auswirkt. Im ethischen Diskurs geht es um Gerechtigkeitskriterien, anhand derer die Entwicklung sozialer Ungleichheiten in Städten und zwischen Regionen zu beurteilen ist.
"Zunächst war ich skeptisch, wird doch der Büchermarkt scheinbar überschwemmt von Veröffentlichungen zur Gentrifizierung, zur Verdrängung und auch zur Entwicklung der Immobilienpreise und Mieten. Aber dieser inhaltsreiche Band ist außergewöhnlich, weil er soziologische und ökonomische sowie raumwirksame Entwicklungen nicht nur reflexiv beschreibt, sondern ins Wesen der Vorgänge vorstößt und sich damit von der üblichen Phänomenologie der neoliberalen Beschreibung von gesellschaftlichen Zuständen äußerst wohltuend unterscheidet.
Fast bei jedem Beitrag hatte ich mir gesagt, den Beitrag musst du besonders erwähnen, der ist außergewöhnlich. Dann war es die Mehrheit der Beiträge, die dringend zum Lesen empfohlen werden. Die Dreiteilung der Herausgeber in Analysen und Kritik, Raumgerechtigkeit und Handlungsperspektiven ist aufgrund der Inhalte der einzelnen Beiträge eher irreführend, denn die Beiträge zur Analyse und Kritik erschöpfen sich mitnichten darin, sondern geben eine Reihe von Handlungsperspektiven, Lösungsmöglichkeiten und politischen Eingriffsmöglichkeiten, sowohl systemimmanent als auch manchmal dieses überschreitend.
Ein Buch für alle, die mehr über die Ökonomie der Immobilienwirtschaft und ihre sozialen Folgen wissen möchten. Für alle, die nicht nur die Gesellschaft beschreiben wollen, sondern ihre Wirkungszusammenhänge begreifen und ggf. verändern wollen.
Dafür werden in dem Sammelband vier zentrale Bereiche betrachtet, die den Herausgeberinnen mit Blick auf die Zukunft der Städte und ländlicher Räume als besonders relevant erscheinen:
(1) der Mangel an bezahlbarem, bedarfsgerechtem Wohnraum in prosperierenden Städten, (2) der ungleiche Zugang zu Wohnlagen und die damit verbundene Segregation städtischer Wohnviertel, (3) Unterschiede im Zugang der Bewohnerinnen zu kommunalen öffentlichen Gütern (z.B. ungleicher Zugang zu öffentlichen Räumen oder zur kommunalen Infrastruktur) sowie (4) die Polarisierung zwischen prosperierenden Städten einerseits und abgehängten, peripheren Regionen andererseits, die das Prinzip der gleichwertigen Lebensverhältnisse in peripheren Regionen in Frage stellen und zu sozialräumlichen Ungleichheiten beitragen.
Beeindruckend ist hierbei, wie umsichtig und gleichzeitig pointiert es die Herausgeberinnen geschafft haben, soziale Ungleichheiten auf verschiedenen räumlichen Ebenen (z. B. innerhalb einer Stadt, zwischen urbanen Zentren und ländlichen Regionen) zu betrachten und verschiedene disziplinäre Sichtweisen (u.a. Sozialwissenschaften, Wirtschaftswissenschaften, Geographie, Stadtplanung sowie Ethik/Philosophie) zusammenzuführen. Dadurch gelingt es dem Sammelband, einen spannenden "Bogen" zwischen den einzelnen Beiträgen zu bilden und zum Weiterdenken (auch über die eigenen disziplinären Grenzen hinaus) anzuregen. Die Struktur des Sammelbandes, inklusive des sehr guten und übersichtlichen Einführungsbeitrags von Bernhard Emunds, Claudia Czingon und Michael Wolff, ermöglicht ein zielgerichtetes Lesen, da die vielfältigen Zugänge zum Thema der sozialräumlichen Ungleichheiten sehr gut abgebildet werden. Gleichzeitig finden sich die vier Argumentationsstränge (siehe oben) sowie die unterschiedlichen räumlichen Ebenen in allen Teilen explizit wieder, so dass die Diskussionen über sozialräumliche Ungleichheiten immer "dichter" werden. ...
Im zweiten Teil des Sammelbandes ("Raumgerechtigkeit") geht es um die ethische Reflexion raumbezogener Gerechtigkeitsfragen. Dies ist aus meiner Sicht ein absoluter Mehrwert des Sammelbandes, da diese Perspektive - zumindest in raum- und planungswissenschaftlichen Diskursen - oftmals eher nachrangig betrachtet wird. Matthias Möhring-Hesse diskutiert in seinem Beitrag unterschiedliche Gerechtigkeitsansprüche an Städte, bevor Thorsten Meireis den Zugang zu und die Nutzung von öffentlichen Räumen aus ethischer Sicht reflektiert. Während die beiden Beiträge sich mit Ungerechtigkeiten des städtischen Raumes beschäftigen, konzentriert sich Martin Schneider in seinem Beitrag auf den gerechtigkeitstheoretischen Diskurs über räumliche Ungleichheiten zwischen Städten und ländlichen Räumen. Insgesamt gelingt es den Herausgeberinnen mit der Ausrichtung dieser drei Beiträge, die im ersten Teil des Sammelbandes identifizierten Phänomene und Ursachen sozialräumlicher Ungleichheiten aus ethischer Sicht zu reflektieren sowie neue Denkanstöße für die Entwicklung von Handlungsstrategien und Lösungsmöglichkeiten zu geben.
Insgesamt gelingt es den Herausgeberinnen aus meiner Sicht sehr gut, in dem Sammelband verschiedene disziplinäre Ansätze zusammenzubringen und die Debatte über sozialräumliche Ungleichheiten konstruktiv voranzubringen. Die Dreiteilung des Sammelbandes ist dabei sehr gelungen, obwohl viele analytische Beiträge auch konzeptionelle Ansätze enthalten und umgekehrt, so dass eine eindeutige Zuordnung nicht immer gegeben ist. Insgesamt schaffen es die Herausgeberinnen mit der Struktur und der überzeugenden Einleitung aber, die inhaltlichen Bezüge und Querverbindungen zwischen den einzelnen Beiträgen sehr gut herauszustellen und den Diskurs über sozialräumliehe Ungleichheiten zu vertiefen.
Verwunderlich ist lediglich, dass Stadtplanung als Disziplin relativ wenig Spielraum bei der Debatte zu Stadtentwicklung, sozialer Ungleichheit und Raumgerechtigkeit eingeräumt wird. An einzelnen Stellen wird zwar immer wieder die Rolle der Planung (z. B. Eingrenzung sozialräumlicher Ungleichheiten durch stadtplanerische Instrumente) betont, ein ausführlicher Diskurs über konkrete stadtplanerische Ansätze (und deren ethischer Reflexion) fehlt in dem Sammelband aber - leider - weitestgehend. Darüber hinaus wäre auch ein abschließendes, zusammenfassendes Kapitel wünschenswert gewesen, um die unterschiedlichen Perspektiven, Interpretationen und Auswirkungen der einzelnen Beiträge noch einmal grundsätzlich zu reflektieren. Aber auch ohne dieses Kapitel handelt es sich bei der vorliegenden Publikation um ein absolut lesenswertes und inspirierendes Buch, das zu einer konstruktiven interdisziplinären Debatte über sozialräumliche Ungleichheiten einlädt (S. 6).
"Der Sammelband von Bernhard Emunds u.a. analysiert umfassend die aktuellen Entwicklungen im städtischen und ländlichen Raum. Zudem werden politischer Handlungsbedarf, Lösungsansätze und Modelle aufgezeigt, die einen wichtigen Beitrag dazu leisten können, sozialen Zusammenhalt und (Raum-)Gerechtigkeit strukturell zu verankern und somit den sozialen Spaltungen entgegenzuwirken. Auf vier Aspekte fokussiert sich der Sammelband: 1. Das Fehlen bezahlbaren, bedarfsgerechten und ausreichenden Wohnraums in den Städten. 2. Die Segregation von Wohnvierteln. 3. Die Unterschiede im Zugang zu öffentlichen Gütern und 4. Die Polarisierung zwischen urbanen Zentren und abgehängten Regionen. Diese Aspekte spiegeln auch den interdisziplinären Grundansatz des Sammelbandes wider, der soziologische, ökonomische, politische und sozialethische Implikationen aufzeigt.
Neben Grundsatzbeiträgen zur Geschichte der Stadt, zu Stadtentwicklung, Wohnungsbaupolitik und den Ursachen räumlicher Segregation behandeln die weiteren Beiträge Raumgerechtigkeit, aber auch anhand konkreter Fallbeispiele städtischer (Fehl-)Entwicklung - etwa durch Gentrifizierung und Abbrüche in der industriellen Produktion - konkrete politische Vorschläge für eine gerechtere Eigentümerstruktur, eine Bodensteuerreform und eine nachhaltige Stadtpolitik. Hierin liegt eine der Stärken dieses Buches: Dringend notwendige Handlungsschritte für mehr bezahlbaren Wohnraum, für eine sozialere und gerechtere Gestaltung des Immobilienmarktes und für eine naturnahe Stadtgestaltung, etwa durch urbane Gärten und mit ihr eine Stärkung der Selbstversorgung, werden im Detail beschrieben und eingefordert. Ziel ist es, die Stadt zu einem guten Lebensraum für alle zu machen. Für die Erreichung dieses Ziels leistet der Sammelband einen pointierten Beitrag. Er mischt sich in die derzeit laufenden Auseinandersetzungen zur Zukunft einer "sozialen Stadt" ein. Wenn die Zukunft der Menschheit zu einem großen Teil in den Städten entschieden wird, stehen die Themen des Buches weiterhin auf der Tagesordnung und behalten ihre Aktualität."
Die europäischen Großstädte seit 1850
Zur politischen Ökonomie der Gentrifizierung
Jenseits von Parallelgesellschaft und Aufstiegsmythos
Die gebaute Umwelt als Finanzanlage
Börsennotierte Wohnungsunternehmen im Vergleich mit anderen Vermietergruppen
Abgehängt?
Gerechtigkeiten der Stadt
Recht auf Zugang
Spatial Justice angesichts abgehängter Regionen
Steigende Bodenrenten, Vermögensungleichheiten und politische Handlungsmöglichkeiten
Klamme Kommunen und der Wert öffentlicher Güter
Migrantische Unternehmen als Teil städtischer Regenerierung
Kirche findet Stadt – Ein Plädoyer für Mitverantwortung in der Stadtentwicklung
Zur Bedeutung grüner Infrastruktur in Städten am Beispiel urbanen Gärtnerns