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Beginnen wir mit dem Unmöglichen

Jacques Derrida, Ressourcen und der Ursprung der Ökonomie

"Wirtschaftsphilosophie"  · Band 1

168 Seiten ·  19,80 EUR (inklusive MwSt. und Versand)
ISBN 978-3-89518-840-4 (November 2010) )

 

Eine klare und detaillierte Gliederung des Bandes nimmt auch den mit Derrida nicht vertrauten Leser dabei an der Hand und führt ihn Schritt für Schritt in eine nicht immer leicht nachzuvollziehende philosophische Denkweise ein - regelmäßige Zwischenfazits des Autors erleichtern den Zugang zusätzlich.

Björn Wagner (BW), Dipl.-Politologe, Doktorand und Lehrbeauftragter, Universität Jena, im Portal für Politikwissenschaft, am 24.03.2011 www.pw-portal.de

Wer glaubt, das Denken der Dekonstruktion habe nur etwas mit - literarischen und philosophischen - Texten zu tun, wird hier eines Besseren belehrt. Die Wirtschaftswissenschaften etwa pflegen auf axiomatisch eingeführten Prinzipien aufgebaut zu sein - dem Prinzip der Nutzenmaximierung, der Knappheit, der Bedarfsdeckung, der Wirtschaftlichkeit -, aber Derridas Denken richtet sich gegen solche Ursprünge, und davon könnten Ökonomen sich durchaus eine Scheibe abschneiden, wie Enkelmann zeigt - unter anderem an Figuren und Konzepten wie Eigentum, Zeit, Reziprozität, oikos und vor allem: Gabe, mit einem eigenen kleinen Abschnitt über die "Gabe des Vertrauens", das heutzutage in aller Munde ist.

Günther Ortmann, Organisationstheoretiker und Professor für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre an der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg, in der "Revue für postheroisches Management" über Wolf Dieter Enkelmann, "Beginnen wir mit dem Unmöglichen. Jacques Derrida, Ressourcen und der Ursprung der Ökonomie". (abgerufen am 2.8.11)


Ökonomische Theorien machen in der Regel in umfassender Weise ein "Es gibt" zur Voraussetzung. Die Welt gibt es und die Natur mit all ihren Eigenschaften und ihren Gesetzen. Es gibt den Menschen mit einem bemerkenswerten Portfolio an Fähigkeiten. Es gibt Bedürfnisse und Leidenschaften, die Geschichte und die Vernunft. Und es gibt - die Ökonomie. In der Mehrheit sind es Naturgegebenheiten, aber auch meta-physische Prinzipien zählen zu diesen Vorgaben, auf denen die ökonomische Verwertungspraxis und ihre Theorien üblicherweise beruhen. Wie aber gibt es, was auf diese Weise einfach äußerlich vorgegeben zu sein scheint? Oder gefährdet, all das einfach als vorhanden vorauszusetzen, womöglich den Erfolg aller theoretischen und praktischen Bemühungen um die Rationalisierung der Ökonomie? Das sind die Fragen, die Jacques Derrida veranlasst haben, in seinem Werk Falschgeld - Zeit geben I das aus der Ethnologie stammende geistige Erbe der 'Ökonomie der Gabe' einer philosophischen 'De-konstruktion' zu unterziehen.

Zum Auftakt der neuen 'Reihe Wirtschaftsphilosophie' nimmt Wolf Dieter Enkelmann den weiten geistesgeschichtlichen Horizont der philosophischen Gedankenbewegung Derridas auf, um deren Bedeutung für die Zukunft der Ökonomie zu rekonstruieren. Der aktuelle Hintergrund ist dabei die Notwendigkeit, für den Umgang mit den Ressourcen der Weltökonomie neue tragfähige Perspektiven auszuloten. Was über die Erschließung der 'Gabe des Gegebenen' herauskommt, ist aber darüber hinaus ein klarer Begriff davon, worin Autonomie und Authentizität der Ökonomie ihren Ursprung haben.

Revue für postheroisches Management ()

"Philosophie halten die meisten Sozialwissenschaftler, und ganz besonders die Wirtschafts-, Organisations- und Managementwissenschaftler, für einen Produktionsumweg. Dabei könnten sie und auch Praktiker, Berater etc. so Manches von ihr lernen ? und es sich ersparen, so manches Rad der Reflexion noch einmal zu erfinden. Da fügt es sich, dass mir vor Kurzem zwei Bücher in die Hände gefallen sind, die da gegen den Strom schwimmen. ...

Wer glaubt, das Denken der Dekonstruktion habe nur etwas mit ? literarischen und philosophischen ? Texten zu tun, wird hier eines Besseren belehrt. Die Wirtschaftswissenschaften etwa pflegen auf axiomatisch eingeführten Prinzipien aufgebaut zu sein ? dem Prinzip der Nutzenmaximierung, der Knappheit, der Bedarfsdeckung, der Wirtschaftlichkeit ?, aber Derridas Denken richtet sich gegen solche Ursprünge, und davon könnten Ökonomen sich durchaus eine Scheibe abschneiden, wie Enkelmann zeigt ? unter anderem an Figuren und Konzepten wie Eigentum, Zeit, Reziprozität, oikos und vor allem: Gabe, mit einem eigenen kleinen Abschnitt über die "Gabe des Vertrauens", das heutzutage in aller Munde ist."




Die "Reihe Wirtschaftsphilosophie", die mit diesem Band eingeleitet wird, verfolgt das Ziel, "das Potenzial [...] philosophische[r] Reflexionen für die ökonomische Praxis" (6) zu erschließen. Dies gilt selbstverständlich auch für die ökonomische Theorie. Der erste Band widmet sich den Überlegungen Derridas zur "Ökonomie der Gabe" und dem Ursprung der Ökonomie - und allgemeiner, gemäß der Methode der Dekonstruktion, seiner Frage, ob und warum die Ökonomie überhaupt existiert. Angesichts des jahrelangen Redens von Sachzwängen und den Erfordernissen einer vermeintlich externen Globalisierung ist dies ein willkommener Beitrag zur kritischen Reflexion im Rahmen von Wirtschaftskrise und verschärften sozialen Ungleichheiten. Die Untersuchung geht auf ein Seminar des Verfassers zu Derridas "Falschgeld" zurück und konzentriert sich dabei vor allem auf seine Überlegungen zur "Ressourceologie". Dies schadet der Darstellung allerdings nicht, sondern erlaubt dem Autor, im Detail nachzuzeichnen, wie Derrida "systematisch all jene vielfältigen faktischen Existenzbedingungen und Voraussetzungen der betriebs- und volkswirtschaftlichen Ökonomik, die diese als äußerlich vorgegeben abhandelt," (143) aufhebt. Eine klare und detaillierte Gliederung des Bandes nimmt auch den mit Derrida nicht vertrauten Leser dabei an der Hand und führt ihn Schritt für Schritt in eine nicht immer leicht nachzuvollziehende philosophische Denkweise ein - regelmäßige Zwischenfazits des Autors erleichtern den Zugang zusätzlich. Dieser schrittweise Aufbau hat indes den Nachteil, dass gewisse zentrale Grundbegriffe - etwa die Frage, was Derrida eigentlich unter "Gabe" versteht - zuweilen erst verständlich werden, wenn man einen Großteil des Buches gelesen hat. Als Nachschlagewerk in die Philosophie Derridas somit weniger geeignet, lässt sich der Band sowohl als Leitfaden für Seminare wie auch als Diskussionsgrundlage und Anregung für ökonomische und soziologische Forschung sehen, aufgrund der manchmal etwas anspruchsvollen philosophischen Ausdrucksweise allerdings nur begrenzt als Einführung für allgemein Interessierte.


the author
Dr. Wolf Dieter Enkelmann
Wolf Dieter Enkelmann † 21.5.2022, war Direktor des Instituts für Wirtschaftsgestaltung (Berlin/München), das sich der Profilierung der spezifischen Traditionen philosophischen Wirtschaftsdenkens widmet. [weitere Titel]
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