Wirtschaftspolitische Gesellschaft von 1947 e.V. (ed.)
Eingeleitet von Michael von Hauff und Heiko Körner
186 Seiten ·
19,90 EUR
(inklusive MwSt. und Versand)
ISBN 978-3-7316-1148-6
(September 2015
)
Bald nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, im Jahr 1947, hat sich in Frankfurt eine Gruppe politisch und pädagogisch interessierter Menschen zusammengefunden. Sie waren davon überzeugt, dass der Neuaufbau einer demokratischen Gesellschaft in Deutschland nicht allein durch institutionelle Initiativen auf der Ebene politisch-wirtschaftlicher Organisationen erfolgen, sondern auch durch gesellschaftspädagogische Bemühungen getragen werden sollte. Die Arbeit der Wirtschaftspolitischen Gesellschaft ist aus diesem Grunde primär als Bildungswerk konzipiert worden. Menschen, die sich in den neuen demokratischen Institutionen engagieren wollen, sollten mit den dazu notwendigen geistigen Ressourcen versorgt werden.
In diesem Sinne ging es dem Gründerkreis der Gesellschaft darum, durch die Untersuchung der Wechselbeziehungen zwischen Wirtschaft und Politik unter bildungspolitischem Aspekt Materialien und Gedanken zusammenzutragen. Sie sollten das Verständnis der sozialökonomischen Prozesse ermöglichen, die den Fortschritt in einer freiheitlichen und zugleich solidarischen Gesellschaft bedingen. Diese Grundposition hat gerade heute wieder im Hinblick auf die laufenden globalen Modernisierungsprozesse eine große Aktualität.
Unter dem Thema "Offene Welt" wurden Gedanken und Probleme diskutiert, die außerhalb der konventionellen, auf die Industrieländer bezogenen politischen und weltanschaulichen Programme lagen, indem auch die jungen außereuropäischen Länder und Gesellschaften einbezogen wurden. Im Rahmen der Diskussionen über sozialpolitische Reformen dachte man über Möglichkeiten nach, jenseits der bekannten Systemalternativen Markt und Plan durch eine genossenschaftliche Organisation des Wirtschaftslebens eine arbeitsfähige Synthese von freiheitlich-marktwirtschaftlichen und gemeinwirtschaftlich, auf sozialen Ausgleich orientierten Betriebsformen zu finden.
Die Beiträge dieses Bandes zeigen, dass sich die WIPOG der Problemstellung "Entwicklung von unten" schon sehr früh zugewandt hat. Daher erscheint es gerade in der heutigen, eher kurzlebigen Zeit lohnenswert, sich diesen Beiträgen wieder zuzuwenden. Natürlich hat sich die entwicklungspolitische Diskussion seit dem Erscheinen dieser ausgewählten Beiträge weiterentwickelt und ausdifferenziert. Man könnte also feststellen: Die entwicklungspolitische Diskussion erlebte in diesem Sinne sehr wohl einen Fortschritt. Die aktuelle Diskussion zu den Millennium Development Goals und ihre mögliche Neuausrichtung zeigt jedoch, dass das Fortschrittsparadoxon auch vor der entwicklungspolitischen Diskussion nicht haltgemacht hat: Der wissenschaftliche Fortschritt führt nicht immer auch zu einem Fortschritt für die betroffenen Menschen.