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Mein Leben im Kampf um die soziale Entwicklung Deutschlands (1931)

Herausgegeben und eingeleitet von Richard Bräu und Hans G. Nutzinger

"Geschichte der deutschsprachigen Ökonomie"  · Band 23

518 Seiten ·  28,00 EUR (inklusive MwSt. und Versand)
ISBN 978-3-89518-457-4 (October 2004) )

20 Fotos, Register

 
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Als die Autobiografie Lujo Brentanos kurz vor seinem Tod erschien, konnte er auf sechs Jahrzehnte aktiven wissenschaftlichen und politischen Lebens zurückblicken. Als Professor nacheinander an den Universität in Breslau, Straßburg, Wien, Leipzig und München tätig, entfaltete er vom Katheder und im wesentlich von ihm initiierten Verein für Sozialpolitik eine umfangreiche sozialpolitische und -reformerische Tätigkeit. Brentano war dabei einer der wenigen „liberalen Sozialreformer“, für die Sozialpolitik und Arbeitsrecht nicht einfach paternalistischer Schutz der Schwächeren bedeutete, sondern die gerade umgekehrt im Sinne eines konsequent praktizierten Liberalismus durch eine Gestaltung der Ordnungsbedingungen vor allem die abhängig Beschäftigten und deren Interessenvertretungen in den Stand setzen wollten, als gleichberechtigte und artikulationsfähige Verhandlungspartner gegenüber Wirtschaft und Staat aufzutreten.

In den lebendig geschriebenen Memoiren werden seine Auseinandersetzungen mit Bismarck wie auch mit Karl Marx, seine linksliberale Meinungsführerschaft im Verein für Sozialpolitik, die Gegnerschaft gegenüber der alten und neuen Feudalität wie gegenüber dem wirtschaftlichen Manchestertum, das Zusammengehen mit dem großen Althistoriker Theodor Mommsen für die Freiheit der Wissenschaft als auch bemerkenswerte Urteile über Wilhelm II. transparent. Das Ganze ist eine spannend zu lesende, überaus informative und quellenreiche Überschau seines gesamten Wirkens, in dem sich deutsche und Weltgeschichte, die Geburt und Entwicklung der deutschen Sozialpolitik und die Geschichte der Wirtschaftswissenschaft zu einer erstaunlichen Synthese verbinden.

Diese Selbstdarstellung Brentanos ist zum Verständnis seiner Person und seines Werkes deswegen von so großer Bedeutung, weil sie nicht nur über ein langes und reiches Gelehrtenleben informiert, sondern darüber hinaus wichtige Einsichten in die komplizierte Interaktion zwischen den zeitgenössischen ökonomisch-theoretischen Diskussionen und den gleichzeitig stattfindenden Auseinandersetzungen in Wirtschaft, Politik und Recht ermöglicht: Auf dem Hintergrund der tagespolitischen Auseinandersetzungen werden die „wissenschaftlichen“ Erörterungen und die dabei jeweils eingenommenen Standpunkte besser verständlich, und umgekehrt kann man auch die tagespolitischen Auseinandersetzungen jener Zeit besser und umfassender verstehen, wenn man sie nicht nur unter dem Gesichtspunkt erkennbarer wirtschaftlicher Interessen, sondern auch der theoretischen Denkmuster dieser Periode betrachtet.

European Journal of the History of Economic Thought (EJHET), Vol. 14 (2007), S. 388-394 ()

Richard Bräu and Hans G. Nutzinger have compiled a scrupulously representative selection of Brentano's political and intellectual thought that reflects the intention and breadth of Brentano's scientific achievements. The contribution in these volumes clearly illustrate Brentano's socio-politically motivated programme of historical and empirical research. His repeated references to the culture-specific nature of economic existence identify him as an early exponent of cultural economics.

Vierteljahrsschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 94. Band, Heft 1 (2007) ()

"Generationen von Ökonomen haben ihr Bild von den wirtschaftspolitischen Auseinandersetzungen und dem Beitrag, den die Professoren der Wirtschaftswissenschaften, die markanten Unternehmerpersönlichkeiten und Arbeitervertreter, die Beamten und die Presse in der Epoche leisten konnten, in der das Ansehen Deutschlands und der deutschen Wirtschaftswissenschaft auf einer besonderen Höhe stand, Lujo Brentanos Autobiographie entnommen. ... Unter den zahlreichen Autobiographien, die deutsche Gelehrte je geschrieben haben, ist diese eine der bedeutendsten. Die Herausgeber sprechen mit Recht von seiner persönlich einmaligen "Denk- und Anschauungsweise", von seiner erstaunlichen Beobachtungsgabe, aber auch von dem Preis, der für die Intensität der Darstellung zu zahlen war, nämlich der "notwendig subjektiven Perspektive des 'Selbstbeobachters'" (S. 12). Brentanos Herkunft und Lebensweg ließen ihn die Kontraste der Zeit erleben. Er war in der katholischen Tradition im deutschen Süden erzogen worden und verband sich vorwiegend mit protestantischen Preußen im "Verein für Socialpolitik", um seine sozialpolitischen Ziele zu erreichen. Er war aber ein entschiedener Liberaler im allgemeinpolitischen Sinn, in seinen wettbewerbspolitischen Vorstellungen und ganz besonders in der Zollpolitik, die ihn zur Scheckensfigur ostelbischer Agrarier machte.

Wer eine politische Autobiographie schreibt, neigt zur vaticinatio ex eventu - nach den Erinnerungen zu urteilen, hat Brentano richtig vorausgesehen. Da er aber viel schrieb, können wir meist feststellen, ob er zu Recht für sich in Anspruch nahm, richtig prophezeit zu haben. Die Herausgeber geben schöne Beispiele dafür, dass es tatsächlich der Fall war und er z.B. Anfang des Jahres 1914 eindringlich vor der Militarisierung Deutschlands und den gefährlichen indirekten Folgen eines Krieges für die ferne Zukunft warnte. Unerschöpflich scheint, was man von ihm über die Geschichte der Arbeiterfrage im 19. Jh. lernen kann; das Buch ist in dieser Beziehung eine ebenso schöne Einführung für den mit den wirtschaftshistorischen Zusammenhängen noch Unvertrauten wie eine Quelle der Vertiefung für Fortgeschrittene. Den ökonomischen Dogmenhistoriker beeindrucken die vielen geschilderten Begegnungen, allen voran vielleicht diejenige mit Carl Menger in Wien, der die Berufung Brentanos als eines Vertreters der deutschen historischen Schule ungeachtet seiner Liberalität als bittere Niederlage seiner österreichischen theoretischen Schule empfand. Viel lernt man über Schmoller, im Grunde ein Verbündeter, in wichtigen Einzelheiten doch oft ein Feind Brentanos. Die beiden verstanden es, zuletzt immer wieder zu edler gegenseitiger Anerkennung zu finden."

Junge Freiheit, 23.6.2006 ()

"Damit steht ein Zeitdokument wieder zur Verfügung, das zurückführt in die politischen und sozialen Konflikte des Zweiten Reiches, an denen Brentano als katholischer 'Kathedersozialist' und 'Gelehrtenpolitik' lebhaft Anteil nahm. Die Herausgeber bringen seine Ausnahmestellung in diesen Kämpfen auf den Punkt, wenn sie ihn mit seinen Mitstreitern vergleichen, den Nationalökonomen und Zentralgestalten des um Arbeiterschutz, Koalitionsfreiheit und Demokratisierung ringenden 'Kathedersozialismus', den Berliner Professoren Adolph Wagner und Gustav von Schmoller. Sahen diese beiden Preußen im 'sozialen Kaisertum' der Hohenzollern das wirksamste Sicherungsmittel für die Monarchie, lag Sozialpolitik für Brentano auf der Linie eines konsequent praktizierten Liberalismus. ... Brentano vergegenwärtigt ein breites Spektrum politisch-ideologischer Auseinandersetzungen, in die er mit Marx wie mit Bismarck geriet, die ihn im Kampf gegen den Manchesterliberalismus wie für die Wissenschaftsfreiheit zeigen. Der Leser wird so schnell mitten hineingestellt in Verwerfungen, die die 'erste Globalisierung' (Cornelius Torp) im 'Neuen Reich' auslöste."

Neues Deutschland, 16.6.2005, S. 13 ()

"... Die Mitglieder der Gruppe um Schmoller, Bücher und eben Brentano erkannten die tief greifenden sozialen Auswirkungen der Marktwirtschaft. Eigennutz als Antrieb menschlichen Handelns wird verknüpft mit ethischem Handeln, Anerkennung, Angst vor Strafe und gelebten Gewohnheiten in Recht und Moral. Vor diesem Hintergrund erhoben sie ihre Forderungen nach regulativen staatlichen Eingriffen, was ihnen, allerdings erst reichlich später, den Ruf einbrachte, geistige Väter 'sozialer Marktwirtschaft' der noch jungen Bundesrepublik gewesen zu sein. Zu ihren Lebzeiten als 'Kathedersozialisten' - nicht zuletzt wegen der Tätigkeit des durch sie ins Leben gerufenen 'Vereins für Socialpolitik' und dem Beachten der 'Arbeiterfrage' - bezeichnet, blieben ihnen in ihrem sozialen Engagement sozialistische Gedanken weitgehend fremd. Doch wie viel soziales Gefühl spricht allein aus jenem Denkansatz von Nationalökonomie, den Brentano als 'das dringende Bedürfnis' bezeichnet, 'Wirtschaftsleben auch vom Standpunkt der Hungernden wissenschaftlich zu durchforschen' ...

Bleibt die Frage, warum die Lebenserinnerungen des Lujo Brentano ... über den Rahmen wissenschaftsgeschichtlichen Interesses hinaus gegenwärtige Bedeutung erlangen könnte. ...

So gesehen reiht sich die Publikation der Lebenserinnerungen Brentanos ein in den Strom, der zusammenführt, was Gemeinsames in Denkansätzen hat: Eine Ablehnung des Neoliberalismus und der fast götzenhafte Anbetung jener Globalisierung, die durch die 'reinen' Kräfte des Marktes zur gigantisch anmutenden Umverteilung gesellschaftlich produzierten Reichtums und damit zu Armut für Viele führt. Und damit gewinnt die - häufig als wichtigstes Werk Brentanos bezeichnete - Lebensrückschau eine weit über wissenschaftshistorisches Interesse hinaus gehende aktuelle Dimension. ...

Die auch durchaus vergnügliche Lektüre des Bandes unterstreicht jene Einschätzung über Brentano, die Jürgen Kuczynski 1977 traf: 'Er war einer der erstaunlichsten Gesellschaftswissenschaftler der Bourgeoisie im letzten Drittel des 19. und im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts.' ..."



Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 20.2.2005, S. 42 ()

"In den Debatten über den deutschen Sozialstaat wird häufig auf dessen ehrwürdiges Alter verwiesen, das Reformen erschwere. Da liegt es nahe, sich bei einem Zeitzeugen zu erkundigen, der die Entstehung des Sozialstaats und die damit verbundenen politischen Auseinandersetzungen erlebt hat. Lujo Brentano (1844 bis 1931) gehörte zu den bekanntesten deutschen Ökonomen, die sich zu jener Zeit für eine aktive Sozialpolitik einsetzten und darüber auch Streit nicht scheuten. Gegen Ende seines Lebens hat Brentano Erinnerungen verfaßt, die, obgleich gelegentlich etwas weitschweifig, faszinierende Einblicke in die Zeit gestatten. Und der Leser erkennt vielleicht etwas verblüfft: Die heutigen Argumente pro und contra einer Sozialstaatsreform schlugen sich die damaligen Kombattanten schon vor mehr als 100 Jahren erbittert gegen die Köpfe."

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.1.2005 ()

"... Man braucht sich in dem umfangreichen Werk nicht auf übermäßige Eitelkeit gefaßt zu machen. Was den Leser erwartet, ist ein elegant geschriebener; kultivierter und oft selbstkritisch vergnüglicher Rückblick, der das Persönliche mit dem Wissenschaftlichen und der Politik verzahnt vom eigenen Werdegang bis hin zur "sozialen Frage" und zum Methodenstreit. Brentano (1844 bis 1931) sprengt jedes Klischee: als Anhänger des historischen Ansatzes, dem die theoretische Deduktion durchaus nicht fremd war, wie als Sozialreformer liberalen Geistes, der in tiefer Fehde mit Karl Marx lag. ... Das Buch, neu aufgelegt ..., begeistert als Zeitzeugenbericht."


the authors
Prof. Dr. Hans G. Nutzinger
Hans G. Nutzinger vertritt das Fachgebiet Theorie öffentlicher und privater Unternehmen am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Universität Kassel. Von 2000-2003 Fellow am Max Weber Kolleg in Erfurt. [weitere Titel]
Prof. Dr. Richard Bräu
Richard Bräu geb. 1938, Professor für Philosophie an der Universität Greifswald. Hauptforschungsgebiet Kultur- und Bildungssoziologie. [weitere Titel]
Lujo Brentano
Lujo Brentano Lujo Brentano wurde in eine der bedeutendsten deutschkatholischen Intellektuellenfamilien ursprünglich italienischer Abstammung hineingeboren. Er war Professor an den Universitäten Breslau, Straßburg, Wien, Leipzig und zuletzt München (1891–1914. Lujo Brentano war ein bedeutender Vertreter der Historischen Schule und Gründungsmitglied des Vereins für Socialpolitik. Sein Einfluss auf die Soziale Marktwirtschaft und auch persönlich auf die führenden Politiker der Gründungsphase der Bundesrepublik Deutschland (Theodor Heuss war sein Student) kann kaum überschätzt werden. [weitere Titel]
dem Verlag bekannte Rezensionen
  • His repeated references to the culture-specific nature of economic existence identify him as an early exponent of cultural economics.
    European Journal of the History of Economic Thought (EJHET), Vol. 14 (2007), S. 388-394 mehr...
  • "das Buch ist eine ebenso schöne Einführung für den mit den wirtschaftshistorischen Zusammenhängen noch Unvertrauten wie eine Quelle der Vertiefung für Fortgeschrittene." ...
    Vierteljahrsschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 94. Band, Heft 1 (2007) mehr...
  • "Damit steht ein Zeitdokument wieder zur Verfügung, das zurückführt in die politischen und sozialen Konflikte des Zweiten Reiches, an denen Brentano lebhaft Anteil nahm." ...
    Junge Freiheit, 23.6.2006 mehr...
  • "Er war einer der erstaunlichsten Gesellschaftswissenschaftler der Bourgeoisie im letzten Drittel des 19. und im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts." ...
    Neues Deutschland, 16.6.2005, S. 13 mehr...
  • "Der Leser erkennt verblüfft: Die heutigen Argumente pro und contra einer Sozialstaatsreform schlugen sich die damaligen Kombattanten schon vor mehr als 100 Jahren erbittert gegen die Köpfe." ...
    Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 20.2.2005, S. 42 mehr...
  • "Das Buch ... begeistert als Zeitzeugenbericht." ...
    Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.1.2005 mehr...
  • Junge Freiheit, 11.3.2005, S. 17
  • Zeitschrift für Politikwissenschaft, 2/0 2005, S. 515
  • Regards Sur L'Economie Allemande - Bulletin Économique Du CIRAC, Nr. 72 / Juli 2005
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