Fred Luks
"Ökologie und Wirtschaftsforschung" · Band 80
272
Seiten ·
16,80 EUR
(inklusive MwSt. und Versand)
ISBN
978-3-89518-704-9
(May 2010)
)
Die Lage scheint klar: Die Übernutzung der Natur gefährdet das Überleben der Menschheit. Das Problem ist nur: Über die "Rettung der Welt" (oder ihre Zerstörung) wird vor allem ökonomisch, kulturell und politisch entschieden, nicht naturwissenschaftlich. Ob und vor was die Welt gerettet werden soll, ist auch Interpretationssache. Das wird in Debatten über "Zukunftsfähigkeit" und "nachhaltige Entwicklung" oft übersehen. Vor diesem Hintergrund lässt sich das Buch auf viele Themen ein: Wachstum, Innovation, Glaubwürdigkeit, Effizienz, Glück, Knappheit, Partizipation, Gender, Klima, Humor, Ressourcen, Entschleunigung, Politik, Kunst, Nachhaltigkeitsforschung, unternehmerische Verantwortung, Rituale, Sprache, Verschwendung, Lebensstile, Reziprozität.
Der Text nimmt die "Nachhaltigkeit" in ihrer Allzuständigkeit also beim Wort. Ergebnis: Die fehlende Trennschärfe dieses Begriffs und die Kontingenz des Wissens über die Welt legen einen ironischen Zugang nahe. Um in Auseinandersetzungen über gesellschaftliche Entwicklungen überhaupt sinnvoll Position beziehen zu können, ist Ironie unerlässlich: Nur ironisch lässt sich das Wissen um Kontingenz mit Meinung und Engagement verbinden. Mit dieser Einstellung kann man die "Rettung der Welt" in neuem Licht sehen und Autoren befragen, deren Beiträge die Debatte über nachhaltige Entwicklungen neu befeuern können. Zum Beispiel: Agamben, Bataille, Freud, Heilbroner, Jullien, Keynes, Lennon/McCartney, Luhmann, Mauss, Rorty, Sahlins, Schumpeter, Sombart, Veblen. Mit Hilfe dieser Denker lässt sich Einiges wegräumen.
Was dann in Sicht gerät, ist Vieles - und nicht zuletzt dieses: Der naive Glaube an Effizienz ist ein wesentliches Hindernis auf der Suche nach menschen- und umweltgerechten Entwicklungen. Die "Rettung der Welt" erfordert deshalb in dreifacher Weise Großzügigkeit: als Überwindung von Effizienzverbissenheit, als Zulassen von Verschwendung und als Ächtung von Geiz. Großzügigkeit erweist sich als Kardinaltugend, und zwar sowohl im Hinblick auf den Umgang mit der Natur als auch im gesellschaftlichen Miteinander. Der moderne Wettlauf zwischen Knappheit und Wachstum, zwischen Mangelerfahrung und Expansion, kennt keine Ziellinie - und das führt in einer endlichen Welt zu Zerstörung. Diese Situation verlangt eine Auseinandersetzung mit der eigenen Endlichkeit, die das Rennen zwischen Mangel und Mehr wesentlich antreibt: Eine Gesellschaft, die in einer endlichen Welt gegenwarts- und zukunftsfähig sein will, muss endlich im Endlichen ankommen.
"Die globale Koalition der Weitermacher glaubt immer noch, in einer endlichen Welt sei unendliches Wachstum möglich, aber das effizientere Technik das Klima nicht retten kann und 'nachhaltiges Wachstum' ein Oxymoron ist, kann man mit dem Taschenrechner demonstrieren. Die großen Pläne zur Weltrettung scheitern am verwinkelten Instrumentarium westlicher Dekokratien, die individualistischen Lösungen sind nicht groß genug. Und der ökonomisch-ökologische Realismus mit seinen Reden vom Schrumpfen ist unattraktiv. Luks kennt so gut wie alle Theorien über dieses Trilemma und noch einiges mehr, und so verwickelt sein Essay den Leser in ein Gespräch mit Werner Sombart und Michael Jackson (Man in the Mirror), Keynes und Bataille, Krisentheoretikern, ökologischen Ökonomen und postmodernen Philosophen, Luhmann und Camus. Es geht dabei weniger um die Suche nach einem 'Dritten Weg', sondern nach einer haltbaren Haltung für die Jahrzehnte vor uns.
Dazu brauch es zunächst Realismus - im Blick auf die endliche Welt, aber vor allem auf uns, die Akteure in diesem großen Spiel um die Zukunft: denn es ist ja nicht nur das böse 'System' von Kapital und Konsum, das die Megamaschine antreibt und dabei tief in unsere Seelen greift. ... 'Ironie' und 'Großzügigkeit' - das ist die These des Buches - sollen hier helfen. Ironie, das heißt hier: illusionslos in der Analyse sein, radikal in den Zielen, einsichtsvoll gegenüber den eigenen, kleinen Handlungsmöglichkeiten - und dennoch zu agieren. ... Und 'großzügig' ist es, 'unökonomisch' denken zu üben... Die Wirtschaft von der guten Gesellschaft her denken. Nicht panisch die Welt retten wollen (mit alten Mitteln, Gedanken und Politiken), sondern von ihrem Überfluss auszugehen, vom wirklichen Reichtum der Welt. Uns, in der Post-Not-Welt, müsste es eigentlich leichtfallen."