2. überarbeitete Auflage
382 Seiten
34,80 EUR
(inklusive MwSt. und Versand)
ISBN 978-3-7316-1507-1
(13. Juni 2022)
Hardcover, 94 Abbildungen, davon viele in Farbe
Vollgeld-Initiative, Krypto-Währungen, Modern Monetary Theory... Seit der Finanzkrise ist die Frage nach einem anderen Geldsystem wieder intensiv in der Diskussion. Dabei sind die Ideen nicht neu, sondern haben ihre Wurzeln tief in der Geschichte der Geldtheorien. Über diese Wurzeln und die relevanten Traditionslinien gibt das Buch einen Überblick.
Es werden die zentralen Abschnitte der Geschichte der Geldtheorien vom 14. bis in das 20. Jahrhundert hinein vorgestellt und mittels einer im Verlaufe entwickelten Taxonomie miteinander verglichen. Die Darstellung beginnt mit knappen Überblicken zur Theorie-Geschichte, Geld-Geschichte und Geld-Theorie, ehe dann anhand von einzelnen Autoren die zentralen Gedanken der Geld-Theorie-Geschichte behandelt werden. Für die Zeit der Scholastik sind das Nicolaus Oresmius und Gabriel Biel. Aus der Neuzeit werden, beginnend mit Nikolaus Kopernikus, insbesondere John Law, Alexander Hamilton und Richard Cantillon behandelt. Die geldtheoretischen Diskussionen der ökonomischen Klassik, wie der Currency-School/Banking-School-Streit, werden anhand von David Hume, David Ricardo und Thomas Tooke diskutiert. Die deutschsprachige Tradition kommt mit Johann Heinrich Gottlob Justi, Adam Müller und Georg Friedrich Knapp zu Wort. Die marxistischen Diskussionen werden neben Karl Marx durch Rudolf Hilferding beleuchtet, ehe zuletzt mit Carl Menger, Irving Fisher und Joseph Schumpeter auch aus modernen Darstellungen bekannte Personen mit ihren Theorien betrachtet werden. Durch diese personenzentrierte und systematische Vorgehensweise ist auch eine nur ausschnittsweise Lektüre möglich.
... Erwähnung verdienen aber auch Autoren, die beachtliche Leistungen erbracht haben, aber gewöhnlich nicht in der ersten Reihe stehen. Als eine glückliche Entscheidung erweist sich so die Behandlung des mit Flugschriften ausgetragenen Sächsischen Münzstreits aus den Jahren 1530/1531, in dem erbittert die Argumente für und gegen Hart- und Weichwährungen ausgetauscht wurden. Lobenswert ist auch die, allerdings recht knappe, Vorstellung Jean Bodins, der sich Mitte des 16. Jahrhunderts mit der sogenannten "Preisrevolution" befasste, die er auf den Zufluss von Edelmetallen aus den neuen amerikanischen Minen zurückführte. Manche Fachleute sehen in Bodin den "Entdecker der Quantitätstheorie".
Eine außerordentlich interessante Person war auch Ferdinando Galiani, der in jungen Jahren mit "Della Moneta" ein für die Maßstäbe des 18. Jahrhunderts sehr interessantes Werk verfasste, das weit über die Geldtheorie hinausreicht. In deutscher Sprache ist "Della Moneta" im Jahre 1999 in einer von Werner Tabarelli sehr schön herausgegebenen Ausgabe erschienen. Im Rahmen des Marxismus wird auch Rudolf Hilferding behandelt, über dessen Hauptwerk "Das Finanzkapital" Greitens vor ein paar Jahren eine Monografie verfasst hat.
Was nützt die Beschäftigung mit alten Meistern? Der Dogmenhistoriker Bertram Schefold hat einmal daran erinnert, dass manche Altmeister wirtschaftliche Sachverhalte verständlicher erklären konnten als moderne Ökonomen, die häufig in mathematischen Modellen denken. Und viele scheinbar moderne Ansätze im Geldwesen besitzen weit in die Historie reichende Wurzeln.
Münzen sind der handgreifliche Teil von Wirtschaftssystemen und der Geld- und Wirtschaftspolitik eines Staates. Vielfach ist das Verständnis einer historischen (und nicht nur einer historischen) Münze an die Kenntnis solcher (wirtschafts-)politischer Zusammenhänge gebunden, man denke z.B. an die Münzemissionen aufgrund von Münzverträgen oder sogenannte Vereinsmünzen (mit Aufschriften wie "Vereinstaler" oder gar "2 Thaler VII eine f. Mark 3½ Gulden"). Und immer wurde und wird über die Geldsysteme und ihre mögliche Veränderung nachgedacht. Die Wurzeln dieser Überlegungen reichen in die Geldtheorien und deren Geschichte. Und genau damit beschäftigt sich ausführlich das vorzustellende Buch "Geld-Theorie-Geschichte".
Greitens stellt die zentralen Abschnitte der Geschichte der Geldtheorien vom 14. bis in das 20. Jahrhundert vor und vergleicht sie miteinander. Die Darstellung beginnt mit knappen Überblicken zur Theorie-Geschichte, Geld-Geschichte und Geld-Theorie, ehe dann anhand von einzelnen Autoren die zentralen Gedanken der Geld-Theorie-Geschichte behandelt werden. ...
Viel Theorie? Ja, aber lesbar aufbereitet, auch bebildert und gut gegliedert, so dass man sich entweder die gesamte Entwicklung oder einzelne Abschnitte vornehmen kann. Letztlich ist es schon so, dass man viele Phänomene der Münzverträge und damit der Münzentwicklung und der Banknotengeschichte besonders im 18. und 19. Jahrhundert besser versteht, wenn man sich mit dem theoretischen Hintergrund auch befasst. Greitens ermöglicht dies mit seinem Buch.
Angesichts der verwirrenden Vielfalt gegenwärtig diskutierter Theorieansätze, Politikempfehlungen und Reformvorschläge erscheint es angebracht, einen Blick auf die Geschichte der Geldtheorien zu werfen. Dies nicht zuletzt auch deshalb, weil einige der heute debattierten Ideen ihre Wurzeln in Theorien der Vergangenheit haben. Der Geldtheorienhistoriker Jan Greitens gibt in seinem Buch einen instruktiven Überblick über wichtige Erklärungen der Wirkungsweise des Geldes und relevante Traditionslinien vom 14. bis zum 20. Jahrhundert. Leider endet seine Darstellung 1918. Schumpeters Frühschriften sind die letzten Arbeiten, die behandelt werden. Das bedeutet, dass alle modernen Theorien außerhalb der Betrachtung bleiben. Der Autor begründet dies mit der Entwicklung der ökonomischen Theorie selbst, mit einer Akzentverschiebung in der Theorie, die zur Folge hatte, dass die Bedeutung monetärer Probleme abnahm (5). Dies mag für die Neoklassik zutreffen, nicht aber für die gesamte ökonomische Theorie. Greitens rettet sich mit der Behauptung, dass in den nach 1918 entwickelten Geldtheorien bestimmte Traditionslinien durchschimmern, auf die er am Schluss des Buches verweist (338). Dies nachzuvollziehen bleibt Aufgabe des Lesers. Schon deshalb lohnt sich die Lektüre seiner kenntnisreichen Darstellung.
Das Werk ist ein Lehrbuch. Die ersten drei Kapitel haben einleitenden Charakter. Erst im vierten Kapitel beginnt die chronologische Behandlung einzelner Autoren, Schulen, Texte und Themen. Die Auswahl der Autoren hat "etwas Beliebiges" (16) und lässt Vorlieben und Abneigungen des Autors erkennen. Erfreulicherweise findet man hier eine Reihe sonst eher vernachlässigter Forscher wie Nikolaus Kopernikus, Alexander Hamilton und Henry Dunning Macleod. Dafür fehlen aber andere, z. B. Ferdinando Galliani, Pierre-Joseph Proudhon, Georg Simmel und Silvio Gesell. Das Buch besitzt kein Sach- und kein Namensregister, was den Überblick erschwert, aber ein Literaturverzeichnis sowie 1189 Fußnoten und Quellenverweise. Es ist anschaulich illustriert und schön gestaltet. Hervorzuheben ist die gelungene Verbindung von theoretischen Aussagen mit wirtschaftshistorischen Fakten, das Verhältnis von Geld und Wirtschaft sowie von Geld und Gesellschaft. So gelingt es, theoretische Kontroversen wie die Bullionismus-Debatte oder die Auseinandersetzung zwischen Banking-School und Currency-Theorie historisch einzuordnen und von praktischen Problemen her zu verstehen. Ob die vom Autor verfolgte Unterscheidung der Geldauffassungen in Metallismus und Nominalismus als Grundschema taugt (132), soll dahingestellt bleiben. Auf jeden Fall führt die danach vorgenommene Eingruppierung einzelner Schulen und Ökonomen zu willkürlichen Zuordnungen. Kopernikus erscheint hier als Nominalist und Marx als Metallist, was kaum nachzuvollziehen ist (337). Der Aufbau der einzelnen Abschnitte, ihre Einteilung jeweils in Biografie, Textgeschichte, Textinhalt und Würdigung, ist angemessen. Die Textauswahl ist jedoch mitunter zu knapp bemessen. Dies hätte gelegentlich in der jeweiligen Würdigung korrigiert werden können. Zumeist beschränkt der Autor sich aber auch hier auf den zitierten Text. Einleitend argumentiert Greitens, dass die Volkswirtschaftslehre, indem sie sich "auf abstrakte Optimierungskalküle, ohne historische, gesellschaftliche und politische Bezüge" konzentriert, ihren "Charakter als Gesellschaftstheorie" verliert (19f.). Mit seinem Buch trägt er dazu bei, diesem Trend entgegenzuwirken. Wenigstens etwas. Darauf darf man hoffen.
Wer einmal versucht hat, Theorien über das Geld zu studieren, der weiß, wie leicht man sich dabei verlieren kann. Die Gefahr wird noch größer, wenn man zurück in die Geschichte blickt. Der Autor dieses Buches über die Geschichte der Geldtheorien ist sich dieser Gefahr sehr wohl bewusst und beginnt deshalb mit einer Beschreibung, was er alles nicht einbeziehen wollte oder konnte. Für den Leser und die Leserin ist wichtig zu wissen, dass moderne Geldtheorien nicht berücksichtigt werden, weil sie sich mit der philosophisch anmutenden Frage nach dem Wesen des Geldes nicht (mehr) befassen.
Fragen auf der Metaebene
Um dem Publikum eine gewisse Einordnung zu ermöglichen, werden im ersten Kapitel geschichtlich herausragende Definitionen der ökonomischen Wissenschaft aufgelistet, aber auch verschiedene dogmengeschichtliche Standpunkte zu der Frage, wie die Entwicklung dieser Wissenschaft in Zusammenhang mit der Wirtschaftsgeschichte dargestellt werden könnte oder sollte. Auch das zweite Kapitel, in dem die Geschichte des Geldes skizziert wird, trägt vorbereitenden Charakter. Traditionelle Begriffe des Geldwesens, wie Scheidemünze, Schlagschatz usw. werden leserfreundlich in separaten Kästen erläutert.
Im dritten Kapitel werden zentrale Fragen der Geldtheorie aufgeworfen: "Warum gibt es Geld und wie ist das Verhältnis zwischen Geld im engeren Sinne (Währung) und Geld im weiteren Sinne (Kredit)?" (S. 96). Greitens antwortet zunächst mit den allseits bekannten Geldfunktionen, die allerdings nur beschreiben, wozu Geld dient, aber auch keine "Wesensdefinition" liefern. Die Geldfunktionen (Tausch-, Zahlungs-, Wertaufbewahrungsmittel und Wertmaßstab) werden inhaltlich vertieft. In diesem Zusammenhang erfolgt der Hinweis, dass man eine reine Tauschwirtschaft, wie sie beispielsweise Marx am Anfang seines ökonomischen Hauptwerkes "Das Kapital" unterstellt, historisch angeblich vergeblich sucht - eine Analyse von Homers Illias zeigt etwas anderes.
Im weiteren Teil des dritten Kapitels, das die Gesamtüberschrift "Geld-Theorie" trägt, werden dann abgehandelt: Geldformen und Geldmengen sowie Finanzsysteme (verschiedene Arten und Funktionen). Erst im fünften Abschnitt des dritten Kapitels treten wir der Geschichte der Geldtheorien ein wenig näher. Zunächst geht es um die Struktur dieser Theorien, genauer gesagt um die Suche nach einem Ordnungsschema, das dazu dienen soll, die Vielzahl von Geldtheorien überblicken zu können. Greitens diskutiert verschiedene Ansätze, die jeweils dichotom sind: Currency- oder Banking-Principle, Nominalismus oder Metallismus, statische oder dynamische, katallaktische oder akatallaktische Theorien - um sie alle als unzureichend zu verwerfen und sich schließlich der Theorie von Werner Ehrlicher über das Wesen des Geldes, das in der Wertaufbewahrung bestehe, zuzuwenden. Dieser grundlegende Ansatz für ein Ordnungsschema wird mit anderen Unterscheidungen gekoppelt und dann mit den in der Literatur vorfindlichen Ansätzen aufgefüllt.
Der Leser und die Leserin sollten wissen, dass es der Autor für notwendig hält, die historischen Theorien in einem durchdachten Klassifikationsschema zu präsentieren. Dem dienen auch die einleitenden Erörterungen über die Verzahnung von Wirtschafts- und Dogmengeschichte. Die vom Autor vertretene relativistische Position hat zur Konsequenz, dass die innerhalb des Schemas dargestellten Theorien nicht als potenziell wahre oder falsche Hypothesen über reale Zusammenhänge, sondern als historisch verschiedene Sichtweisen aufgefasst werden.
Damit ist eine Gefahr verbunden, auf die besonders der an realen Zusammenhängen interessierte Leser aufmerksam gemacht werden muss: Beim Lesen des dritten Kapitels darf man nicht vergessen, dass Theorien auch dann referiert werden, wenn bloß hypothetische Aspekte des Geldsystems beschrieben werden. Man ist ständig versucht, die Frage nach der gegenständlichen Wahrheit der aufgestellten Behauptungen zu stellen, auf die es dem Autor aber gar nicht ankommt.
Historische Geldtheorien
Das vierte und letzte Kapitel widmet sich dann endlich (nach 137 einführenden Seiten!) dem Thema des Buches: der Geschichte der Geldtheorien. Vor dem Leser und der Leserin liegen jetzt noch knapp 200 Seiten, gefüllt mit Gelehrsamkeit, wegen der er oder sie das Buch in die Hand genommen hat. Hier ein paar kurzgefasste Kostproben:
In Zeiten galoppierender Inflation, verursacht durch Münzverschlechterungen der Fürsten, begründet Nicolaus Oresmius 1357-1358 die Notwendigkeit der Stabilität des Geldwertes ökonomisch: Sie verhindere die Verarmung der Untertanen, die Bereicherung der Geldwechsler und Spekulanten, das Eindringen schlechten Geldes und den Rückzug internationaler Händler. Der nominale Wert der Münzen muss - nach Abzug der Prägekosten - dem Wert des darin enthaltenen edlen Metalls entsprechen. Geld wird als eine mehr oder weniger wertvolle Ware betrachtet, die auf dem Markt gegen andere Waren getauscht wird.
Nikolaus Copernikus baut 1526 die Warentheorie des Geldes nach zwei Seiten aus, indem er zwischen Schätzung und Geltung einer Münze unterscheidet. Die Geltung einer Münze entspricht dem nominalen, aufgeprägten Wert, zum Beispiel der Menge an Edelmetall, die dafür gekauft werden können soll; die Schätzung dagegen entspricht dem, was man wirklich für die Münze bekommt. Die Geltung einer Münze sollte für ihr normales Funktionieren stets ein wenig höher sein als ihre Schätzung, die vor allem vom Metallgehalt abhängt (andernfalls wird die Münze eingeschmolzen). Die Differenz zwischen beiden Merkmalen sollte den Aufwendungen der Münzer entsprechen. Aber auch wenn die Geltung dieser Norm entspricht, kann ein Zuviel an geprägten Münzen zu ihrer Entwertung führen, sodass sie eingeschmolzen wird. In diesem Fall wird die Münze als solche geringer geschätzt, als sie - dem Metallgehalt nach - wert ist. Dieser Fall zeigt, dass die Unterscheidung zwischen Schätzung und Geltung durch eine dritte Kategorie ergänzt werden müsste - dem Wert der Münze, der in diesem Kontext durch ihren Metallgehalt definiert ist.
Jean Bodin führte in einer Streitschrift von 1566 die Teuerung in Frankreich auf fünf verschiedene Ursachen zurück, von denen die Zunahme des als Münzen zirkulierenden Edelmetalls die wichtigste ist. Deshalb gilt er als Vater der Quantitätstheorie, wonach die Preise von der Geldmenge abhängen.
In einer Richard Cantillon 1730 zugeschriebenen Schrift wird der Wert aller Güter - auch der von Gold und Silber - auf die Faktoren Boden und Arbeit zurückgeführt, "die zu ihrer Produktion erforderlich sind" (S. 198). Cantillon favorisiert wie John Law den Boden als Geldbasis, weiß aber, dass dessen Wert nicht stabil ist - wie der anderer Waren auch. In Abhängigkeit von Angebot und Nachfrage schwankt der Marktwert um jenen von Arbeit und Boden bestimmten "inneren Wert". Infolge Verrechnungen zirkulieren stets mehr Werte, als tatsächlich Bargeld in der Zirkulationssphäre vorhanden ist. Cantillon hat eine klare Vorstellung davon, dass die Umlaufgeschwindigkeit in etwa die gleiche Wirkung hat wie eine Veränderung der Geldmenge. Er entwickelt eine Theorie, wie sich ergiebigere Gold- und Silberquellen sukzessiv über eine Volkswirtschaft durch Erhöhung der Einkommen ausbreiten und dabei zu einer anderen Verteilung von Arm und Reich führen.
Im Streit zwischen der Currency- und der Banking-School vertritt Thomas Tooke 1844 die letztere mit dem Ziel, den durch die Edelmetalldeckung eng begrenzten Rahmen des nationalen Kredits aufzulockern. Nicht die Geldmenge bestimme die Preise, sondern umgekehrt die Preise zusammen mit der zahlungsfähigen Nachfrage die Geldmenge. Sollte dabei das von der Bank of England emittierte Geld knapp werden, wird es durch Warenwechsel ersetzt, die die Funktion des Geldes übernehmen. Da Wechsel heutzutage kaum benützt werden, könnte man daraus die Schlussfolgerung ziehen (und sie ist auch von den Zentralbanken gezogen worden), dass die Geldmenge elastisch sein muss, um eine bestimmte Art von Krisen zu vermeiden. Im Grunde können damit alle Geldtheorien, die behaupten, Geld müsse knapp gehalten werden, als gescheitert angesehen werden.
In Greitens Zusammenfassung der klassischen Geldtheorie steht die Kontroverse zwischen der Currency- und der Banking-Interpretation der Verkehrsgleichung im Zentrum. Leider wird dabei die Position der ersteren Schule an einer Stelle falsch dargestellt: M * V ist aus dieser Perspektive nicht die Wirkung, sondern die Ursache von P * T.
Deutschsprachige Geldtheoretiker
Im Abschnitt 4.4 werden einige deutschsprachige Geldtheoretiker berücksichtigt. Den Anfang macht ein Text von Johann Heinrich Gottlob Justi aus dem Jahre 1766. Greitens beendet diesen Abschnitt mit der staatlichen Theorie des Geldes von Georg Friedrich Knapp und berücksichtigt taxonomisch auch dessen Vorläufer. Für Knapp ist Geld das, was der Staat als solches festsetzt. Die wesentliche Funktion des Geldes besteht darin, Schulden ultimativ tilgen zu können. Erwähnt wird, dass sich die Modern Monetary Theory auf Knapp beruft. Interessant ist auch die Einschätzung Ludwig von Mises, wonach Knapps Theorie überhaupt keine (ökonomische) Geldtheorie sei. Ähnlich das Urteil von Hilferding, Fisher und Schumpeter.
Bei der Darstellung der Wert- und Geldtheorie von Karl Marx unterlaufen dem Autor kleine, aber wichtige Ungenauigkeiten. So stellt sich bei Marx im einfachen Tausch der Wert einer Ware A nicht, wie Greitens schreibt, im Wert einer anderen Ware B dar, sondern in deren Gebrauchswert. Es ist auch nicht richtig, dass in diesem Verhältnis die eine Ware nur qualitativ und die andere nur quantitativ betrachtet wird - es ist immer eine bestimmte Gebrauchswertmenge, deren Wert in der Gebrauchswertmenge einer anderen Ware dargestellt wird.
Wie man des Öfteren und auch hier lesen kann, wird Marx, der den gesellschaftlichen Wert streng von seiner physischen Existenzform unterschieden hat, aufgrund einer Definition von Schumpeter (1965/2007, S. 367f) den Metallisten zugeordnet. Das trifft auf einen Teil seiner Geldtheorie zu, macht aber auch deutlich, dass eine dichotome Einteilung zu grob ist, um die Feinheiten der Marx'schen Theorie zu erfassen. Für Vertreter metallistischer Geldtheorien ist der Wert des Geldes identisch mit dem, was man dafür kaufen oder eintauschen kann (eine bestimmte Gebrauchswertmenge); für Marx ist diese aber nur eine Erscheinungsform eines dahinter verborgenen gesellschaftlichen Verhältnisses, das auch durch relativ wertlose Papierzettel - durch "Staatspapiergeld mit Zwangskurs" - dargestellt werden kann. Seine Erklärung für den Übergang des Warengeldes zu bloßen Symbolen als Repräsentanten von Wert wäre zwar aus historischer Sicht zu kritisieren, weil sie die Rolle des Warenwechsels und der ersten nicht-staatlichen Banknoten übersieht, aber sie unterstellt keineswegs, dass Geld eine Ware ist oder durch eine solche "gedeckt" ist. Durch welche Ware sollte denn Staatspapiergeld mit Zwangskurs gedeckt sein?
Neoklassik und Schumpeter
Nach den beiden Autoren in Abschnitt 4.5 werden Geldtheoretiker der Neoklassik präsentiert. Carl Menger macht den Anfang, der das Geld deduktiv aus dem Tausch entstehen lässt, ähnlich wie Marx, aber ohne dessen Wert- und Entwicklungstheorie. Irving Fisher formuliert in seinem Buch "The Purchasing Power of Money" (1911) die Verkehrsgleichung mathematisch und bezieht dabei Depositen ein, obwohl er sie nicht als Geld betrachtet. Es scheint, dass er der Vater der Vorstellung ist, dass der Geldmultiplikator konstant ist, die sich mehr als ein halbes Jahrhundert später definitiv als falsch herausstellen sollte. Aus diesem Grund hätte vielleicht erwähnt werden müssen, dass Zentralbanken heutzutage nicht mehr versuchen, die Geldmenge zu steuern.
Mit Joseph A. Schumpeter wird der referierte Reigen von Geldtheoretikern beendet. Er steht dem Geldmultiplikator bereits 1918 skeptisch gegenüber, ebenso der Theorie, dass der Staat definiere, was Geld ist. Ansonsten stimmt er mit Knapps Nominalismus überein: Geld ist so etwas wie eine Theatermarke, ein Anteils- oder Anrechtsschein am Sozialprodukt. Auf dieser Basis versucht er, verschiedene Geldtheorien (z. B. Currency- und Banking-School) durch kritische Würdigung theoretisch zu vereinen. Schumpeter steht in der von Macleod 1855 begründeten Tradition, wonach Banken Kredite aus dem Nichts produzieren; er weiß aber, dass die Möglichkeit einer unbegrenzten Kreditausweitung inflationär wirkt und durch die Bindung an etwas Wertvolles gebremst werden muss.
Gesamturteil
In dem sehr kurzen 5. Kapitel macht Jan Greitens noch einmal die Schwierigkeiten einer Klassifizierung der Geldtheorien deutlich und spannt den Bogen zur aktuellen Diskussion - ohne selber dazu Stellung zu nehmen. Insgesamt werden im 4. Kapitel 21 Geldtheoretiker sehr gedrängt besprochen, angefangen von ihrer Biografie über eine Analyse jeweils eines wichtigen Textes bis zur abschließenden Würdigung. Das Buch ist durchweg reich bebildert und verständlich geschrieben. Leider hat sich der Autor nicht die Mühe gemacht, ein Sachwortregister hinzuzufügen. Wer weiß schon auf Anhieb, was ein Price-Specie-Flow-Mechanism ist, und vor allem, auf welcher Seite man das nachlesen kann? Insgesamt handelt es sich aber um ein gediegenes Buch, das sich wohltuend von manchen Druckwerken über die moderne Geldtheorie abhebt.