325 Seiten
24,80 EUR
(inklusive MwSt. und Versand)
ISBN 978-3-89518-556-4
(Juli 2006)
Die gegenwärtigen modernen Gesellschaften sind ohne Geld nicht denkbar. Täglich gehen wir mit Geld um, und Geld scheint in alle gesellschaftlichen Bereiche vorzudringen. Trotzdem ist das Wissen über das Geld, seine Herkunft und seine Wirkungen auf die Wirtschaft eher gering. Die Komplexität heutiger wirtschaftlicher Systeme erschwert den Zugang zum Verständnis; ja, sie provoziert neue Fragen, inwieweit sich der heutige Umgang mit Geld und das Leistungsprinzip unserer Wirtschaft widersprechen. Welchen Beitrag vermag das Geldwesen zur Erreichung gesellschaftlich wünschenswerter Ziele beizutragen, zur Ordnung von Märkten und Institutionen, zu sozialer Sicherung, Preisstabilität und nachhaltigem Wachstum? Hier knüpft dieser Band mit einer Reihe von Beiträgen zu dem Thema "Geld regiert die Welt (?)" an. Grundzug der Beiträge ist die gedankliche Grenzüberschreitung, um das Wissensfundament zum Verständnis von Geldwirtschaft zu legen, das es uns erlaubt, engagiert für eine lebenswerte wie wirtschaftlich stabile Zukunft einzutreten. Im Sinne einer solchen Grenzüberschreitung kommen hier Vertreter der Sozialethik und der Politik, der Wirtschaft und der Wissenschaft in 18 Beiträgen zu Wort, um sich ergänzende oder auch unterschiedliche Argumentationen zu verbinden.
"In dem ersten Beitrag stellt Friedhelm Hengsbach noch erfreut fest, dass es bei den Ökonomen bezüglich der angeblichen Neutralität des Geldes endlich ein "monetäres Erwachen" gibt. In den meisten nachfolgenden Beiträgen ist vom Wachwerden aber nicht mehr die Rede. Das bedeutet nicht, dass alle Beiträge langweilig und einschläfernd wären; aber irgendwie gehen sie oft am Thema vorbei. Vielleicht hätte man die Veranstaltung und das Buch anders titulieren müssen. Kurt Biedenkopf stellt exemplarisch klar, dass Geld die Welt gar nicht regieren kann, sondern nur der Mensch. Demnach kann das Geld - so Biedenkopf - nicht für Missstände verantwortlich gemacht werden. Nun, das beruhigt, unser Geldsystem ist also okay.
Es folgen zum Teil lehrbuchartige Beiträge zu Themen wie soziale Marktwirtschaft, Inflation und Staatsverschuldung, Aufgabe der Banken, Funktion von Aktien- und Finanzmärkten, soziale Grundsicherung, DM-Übernahme nach der deutschen Einheit, identitätsstiftende Wirkung des Euros, Ein- und Ausgabeseiten des Erzbistums Köln und die ökonomische Geldlehren im Wandel der Zeit. Von einer ordnungspolitisch oder demokratisch gewollten Macht des Geldes ist keine Rede, geschweige denn von einer systembedingten Diktatur. Wenn man diese Beiträge aus 2006 jetzt liest, während die Welt durch die Kreditkrise am Rande des Abgrunds balanciert, fragt man sich, ob eine derartige Krise für ein Wachwerden ausreicht.
Die Baldrianwirkung des Buches lässt nach, wenn man sich aber seinem Ende nähert. Der Herausgeber Alexander Karmann (Uni Dresden), der in seinem Beitrag auf den "Mythos Zins" und die Zinskritiker eingeht, stellt fest, dass das Wirken eines angeblichen Zinseszinseffektes auf Makroebene kaum belegbar ist, da Kriege, Währungsabwertungen und -reformen, Platzen von Finanzblasen usw. es rechtzeitig verhindern. Die Umkehrfrage, ob das heutige Geld- und Zinssystem ohne diese regelmäßige Vermögensvernichtungen längerfristig existieren kann oder ob das System sogar diese Vernichtungen fördert oder auslöst, stellt er sich dabei nicht. Seine Gleichsetzung der Freigeld-Idee mit einer Beeinträchtigung des Preismechanismus durch eine Niedrig- oder Nullzinspolitik zeigt, dass die Freigeldtheorie bei vielen immer noch falsch verstanden wird. Zum Schluss kommt aber die wissenschaftliche Minderheit zu Wort, die sich beim Geld und Zins die Systemfrage zu stellen traut. Inwieweit ist unser Wachstumszwang geldsystembedingt (Hans Christoph Binswanger-St. Gallen)? Besonders hervorzuheben ist der Beitrag von Marco Lehmann-Waffenschmidt (Ökonom an der TU Dresden), der die von Binswanger initiierte ökonomische Leseart des Faust-Dramas vertieft und fortführt. Im Hinblick auf die breite Streuung der Beiträge lohnt sich die Gesamtlektüre dieses Buches nicht, wohl dagegen einzelner Beiträge. Aus diesem Grund ist es sehr erfreulich, dass der Verlag dieses Herausnehmen der Rosinen auf seiner Homepage verlag.de) möglich macht, wo die einzelnen Beiträge gegen geringes Entgelt downloadbar sind.
Das Fragezeichen im Titel wurde eingefügt, damit dieser weniger phantasielos klingt. Es ist aber überflüssig, denn die Botschaft, die von den Texten dieses Sammelbandes ausgeht, ist eindeutig: Das Geld regiert die Welt. Genauer: das große Geld, präziser: das Kapital bzw. dessen Eigentümer. Wie dies zu verstehen ist, wird in achtzehn, der Diktion und Qualität nach sehr verschiedenen Kapiteln erläutert. Insgesamt verkörpert der Band einen gelungenen Querschnitt durch die Debatte, wie sie gegenwärtig in der Gesellschaft geführt wird....
Es muß den Herausgebern und Initiatoren der Veranstaltungsreihe als Verdienst angerechnet werden, daß sie das Thema 'Geld' nicht auf ökonomische Fragestellungen reduziert haben, sondern gleichermaßen sozial-, kultur- und geschichtswissenschaftliche Aspekte in den Themenkreis einbezogen. Dadurch wurde eine wirtschaftsintrovertierte Sicht vermieden und die Diskussion von vornherein auch auf Wirkungen des Geldes außerhalb der Wirtschaftssphäre gelenkt. Beispielhaft hierfür sind die Aufsätze von Hans Christoph Binswanger zum König-Midas-Problem 'Geld und Wachstum' und von Alexander Karmann 'Mythos Zins - Mythos Geld'. Besonders letzterer Text ist zu loben, da er sich nicht auf die Zurückweisung der Gesellschen Freigeld-Idee beschränkt, sondern sich darüber hinaus auch mit den 'neuen Zinsmythen' auseinandersetzt, diese als ökonomisch irrational entlarvt und wissenschaftlich kritisiert. Dies gilt auch für bestimmte Gedanken Binswangers, wodurch das Buch zumindest in diesem Abschnitt einen Diskssionscharakter erhält.
Trotz kritischer Kommentare zu einigen Beiträgen soll nicht übersehen werden, daß sich in dem Band zahlreiche sehr gute und außerordentlich interessante Aufsätze finden. Dazu gehört zum Beispiel der umfangreiche theoriengeschichtliche Text von Heinz Rieter, ebenso die Aufsätze von Hubert Beckmann zu den Aufgaben der Banken, von Vincenz Timmermann zu den Geldsystemen gestern und heute und von Joachim Stadermann zu Eigentum und Geld. In Anbetracht der Wichtigkeit des Themas 'Geld' und der nach wie vor viel zu geringen Kenntnis dessen, was man darüber wissen sollte, um sich in einer Geldwirtschaft vernünftig und erfolgreich zu bewegen, ist das Buch ein gelungener Beitrag zur Hebung des allgemeinen ökonomischen Bildungsniveaus. Zugleich ist es Teil des interdisziplinären Diskurses zwischen Ökonomie, Politik, Philosophoie und Theologie. Was will man mehr?
"Versuch der Entmystifizierung
Karmans und Kloses 'Wirtschaftliche Reflexionen', die auf Basis einer Ringvorlesung des Kathedralforums der Katholischen Akademie Dresden Meißen zusammengestellt worden sind, bündeln achtzehn hintergründige und prägnante Fachaufsätze zum Thema Geld und Marktwirtschaft. Zum Auftakt unternimmt Friedhelm Hengsbach den Versuch, das Thema Geld zu entmystifizieren. Geld sei immer schon vornehmlich Gegenstand philosophischer und nicht etwa ökonomischer Betrachtungen gewesen, behauptet der emeritierte Professor für Christliche Soziallehre. Denn nicht der pekuniäre Wert des Geldes sei das Entscheidende, sondern dessen Stabilität. Schließlich seien nur stabile Märkte auch ethisch korrekt.
Marktmechanismen
Wie Hengsbach widmen sich auch der Ökonom Heinz Rieter sowie Kurt Biedenkopf und Geert Mackenroth im ersten Kapitel mit dem Namen 'Grundlagen' eher abstrakten Fragen. Während Rieter einen fundamentalen Überblick über die Dogmen und Theorien der Geldforschung präsentiert, der in Kürze und Stringenz seinesgleichen sucht, setzt sich Biedenkopf etwas genereller mit der 'Ordnung der Marktwirtschaft' auseinander. Nüchtern erläutert er den 'Mechanismus des Marktes', um anschließend den Begriff auf die 'soziale Marktwirtschaft' auszudehnen. Spannend werden Biedenkopfs Gedanken, wenn der ehemalige sächsische Ministerpräsident seine Betrachtung pointiert mit den 'Illusionen der Marktwirtschaft' abschließt. Dreißig Jahre lang wurde die Wirklichkeit laut Biedenkopf verkannt, wurden Wachstums- und Sozialillusionen gehegt, die die Ordnung unseres Systems an den Rand der Glaubwürdigkeit gebracht haben. Hier schreibt jener Mann, der seit Jahrzehnten den Schuldenstaat anprangert und der auch deshalb 1977 das Institut für Wirtschaft und Gesellschaft in Bonn gegründet hat. Auf Biedenkopfs letzten Punkt, die schuldenfinanzierte Sozialpolitik, geht Sachsens Justizminister Geert Mackenroth ausführlicher ein. Wir leben über unsere Verhältnisse, gibt er zu. Einschnitte in die Sozialsysteme seien unverzichtbar. Über die brisanten Details und konkreten Reformvorschläge schweigt Mackenroth allerdings.
Praxisberichte
Nach diesen grundsätzlichen Erwägungen kommen Personen zu Wort, die aus der Praxis berichten: Banker, Ökonomen, Versicherungsmanager und der ehemalige Generalvikar und heutige Dompropst des Erzbistums Köln, Norbert Feldhoff. Dessen Ausführungen sind gleich aus zwei Gründen besonders lesenswert. Zunächst untersucht Feldhoff das Verhältnis Jesu zum Geld - eine kurze Exegese im Lukas- und Johannesevangelium sowie in den Korintherbriefen, die zu dem Ergebnis kommt, dass Geld im ersten Jahrtausend der Kirchengeschichte den inneren Bestand der Kirche gesichert hat. Anschließend gibt Feldhoff einen detaillierten Einblick in die Finanzen der Kirche am Beispiel seines Erzbistums, des größten in Deutschland überhaupt. Feldhoffs Beitrag ist der konkreteste und auch deshalb anschaulichste des gesamten Buchs.
Währungsunion
Bevor in den abschließenden Fachbeiträgen Wirtschaftswissenschaftler über Inflation und Geldwertstabilität, Zinsmythos und die Verpflichtung des Eigentums diskutieren, behandelt das Kapitel 'Umschlagpunkte' einschneidende Momente in der Geschichte des Geldes, die allesamt die Akzeptanz der Marktwirtschaft berühren. Aus der Feder Theo Waigels stammt der Beitrag über den Staatsvertrag zur deutschen Währungsunion 1990, in dem sich Waigel auch der bis heute währenden Kritik stellt. Diesen wohl umstrittensten Punkt der deutschen Wiedervereinigung greift auch Georg Milbradt auf. Was damals politisch richtig war, so gesteht Sachsens derzeitiger Ministerpräsident, entsprach nicht unbedingt der ökonomischen Vernunft.
Bedeutung des Euro
Bemerkenswert im Abschnitt 'Umschlagpunkte' ist auch der Aufsatz der Dresdener Politologin Monika Medick-Krakau, die die Beziehungen zwischen der Gemeinschaftswährung Euro und einer europäischen Identität untersucht. Ihr Fazit: Der Euro ist keineswegs ein 'Transmissionsriemen im Alltag', der die EU in die Köpfe der Europäer ruft. Es existiert überhaupt keine 'EU Identität'. Der Euro hat weniger die Europäer einander näher gebracht, als vielmehr die EU mit der Welt verwoben. Dem gelungenen Perspektivwechsel, der originelle Beiträge wie den von Medick Krakau gleich neben grundsätzliche Erwägungen über die Marktwirtschaft stellt, ist es zu verdanken, dass aus dem Buch 'Geld regiert die Welt' kein erratisches Sammelsurium über Reichtum, Neid und vordergründige Aspekte der Geldwirtschaft geworden ist, sondern eine facettenreiche und kluge Diskussionsschrift."
Globale Gewinne, lokale Verantwortung
Die Ordnung der Marktwirtschaft
Leben wir über unsere Verhältnisse?
Tauschmittel oder Mammon ?
Motor oder Bremse ?
Leistungslose Gewinne ?
Vom Mammon im Weinberg des Herrn
Reform der sozialen Grundsicherung
Wie teuer war die DDR ?
Währung und Identität
Auf Kosten unserer Enkel?
Eine Ost-Mark gleich eine DM
Vom Taler zum Euro
Ist der Geldwert stabil ?
König Midas: Wird alles zu Gold ?
Mythos Zins - Mythos Geld
Geld, Wirtschaftswachstum und Glück
Verpflichtung, Eigentum und Geld in der Wirtschaft