Krisenhafte Zeiten befeuern die Diskussion um alternative Wirtschafts- und Gesellschaftsmodelle. Entsprechend wird in Zeiten einer Pandemie oder zunehmender Einkommens- und Vermögensungleichheiten auch die Idee einer produktivgenossenschaftlichen Wirtschaftsstruktur wiederbelebt. In diesem Buch wird ausgelotet, unter welchen wettbewerblichen Voraussetzungen angesichts neuer theoretischer Erkenntnisse und neuer Entwicklungen z.B. im Zuge der Digitalisierung und Internationalisierung solche Arbeiterselbstverwaltungen und analoge genossenschaftliche Strukturen im institutionellen Wettbewerb mit anderen Rechtsformen Erfolg haben können. Neben den theoretischen Analysen werden Vergleiche zwischen Finnland und Deutschland vorgestellt. Finnland hat eine besondere Tradition im Genossenschaftswesen, etwa 90% der erwachsenen Einwohner Finnlands sind Mitglied mindestens einer Genossenschaft oder äquivalenten Organisation. Diese Vergleiche ermöglichen es, gemeinsam mit den theoretischen Überlegungen die Wettbewerbsbedingungen zu identifizieren, die den Produktivgenossenschaften besondere Chancen einräumen und einen Weg in eine partizipative(re) Wirtschaftsstruktur ebnen könnten.
Contraste, Februar 2022
(Burghard Flieger)
"Krisenhafte Zeiten bringen Diskussionen um alternative Wirtschafts- und Gesellschaftsmodelle hervor. In der Veröffentlichung "Renaissance der Produktivgenossenschaften?" reflektieren die Autor*innen, mit Schwerpunktsetzung auf institutionenökonomische und sozialwirtschaftliche Analysen, die Möglichkeit einer Demokratisierung der Wirtschaft. Viel Aufwand wird in die Auseinandersetzung mit zahlreichen theoretischen Analysen zum Thema gesteckt. Ergänzend geht es zudem um Vergleiche zwischen Finnland und Deutschland. Das ist erhellend, da Finnland eine besondere Tradition im Genossenschaftswesen aufweist: Etwa 90 Prozent der erwachsenen Einwohner*innen Finnlands sind Mitglied mindestens einer Genossenschaft.
Die Veröffentlichung selbst kann zugleich als enttäuschend, überfordernd und beeindruckend charakterisert werden. Enttäuschend sind die auf jeden Fall erheblich zu kurz kommenden Aufarbeitungen der empirischen Erfahrungen mit produktivgenossenschaftlichen Unternehmen. Dies gilt, auch wenn besonders das jugoslawische Modell der Arbeiterselbstverwaltung einer intensiveren Analyse unterworfen wird.
... Beeindruckend ist dennoch ... die Vielfalt der in den einzelnen Kapiteln einbezogenen Konzepte und Ansätze. Nach einem Einstieg in Kapitel 2 in die historischen Vorläufer produktivgenossenschaftlicher Überlegungen - Mill, Oppenheimer, Schulze-Delitzsch, Luxemburg etc. - werden kritische wirtschaftswissenschaftliche (neoklassische) Aufarbeitungen zur Arbeiterselbstverwaltung zusammengefasst und systematisiert. Im Kapitel 3 steht unter anderem die Einbettung der Produktivgenossenschaften in verschiedene Sozialstaatsmodellen (neoliberal, neokorporatistisch, neoetatistisch, neokommunitaristisch) im Mittelpunk. Wer also seinen Blickwinkel über die sich wiederholenden, ermüdenden Diskussionen der frühen produktivgenossenschaftlichen Konzepte und Vorreiter erheblich erweitern will, kommt über diese 'beeindruckende' Einführung in die Vielfalt der Betrachtungsweisen zu Produktivgenossenschaften nicht herum."