Schon Muhammed Ali Jinnah, der Gründervater Pakistans, beschrieb 1947 in seiner Eröffnungsrede gegenüber der Verfassungsgebenden Versammlung Pakistans Korruption als eines der größten Probleme des indischen Subkontinents, das dem neu zu gründenden Staat gleichsam in die Wiege gelegt wurde und noch heute seine wirtschaftliche sowie gesellschaftliche Entwicklung hemmt. Obwohl es zahlreiche Anti-Korruptionsgesetze und Reformbemühungen in Pakistan gibt, sind nahezu alle Institutionen mit Korruption durchsetzt; korruptes Verhalten ist im großen und kleinen Maßstab alltägliche Normalität. Während bereits untersucht und mithilfe von Modellen erklärt wurde, warum ein Einzelner korrupt wird bzw. den Anreiz zu korruptem Verhalten verspürt, gab es bisher keinen geschlossenen Ansatz, der beschreiben kann, aus welchem Grund Korruption wie in Pakistan zur gesellschaftlichen Normalität wird und weshalb verschiedene Ökonomien unterschiedliche Korruptionsniveaus ausbilden. Dieser Mikro-Makro-Link wird nun mithilfe des Ansatzes des Evolutorischen Institutionalismus, basierend auf der "Sprache" der Memetik, als institutioneller Wandel, ausgelöst durch die Veränderung innerinstitutioneller wirklichkeitskonstruktiver Prozesse, beschrieben. Durch die evolutorisch-institutionenökonomische Analyse wird deutlich, wie sich Korruption als selbststabilisierendes Verhalten in einer Gesellschaft verfestigt und etabliert. Der Evolutorische Institutionalismus ermöglicht es, die Ausbreitung von Korruption im Spannungsfeld von formellen Normen, die Korruption als unerlaubte Handlungsweise qualifizieren, und dem gegenläufigen, korrupten Verhalten, das zugleich Norm(!)-alität für die Akteure ist, zu erklären. Dadurch wird ersichtlich, dass insbesondere korrupte Institutionen eine informelle Absicherung benötigen. Es gelingt, die Herausbildung graduell unterschiedlich korrupter Institutionen in einem auf alle Institutionen anwendbaren Erklärungsrahmen umfassend darzustellen. Diese Typogenese einer korrupten Institution ist abhängig von kulturellen Faktoren, die anschließend mit großer Tiefenschärfe in einer Fallstudie für Pakistan analysiert werden. Prägend für den pakistanischen Typ einer korrupten Institution sind vor allem die koloniale Vergangenheit und das südasiatische Verständnis von Verwandtschaft und "Familie". Insbesondere das von den britischen Kolonialherren eingeführte Steuerpachtsystem und Erbrecht waren die Grundlage für den Aufstieg der Landbesitzerfamilien, deren Beziehungsnetzwerke noch heute Staat und Gesellschaft Pakistans dominieren und das Land zugleich "schwach" und "stark" machen. Als Fazit erweisen sich Ressourcen über alle Analyseschritte hinweg als der limitierende Faktor für Korruption, sodass abschließend u. a. Ressourcenverknappung als ein möglicher Schlüssel zur Korruptionsbekämpfung diskutiert werden kann.