"Ökologie und Wirtschaftsforschung" · Band 83
284 Seiten
24,80 EUR
(inklusive MwSt. und Versand)
ISBN 978-3-89518-770-4
(Mai 2010)
In diesem Band setzen sich Menschen aus der Praxis mit der Frage auseinander, wie die Produktion eines Pkw, eines Möbels oder einer Waschmaschine im Jahre 2030 aussehen wird, zu einer Zeit also, wo wir Öl nicht mehr in dem Maße zur Verfügung haben werden wie heute.
Bedingt durch die demographische Entwicklung und gekoppelt an den weltweit steigenden Pro-Kopf-Verbrauch an Rohstoffen werden wir in den nächsten Jahrzehnten eine dramatische Rohstoffverknappung erleben. In erster Linie sind davon Metalle und Energierohstoffe betroffen, aber auch biotische und z. T. lokal und regional nichtmetallische, mineralische Rohstoffe. Wir müssen daher ein Ressourcen-Bewusstsein entwickeln und stärken. Rohstoffschonende und energieeffiziente Produktionsweisen stellen ebenso Möglichkeiten dar, die Rohstoffverknappung zu entschärfen, wie ein nachhaltiges Konsumverhalten durch nachhaltige Lebensstile.
"Die Hoffnung, dass politische Entscheidungen schnell den Übergang zu einer umweltgerechten Wirtschaft einleiten, hat mit dem Stocken der globalen Klimaverhandlungen einen Dämpfer erhalten. Manche Umweltbewegte setzen nun darauf, dass Teile der Wirtschaft im eigenen Interesse diesen Übergang vorantreiben. Die Äußerungen aus der Industrie in diesem vom Umweltbundesamt mit herausgegebenem Sammelband wecken da jedoch große Zweifel. ...
Unisono gehen sie davon aus, dass sie auch in Zukunft mehr Chemikalien, Autos oder Stahl produzieren werden, wenn auch mit weniger Energie pro Einheit oder auf Basis natürlicher Rohstoffe statt von Erdöl. Die Steigerung und Modernisierung der Produktion trage sogar zum Klimaschutz bei. Zum Beispiel erwartet Jörg Rothermel vom Verband der chemischen Industrie eine Verdoppelung der globalen Chemie bis 2030 und eine Steigerung der dadurch bedingten Treibhausgas-Emissionen um die Hälfte. Weil aber - richtige politische Rahmenbedingungen vorausgesetzt - viele chemische Produkte etwa der Dämmung von Gebäuden, der Erhöhung der Flächenerträge in der Landwirtschaft oder der Gewichtseinsparung bei Autos dienen und so anderswo Emissionen einsparen, trage mehr Chemie per saldo zum Klimaschutz bei. Das gleiche nehmen die Stahlhersteller und die Informationstechniker für sich in Anspruch. Nun ist richtig, dass es ohne Spezialstahl keine effizienten Kraftwerke und ohne Computersteuerung keine intelligenten Stromnetze gibt. Wie aber eine schnelle Verringerung des Energie- und Rohstoffverbrauchs möglich sein soll, wenn die Produktion sämtlicher Branchen wächst, bleibt ein Rätsel. Bisher bewirken alle Effizienzgewinne das nicht."
"Die einzelnen Branchen selbst sehen das Thema Nachhaltigkeit naturgemäß sehr einseitig. Jörg Rothermel betont etwa für die chemische Produktion, dass diese "in ihrer eigenen Produktion nachhaltig mit fossilen Ressourcen umgeht", gleichzeitig fordert er politische Rahmenbedingungen, die Europa nicht einseitig als politischen Vorreiter im Klimaschutz forcieren, damit die Produktion nicht dorthin abwandert, wo sie am billigsten ist. Klaus Hieronymi fordert im Hinblick auf die IT-Branche ebenfalls globale Rahmenbedingungen und die schnelle Entwicklung umweltfreundlicher Produkte, damit sich Unternehmen nicht weiterhin "kostenneutral" und damit "umweltunfreundlich" verhalten müssen. Von der Stahlherstellung erwarten sich die Autoren diesbezüglich keine großen Sprünge ... Weitere Überlegungen beziehen sich auf die Lebensmittelindustrie, die sich nur durch eine optimierte Technik erwartet, die Produktion umweltfreundlich und effizienter gestalten zu können und die Automobilindustrie, die darauf hinweist, dass mit Hochdruck an der Elektromobilität gearbeitet wird. Bedenkt man, dass es weltweit zirka 800 Millionen Kraftfahrzeuge gibt, die rund zehn Millionen Tonnen Öl pro Tag verbrauchen (das ist mehr als die Hälfte der täglichen weltweiten Ölproduktion), ist der Kraftfahrzeugverkehr mit Abstand der größte Erdölverbraucher der Welt und man könnte mehr innovative Ideen zur Abkehr vom fossilen Energieträger erwarten.
Alles in allem eine sehr ernüchternde Bestandsaufnahme nachhaltiger Produktion in den ausgewählten Branchen. Angesichts der in den nächsten Jahrzehnten zu erwartenden Rohstoffverknappung und der Notwendigkeit, verstärkt regenerative Energien zu nutzen, ist es wohl auch für die Industrie ein Gebot der Stunde, ein Ressourcen-Bewusstsein zu entwickeln.""Nachhaltige Produktion geht dem Präsident des Umweltbundesamtes Jochen Flasbarth zufolge von dem Anspruch aus, dass soziale Verantwortung, wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und der Schutz der natürlichen Umwelt untrennbar zusammengehören. Aber was genau versteht man darunter in der Praxis?
Genau mit dieser Frage wurde der Herausgeber des Buches, Michael Angrick, regelmäßig konfrontiert, so dass die Idee reifte, ein Buch für jüngeren Kolleginnen und Kollegen zu schreiben. Durch die Lektüre sollen diese eine Vorstellung davon erhalten, was er und seine Abteilung im Umweltbundesamt ("Nachhaltige Produktion, Ressourcenschonung und Stoffkreisläufe") unter nachhaltiger Produktion verstehen und welche Arbeitsschwerpunkte dort in den nächsten Jahren verfolgt werden.
Herausgekommen ist ein Aufsatzband mit Beiträgen verschiedener Akteure aus Wissenschaft, Industrie, Verbänden und dem Umweltbundesamt.
Der Leser erhält eine leider nur knappe Einführung in das Thema. Interessierte können allerdings die teilweise sehr ausführlichen Literaturlisten am Ende der Beiträge nutzen, um einen umfassenderen Einblick in die Thematik zu erhalten.
Obwohl sich dieses Buch wie bereits erwähnt an Wissenschaftler richtet, ist es auch für Laien verständlich geschrieben, allerdings schadet ein bestimmtes Vorwissen nicht und es sollte keine "frische" Einführung mit vielen Erläuterungen und anschaulichen Grafiken erwartet werden.
Zu bedauern ist, dass nur wenige Branchen zu dem Sammelband beigetragen haben, was leider für eine eingeschränkte Sichtweise auf den Sachverhalt sorgt. Dabei hatte Angrick eigenen Angaben zufolge Verbände verschiedener Industriebereiche bezüglich einer Veröffentlichung angesprochen, aber sehr unterschiedliche Reaktionen erhalten: Während die einen sofort absagten, wollten andere einen Beitrag liefern, was aber im Endeffekt am Veto einzelner Verbandsmitglieder scheiterte.
So haben es nur einige Beiträge, etwa der Chemie-, Biotechnologie-, Automobil- oder Lebensmittelindustrie, in den Band geschafft die zumindest einen ersten Eindruck vermitteln, wie die verschiedenen Branchen angesichts der Verknappung eines der wichtigsten Rohstoffe weltweit zu reagieren gedenken bzw. inwieweit sie diesbezüglich wirklich konsequent nach Alternativen suchen oder diese bereits entdeckt haben.
Nachhaltige Automobilproduktion in Deutschland im Jahr 2030
Nachhaltigkeit in Zeiten des Ressourcenschutzes
Nachhaltigkeit - Mit Stahl in die Zukunft
Nachhaltige Chemieproduktion
Nachhaltigkeit bei der Herstellung und Verarbeitung von Lebensmitteln
Biotransformationsreaktionen in Mikrosystemen - Visionen für die Industrielle Biotechnik
Nachhaltige Produktion - was ist das eigentlich?
Produktion von umweltfreundlicher Informationstechnik
Produktionstechnische Prozesse in der modernen nachhaltigen Beschichtungstechnik
Nachhaltigkeit in der Produktion aus der Sicht der Zukunftsforschung
Werkstoffe im Fokus der Nachhaltigkeit
Nachhaltigkeit mit Chemie