Seit 2008 hat die Krise die Welt fest im Griff. Gleichgültig, ob sie für beendet erklärt oder der baldige Untergang prophezeit wird: Keine politische und wirtschaftliche Debatte kann aus ihrem Schatten treten. Der Diskurs über die Krise spiegelt den Diskurs über die Gesellschaft selbst wieder.
Der vorliegende Band will dem Phänomen der jüngsten Krise grundsätzlich auf die Spur kommen. Wissenschaftler aus verschiedenen Disziplinen wagen einen Versuch, die Große Krise einzuordnen. Was ist eine Krise, wie können wir sie theoretisch fassen? Ist der Kapitalismus grundsätzlich krisenanfällig oder sind es seine jeweiligen politisch gemachten Formen, die in die Krise führen? Welche Entwicklungen haben in die Krise geführt, welchen Beitrag haben marktradikale Denkweisen geleistet? Geht die neoliberale Epoche zu Ende? Wie könnte sich die Gesellschaft in der Krise und durch sie verändern?
Die Beiträge dieses Bandes wollen erste vorsichtige Antworten geben. Sicher scheint nur, dass jetzt die Weichen für die Zukunft gestellt werden, und nur wenige darauf vorbereitet sind.
Katrin Hirte
Performativity of Economics - ein tragfähiger Ansatz zur Analyse
der Rolle von Ökonomen in der Ökonomie?
Stephan Schulmeister
Die große Krise. Beginn der Talsohle des "langen Zyklus"
Helene Schuberth
Europäische Wirtschaftspolitik: Das Paradigma von "nur Markt"
im Widerspruch zu einem funktionsfähigen gemeinsamen Markt
Ralf Ptak
Neoliberalismus zwischen Dynamisierung und Stabilisierung.
Zur Flexibilität eines marktradikalen Projekts in der Krise
Engelbert Stockhammer
Was ist Neoliberalismus? Überlegungen angesichts der
wirtschaftspolitischen Reaktionen auf die Finanz- und
Wirtschaftskrise
Claus Thomasberger
Rettung des Marktes - Fesselung des Staates.
Über das neoliberale Projekt: das Scheitern des Versuchs,
sich selbst wahr zu machen, und die Folgen
Dieter Plehwe
Die Mont Pèlerin Society und neoliberale Think-Tanks
in der Krise
Johanna Klages
Die ökonomische Krise und die Krise der politischen
Repräsentation. Wider eine Politik der Entpolitisierung
(Bourdieu)
Franz Januschek
Die Krise und der Alltagsdiskurs. Eine Krise zwischen den Zeilen?
Karl Georg Zinn
Epochenkrisen und Krisenepochen. Vorläufige Thesen zur
Ambivalenz der historischen Formation des Kapitalismus und
seiner Krisen
Portal für Politikwissenschaft, 2011
(Alexandra Scheele)
"Während einer Tagung an der Johannes Kepler Universität Linz im Dezember 2009, deren Beiträge in diesem Band dokumentiert sind, wurde die aktuelle Wirtschaftskrise als Ausgangspunkt für eine grundsätzlichere Auseinandersetzung über ökonomische und politische Krisen genommen. In seinem einleitenden Beitrag betont Jürgen Nordmann die Notwendigkeit, den "Diskurs über die Krise selbst zum Gegenstand der Krisenbetrachtung" (15) zu machen, da bereits die Analyse von unterschiedlichen Ansichten (marktliberalen versus neukeynesianischen bzw. alternativen Wirtschaftsordnungen) geprägt sei - und damit von unterschiedlichen Modellen zur Bewältigung der Krise. Stellvertretend für dieses Anliegen ist der Beitrag von Dieter Plehwe, der die Beiträge einer Tagung der Mont Pèlerin-Gesellschaft sowie die Krisenanalysen neoliberaler Thinktanks einer kritischen Revision unterzieht und dabei einige sich wiederholende Argumentationsmuster identifiziert. Dazu gehört z. B. Staats- und Regulierungskritik als Gegenposition zur populären Markt- und Kapitalismuskritik oder die Revitalisierung ordoliberaler Gedanken. Allerdings sei auffällig, dass auch selbstkritische Beiträge in die Krisenverarbeitung aufgenommen würden. Die Autoren der hier versammelten Aufsätze nehmen allesamt eine kritische Haltung gegenüber "neoliberalen Sichtweisen" (18) ein und bewerten die Krise als ein vorhersehbares, der gegenwärtigen kapitalistischen Wirtschaftsweise immanentes Symptom. Dementsprechend sind sie sich darin einig, dass die Krise - trotz der Rettungsaktion für die Banken und der Konjunkturpakete - in Deutschland noch nicht überwunden ist, sondern allenfalls eine Phase der Krise."
Prof. Dr. Walter Otto Ötsch Institut für Ökonomie, Cusanus Hochschule für Gesellschaftsgestaltung Bernkastel-Kues, zuvor Johannes Kepler Universität Linz, Institut für Volkswirtschaftslehre und ICAE - Institut for Comprehensive Analysis of the Economy, Universität Linz.[weitere Titel]
PD Dr. Katrin Hirte Ingenieurin, Agrarwissenschaftlerin und Soziologin, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für die Gesamtanalyse der Wirtschaft (ICAE), Johannes-Kepler-Universität Linz.[weitere Titel]
Dr. Jürgen Nordmann ICAE - Institut for Comprehensive Analysis of the Economy, Universität Linz[weitere Titel]