Hauptgegenstand der neunten Jahrestagung der Keynes-Gesellschaft am 18./19. Februar 2014 in Darmstadt waren die institutionelle Gestaltung und die problematische Ausrichtung der gesamteuropäischen Wirtschaftspolitik. Insbesondere in der Fiskalpolitik werden die Kreislaufzusammenhänge viel zu wenig beachtet. Die ersten fünf Beiträge sind diesen Fragen gewidmet, während weitere drei Beiträge sich mit offenen Fragen der theoretischen Fundierung gesamtwirtschaftlicher Analysen befassen.
Vorwort der Herausgeber
Harald Hagemann, Jürgen Kromphardt
Einleitender Überblick
Darstellung und Kritik der gesamteuropäischen Wirtschaftspolitik
Silke Tober
Staatsanleihen der Euroländer: Wege aus der Vertrauenskrise
Georg Feigl
Auswirkungen der neuen europäischen
wirtschaftspolitischen Steuerung
am Beispiel Spaniens und Österreichs
Erik Klär
Die Eurokrise im Spiegel der Potenzialeinschätzungen:
Lehren für eine alternative Wirtschaftspolitik?
Detlev Ehrig, Uwe Staroske
Die Zentralbank in einer neuen Rolle:
Vom Lender of Last Resort zum Employer of Last Resort
Stephan Schulmeister
Die Große Depression, der New Deal, ihre Bewertung durch den
Mainstream und die Krise Europas
Zur theoretischen Fundierung gesamtwirtschaftlicher Analysen
Jan Priewe
Rätsel Wechselkurs - Krise und Neuanfang der Wechselkurstheorie
Ingo Barens, Volker Caspari
Keynes' Ablehnung von Inflation
Fabian Lindner
Probleme der Keynes'schen Theorie -
saldenmechanisch durchleuchtet
"Euro und Europa in der Krise - für die Herausgeber ist die institutionelle Gestaltung und Ausrichtung der europäischen Wirtschaftspolitik daher dringend reformbedürftig. Das Buch basiert auf der neunten Jahrestagung der Keynes‑Gesellschaft, die 2014 an der TU‑Darmstadt stattfand. Der Verein, der auch Reihenherausgeber des Tagungsbandes ist, hat das Ziel, die Verbreitung des Keynesianismus zu fördern und dies besonders in der akademischen Welt, da er dort unterrepräsentiert sei. Erik Klär widmet sich in seinem Beitrag den sogenannten Potenzialeinschätzungen der EU‑Kommission. Diese zielten darauf ab, "beobachtbare makroökonomische Größen um das Auf und Ab konjunktureller Schwankungen zu bereinigen" (85). Die Potenzialeinschätzungen würden öffentlich kaum wahrgenommen und in ihrer enormen Bedeutung für die Analyse der europäischen Wirtschaftspolitik stark unterschätzt. Folglich werde der strukturelle Konsolidierungsbedarf überschätzt und mit falschen Maßnahmen, insbesondere einem Vorantreiben von Haushaltskonsolidierungen, die wirtschaftliche Lage noch weiter verschlechtert. Eine in Brüssel geplante Änderung der Berechnungsmethodik habe nach Widerstand aus Deutschland nicht durchgesetzt werden können. Klär plädiert abschließend für "eine kräftige Ausweitung der realwirtschaftlichen Investitionstätigkeit" (126). Ingo Bahrens und Volker Caspari weisen in ihrem Beitrag auf "die Grenzen einer auf Zinssteuerung vertrauenden Geldpolitik" (250) hin. Während die EZB heute etwa auf höhere Inflationsraten setze, habe Keynes, obwohl er hier oft missverstanden worden sei, Inflation "als ein konfiskatorisches Instrument, mit dem sich Regierungen den Zugriff auf das Vermögen ihrer Staatsbürger sichern können" (255), gesehen. Inflation habe ihm als heimlicher Betrug am Bürger und als soziales Gift gegolten. Folglich ziehen die Autoren das Fazit, die Inflation müsse im Zusammenhang mit der Eurokrise nicht als Instrument, sondern als Problem gesehen werden."