"Jahrbuch Ökonomie und Gesellschaft" · Band 30
230 Seiten
29.80 EUR
(inklusive MwSt. und Versand)
ISBN 978-3-7316-1356-5
(Juli 2019)
Unstrittig ist, dass sich in den modernen Gegenwartsgesellschaften eine Transformation vollziehen wird. Es fragt sich allerdings, ob sie stärker von den Verhältnissen erzwungen wird oder im Rahmen gewisser zivilisatorischer Standards gestaltbar ist. Kurz, ob diese Transformation "by design or by disaster" erfolgt. Doch ist es möglich, moderne Gesellschaften gezielt zu transformieren? Fest steht: Ein solch umfassender Wandlungsprozess erfordert weit mehr als technologische Veränderungen. Auch ökonomisch, institutionell und kulturell müssen sich Gesellschaften wandeln. Allein: Es gibt für die Wege in eine zukunftsfähige, nachhaltige Gesellschaft keine Masterpläne. Wie Postwachstumsgesellschaften, etwa eine "reduktive Moderne", konkret und auf die unterschiedlichen Lebensbereiche bezogen aussehen könnten, ist ungewiss. Auch Überlegungen dazu, wie genau die Entwicklungen gestaltet werden müssen, die ein "gutes Leben" für alle Menschen in Freiheit und Sicherheit gewährleisten und gleichzeitig substantiell weniger Natur- und Umweltverbrauch zur Folge haben, sind noch vage. Der Sammelband "Transformationsgesellschaften" will genau dies diskutieren.
Eine vielstimmige Ermutigung ist auch die dreissigste Ausgabe des Jahrbuchs Ökonomie und Gesellschaft, einer Reihe, die vorab Referate einschlägiger Tagungen dokumentiert. Hier ein interdisziplinäres Treffen, das sich im März 2017 an der Europa-Uni Flensburg mit dem "Wandel gesellschaftlicher Naturverhältnisse" befasste. Hinzu kamen Beiträge, die das Ganze aktualisieren und runden.
Transformation führt aus der Vergangenheit in die Zukunft. Harald Welzer steuert beim Übergang vom ersten zum zweiten Buchteil offene Gedanken über "Zukunftsbilder von gestern, heute und morgen" bei. Die "bis heute am eindrucksvollsten eingelöste Utopie" sei "zugleich die harmloseste" gewesen - nämlich die sozialdemokratische! "Auf das engste mit dem Aufstieg des Kapitalismus verschwistert" und "statt am Systemwechsel immer an der Verbesserung des Systems interessiert", geriet genau diese linke Parteiengruppe mit in die Krise. Sie bietet keine Alternativen. Überhaupt haben die "konsumistischen Real-Time-Zukunftsbilder" wenig Konkurrenz; die Nachhaltigkeitsbewegung biete "keine attraktiven Bilder von einer wünschenswerten Zukunft", nenne meist nur negative Gründe dafür, dass dieses und jenes zu tun sei. Sie müsste auf eine neue Vision setzen. Als "kürzeste und zugleich wirkmächtigste Geschichte der jüngeren Vergangenheit" wird King zitiert: "I have a dream" ...
Anschliessend wird von Barbara Muraca, einer italienischen Philosophin, die "radikale Alternative zum Neoliberalismus" präsentiert: Degrowth! Das ziele "auf den Kern" jener schleichenden Revolution, die seit den späten 1970er-Jahren weltweit Gesellschaften zerstört, "die kapitalistische Verwertung des Lebens in all seinen Formen" vorantreibt und zugunsten bereits Reicher weiter plündert. Dies obwohl, ja womöglich gerade weil zu gleicher Zeit die "Grenzen des Wachstums" sichtbar wurden. Aber auch "Degrowth" klingt alles andere als attraktiv. Am besten gelingt es vielleicht Dorothee Rodenhäuser, mit ihren Gedanken zum "Arbeiten in einer Postwachstumsgesellschaft" eine Ahnung von dem zu vermitteln, was bei einem Bruch mit dem herrschenden System möglich würde. Moderat feministisch plädiert sie für eine andere Ökonomie und für mehr Vielfalt in einer "kooperativen" Demokratie."
Die Große Stoffwechselanomalie
Der Takt des Sozialen
Eine kurze Geschichte der imperialen Lebensweise
Externalisierung, Beschleunigung und regionale Transformation
Zur Genese des Wachstumsparadigmas
Zukunftsbilder von gestern, heute und morgen
Degrowth: Eine radikale Alternative zum Neoliberalismus
Arbeiten in einer Postwachstumsgesellschaft
Transformatives Unternehmertum aus der Postwachstumsperspektive
Es geht! Auf Trampelpfaden in die Zukunft