Ein Buch, das die Reflexionen und Arbeiten zur 'Wirtschaftsphilosophie' vor allem im deutschen Sprachraum fokussiert, hat es in dieser Form bisher nicht gegeben. Überhaupt ist eine Wirtschaftsphilosophie, wie wir sie etwa aus Frankreich oder auch aus dem anglo-amerikanischen Raum kennen, in Deutschland noch unentfaltet. Die Resonanz auf unsere Sondierungen bei möglichen Autoren war überwältigend.
50 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Deutschland und dem europäischen Ausland sind unserer Einladung gefolgt. Hiermit liegt nun der erste von insgesamt drei Bänden 'wirtschaftsphilosophischer Erkundungen' vor. Ziel ist herauszuarbeiten, was die Ökonomie in Betrieb setzt und die Ökonomik legitimiert, indem ihre Dogmata und Konstruktionen auf Relevanz, Wahrheit und Geltung befragt werden. Wirtschaftsphilosophie sprengt den Kreis der semantischen Inklusionen, auf die sich die modern economics großenteils geeinigt hat. Was wir mit diesem Buch zu lesen anbieten, ist ein Beginn: Der Versuch, einen neuen Anfang zu initiieren.
Einführung
WERTSPHÄREN
Gunnar Heinsohn
Woher kommt das Geld?
Karl-Heinz Brodbeck
Philosophie des Geldes
Elena Esposito
Die Präsenz des Möglichen: Ökonomische Kontingenz
Gottfried Gabriel
Logik, Rhetorik und Ästhetik des Geldes
DIFFERENZSPHÄREN
Jochen Hörisch
Wirtschaftsweise und Masters of the Universe: Über Wirtschaftsphilosophie und Wirtschaftspoesie
Wolf Dieter Enkelmann
Was ist Wirtschaftsphilosophie? - Bedingungen und Kriterien
Claus Dierksmeier
Wirtschaftsphilosophie der Freiheit
SYSTEMSPHÄREN
Jens Harbecke
Ökonomische Ursachen und das Problem der kausalen Exklusion
Ekaterina Svetlova
Kleine vs. große Welt und der Möglichkeitsbegriff in der Wirtschaftsphilosophie
Ivan Boldyrev
Wirtschaftstheorie: Eine ontologische Option - Mit Blick auf die Performance des Ökonomischen
ENTSCHEIDUNGSSPHÄREN
Kurt Röttgers
Die ökonomische Subversion der Politik
Julian Nida-Rümelin
Kommunikation, Kooperation und Regeln in der ökonomischen Praxis
Arne Manzeschke, Alexander Brink
Governementalität und Versprechen. Wirtschaftsphilosophische Anmerkungen zu einem Steuerungsregime am Beispiel unberechtigter Mehrforderungen in Non-Profit-Organisationen
WELT- UND NATURSPHÄREN
Carsten Herrmann-Pillath
Energie und Wirtschaft: Eine naturphilosophische Betrachtung
Wolfgang Schivelbusch
Die Verbrauchskraft
Zeitschrift für Wirtschafts- und Unternehmensethik, 17/1 (2016), S. 198-201
(Peter Seele)
"Der Band zeichnet ein heterogenes Bild der Wirtschaftsphilosophie und bildet so einen gelungenen Auftakt, der neugierig auf die weiteren zwei Bände macht. Anhand der im ersten Band vertretenen Beiträge wird allerdings deutlich, dass es bis zu einer systematischen Wirtschaftsphilosophie als Teil der philosophischen Subdisziplinen noch ein durchaus weiter Weg ist. Es wird zudem deutlich, dass die meisten Autoren ihre jeweiligen Beiträge eng an Vorarbeiten oder den Arbeiten einer bestimmten, vielleicht bestehenden Peer-Group orientieren (hier wäre eine kodierende Vermessung von Zitationsnetzwerken ein interessantes Unterfangen). Dieser akademische Föderalismus wirtschaftsphilosophischer Ansätze mag gewiss hilfreich sein zur Erfassung der Tendenzen und Strömungen. Allerdings wäre es - ganz im Sinne der einleitenden Worte der Herausgeber des Bandes - zu wünschen, wenn sich nach dem Erscheinen der drei Bände eine Quintessenz herausbilden würde. Neben der inhaltlichen Reifung hingegen wäre auch die institutionelle Verfestigung wünschbar, damit Jochen Hörisch mit seiner Einschätzung nicht Recht behalten muss, dass in keiner anderen Sphäre "der Begriff Philosophie so inflationär entwertet wird, so billig zu haben [... ist], wie in der Wirtschaft." Dass dies nicht so bleiben muss, zeigt der Band, indem er Impulse und Anregungen bietet, Wirtschaft und Philosophie komplexer und differenzierter anzugehen. Man kann die generelle Hinwendung zur Philosophie allerdings auch wie in der Einleitung beschrieben im größeren Zusammenhang einer Verhandlung von Paradigmenkandidaten verstehen. Somit sind die drei Bände von Enkelmann und Priddat als Indikator der Phase außergewöhnlicher Wissenschaft zu interpretieren, indem philosophische Grundsatzfragen in den Vordergrund rücken."
Der Blaue Reiter. Journal für Philosophie, 37, 2015, S. 108-109
(Anna-Verena Nosthoff, Felix Maschewski)
"Das methodologisch reichhaltige Kompendium reflektiert dabei die Bedingungen der Möglichkeit von Ökonomie, hinterfragt bedenkliche Grundlagen und Geltungssphären, und bestimmt sich als Versuch, über die Fragen "Was ist Ökonomie?" aufzuklären. Aus dieser Ambition erwächst hier tatsächlich ein tragfähiger Ansatz zu einer umfassenden Wirtschaftsphilosophie: gerade weil die Beiträge des Sammelbandes den komplexen Herausforderungen im Dienste einer fröhlichen - dialogfähigen statt fachspezifisch abgeschlossenen - Wissenschaft entgegenwirken. Dabei bleibt zwar 'manch liebgewordene Überzeugung auf der Strecke' (Enkelmann), doch eröffnet eine wirtschaftsphilosophische Änderung der Beleuchtung neue Perspektiven auf alte Annahmen.
Sowohl Oermanns Wirtschaftsethik als auch Was ist? sind sich ergänzende, wichtige Neuerscheinungen - nicht nur in Hinblick auf eine kriselnde Gegenwart, sondern auch in punkto Komplizenschaft zwischen Lehre und Markt. Beiden Abhandlungen folgt in erster Linie ein moralischer Appell, der sich gezielt an die Verantwortung des Lesers richtet: Im Endeffekt müsse dieser selbst Mut haben, sich mündig seines eigenen Verstandes - jenseits einer kalkulatorischen Marktrationalität - zu bedienen. Um diesem Imperativ praktisch Folge leisten zu können, bieten die Bücher nicht nur ein bedenkenswertes, sondern sogar ein handlungswirksames Instrumentarium."