"Jahrbuch Normative und institutionelle Grundfragen der Ökonomik" · Band 13
330 Seiten
34,80 EUR
(inklusive MwSt. und Versand)
ISBN 978-3-7316-1058-8
(21. Februar 2014)
Effizienz - das Setzen von sozial vorteilhaften Anreizstrukturen - ist ein wichtiger Schlüssel zur ökonomisch-theoretischen Erklärung und für die praktische Reform von Institutionen. In Krisen kommen indes Kerneigenschaften von Institutionen und Ordnungen in den Blick, die in einer rein effizienztheoretischen Perspektive im Hintergrund bleiben: In einer volatilen Welt sind Institutionen insbesondere dann nützlich, wenn sie robust und anpassungsfähig sind und zur Resilienz des Gesamtsystems beitragen.
Die in diesem Jahrbuch versammelten Aufsätze liefern vor diesem Hintergrund Bausteine für eine Institutionenökonomik, die Stabilisierung und Resilienz als wichtige institutionelle Funktionen ernst nimmt - und zu anderen Funktionen (Koordination, Allokation und Verteilung) in Beziehung setzt. Themen sind u.a.:
"Eine Krise kommt selten allein", stellt Erik Gawel fest, der bei seinen Überlegungen von der Klimafrage ausgeht. Hat die heute notwendige "soziale Organisation der Mässigung" in Demokratien überhaupt eine Chance? Interessen gesellschaftlicher Gruppen stehen der "grossen Transformation" auf allen Ebenen im Weg. Nachhaltigkeit lässt sich zwar tatsächlich nur "gemeinsam gestalten", aber mit von Konferenz zu Konferenz erneuerten Appellen ist wenig getan. Es gilt, "verkannte oder unverarbeitete Konflikte" offenzulegen; "Wachstumsdynamik und Umweltverträglichkeit der kapitalistischen Wirtschaftsweise" werden dann zwangsläufig "insgesamt auf dem Prüfstand" stehen.
Mit einer "marktkonformen" Demokratie, wie sie 2011 von Angela Merkel bemerkenswert offen postuliert wurde, sind weder ökologische noch andere, mit ihnen verquickte Krisen zu lösen. Sebastian Botzem zeigt, wie nach einer allgemeinen nationalen Liberalisierung und Deregulierung jetzt weitgehend globalisierte Finanzmärkte die Politiken bestimmen. Es fand ein weltweiter Wandel grundlegender Ordnungsvorstellungen statt, und zwar "zu ungunsten sozialer Rechte, die zunehmend den Eigentumsrechten von Kapitaleignern untergeordnet wurden." Seit dem Ausbruch der Finanzkrise von 2007/2008 spitzte sich die Entwicklung noch zu. Wie kommen wir wieder weg von dieser Normenhierarchie? Alternativen werden ja im hektischen Krisenmanagement kaum diskutiert. Dass das in der Evangelischen Akademie Tutzing, wo die Jahrbuch-Redaktion sitzt und jene Tagungen stattfinden, auf denen die Sammelbände basieren, meist mit einem vom Mainstream abweichenden Wirtschaftsverständnis getan wird, ist löblich.
Speziell aktuell wirkt die Betrachtung von Ulrich Witt. Er beleuchtet den Prozess der Europäischen Einigung mit Sorge und wohltuender Differenziertheit. Jahrzehntelang kam die grossartige Idee nach 45 "in kluger Bescheidung" als wichtiges Friedensprojekt mit kleinen Schritten voran, wurde dann aber zunehmend strapaziert und 2002 durch eine überstürzte Einführung des Euro akut gefährdet. Die kulturelle Annäherung ist in einem derart vielfältigen Kontinent eine Aufgabe langfristiger Natur. Desgleichen der wirtschaftliche Ausgleich. Der "innereuropäische Einkommenstransfer", das macht der Autor mit einem Exkurs über Gruppenidentitäten und Grenzen menschlicher Solidarität deutlich, hätte gründlich und subtiler vorbereitet werden müssen. Schon national erweist sich ja die Bereitschaft zum Teilen als beschränkt. "Die politischen Entscheidungsträger, die eine gemeinsame Währung um der europäischen Einigung willen wollten, haben viel - wie sich nun zeigt: zu viel - Risikofreude bewiesen, indem sie nicht auf diese Entwicklung warten wollten."
Globalisierte Finanzmärkte als Herausforderung für demokratische Gesellschaften – zur Legitimierung des Investorenprimats in der Unternehmensrechnungslegung
Über die Relevanz der Entstehungsgeschichte von Krisen
Fiskalische automatische Stabilisierung: Ein bekanntes, aber offenes Konzept
Institutionen ökologischer Nachhaltigkeit in Zeiten der Krisen
Schuldenregeln als Alleskönner? Erfahrungen nach zehn Jahren in der Schweiz und vier Jahren in Deutschland
Sind die Grundbedingungen demokratischer Ordnung in der Globalisierung zu verwirklichen?
Staatsverschuldung und Finanzkrise – Wechselwirkungen und Krisenpotenziale
Sismondis Spur: Krisen- und Selbstverständnis der Ökonomik
Ungleichheit, Marktversagen und Verteilungsnormen
Europas fiskalpolitisches Koordinationsdefizit
Institutionen und Krisen – Agenda für Theorie und Praxis
Eine evolutionäre Perspektive auf die europäische Einigung und die Euro-Krise